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WattenMord (German Edition)

WattenMord (German Edition)

Titel: WattenMord (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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uns den Fall abnimmt.“
    Oldenswort, 12.45 Uhr
    Ihr wurde schlecht, als sie den Rest des inzwischen kalten Kaffees hinunterkippte. Angewidert schüttelte sie sich und überlegte, ob sie richtig gehandelt hatte. War es gut gewesen, die Polizei anzurufen? Sie stierte auf das Telefon, das vor ihr auf dem Küchentisch lag. Zweifel keimten in ihr auf. War es der richtige Weg gewesen, den sie eingeschlagen hatte?
    Rückte sie das nicht näher in den Dunstkreis eines gesuchten Mörders?
    Ihr Herzschlag beschleunigte sich, und die zitternde Hand, mit der sie sich durch das erhitzte Gesicht fuhr, kam ihr wie ein Fremdkörper vor. Wie etwas, das nicht zu ihr gehörte und von jemand anderem gesteuert und geführt wurde.
    Er ist tot, hämmerte alles in ihrem Hirn, und sie schüttelte immer wieder ungläubig den Kopf und spürte, wie ihr Tränen in die Augen schossen. Sie durfte nicht weinen, sonst würde das Make-up verwischen.
    Mit einem lauten Knall landete die Kaffeetasse, ein mit der Silhouette des Eiderstädter Leuchtturms bemalter Steinpott, auf dem Küchentisch. Das Telefon vollführte einen Hüpfer, so als wolle es sich in purer Überlebensnot von der Kaffeetasse fortbewegen.
    Schwerfällig wie eine alte Frau erhob sie sich und registrierte, dass ihre Knie weich waren. Beke Frahm kämpfte gegen den Schwindel an, streckte einen Arm nach der Arbeitsplatte der schmalen Küche aus, bekam sie zu greifen und verlagerte das Gewicht ihres Körpers. Sie hangelte sich zum Kühlschrank und öffnete ihn. Im Türfach stand eine Flasche mit Rum. Sie griff danach und drehte mit eiligen Bewegungen den Schraubverschluss ab. Sie hatte immer Rum im Haus. Für Grog, denn ansonsten trank sie kaum alkoholische Getränke. Doch in diesem Moment sehnte sie sich nach der brennenden Hitze in ihrer Kehle, nach der Dunstglocke des Alkohols, unter der alles verschwinden sollte. Beke Frahm nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche. Der Rum brannte im Mund und im Hals, doch sie setzte die Flasche noch nicht ab. Beke hoffte inständig, dass ihr der hochprozentige Alkohol eine Art Erlösung verschaffte oder sie zumindest ein Stück weit beruhigte. Sie trank hastig und setzte die Flasche ruckartig ab, um sie mit zitternden Händen zu verschließen und sie an ihren Platz im Kühlschrank zu stellen.
    Am liebsten hätte sie die Zeit zurückgedreht und den Anruf bei der Kripo rückgängig gemacht. Doch das war nicht möglich, und diese Tatsache bereitete ihr höllische Qualen. Warum hatte sie das getan? Sicherlich waren die Ermittler schlau genug, um irgendwann auf ihre Fährte zu gelangen. Sie hätte doch gar nicht nachhelfen müssen.
    Doch nun war es zu spät.
    Zu spät, hallte es in ihrem Schädel nach, während sie an der anthrazitfarbenen Arbeitsplatte der Küche lehnte, den wie ein blau-weißes Schachbrett gemusterten Fliesenboden anstarrte und sich die Schläfen massierte. Als sie den Kopf hob und die gegenüberliegende Wand anstierte, schien das Muster der hellen Küchentapete vor ihren Augen zu verschwimmen. Der Schwindel nahm zu, und sie schloss sekundenlang die Augen, bis grelle Punkte vor ihren Pupillen tanzten.
    Beke hangelte sich in der Küche weiter bis zum Fenster vor. Der Marmor der breiten Fensterbank war kühl und erfrischte die Innenflächen ihrer Hände, auf die sie sich stützte, während sie hinunter in den Hof blickte. Kaum vorzustellen, dass hier früher Kinder in den Pausen gespielt, getobt und gelacht hatten. Nun wucherte das Unkraut hüfthoch zwischen den Steinen. Ein seichter Wind blähte die Wäsche auf, die einer der Nachbarn über die bunten Plastikleinen gespannt hatte. Die Deckel der Mülleimer standen weit offen, und ein penetranter Geruch von verfaulten Essensresten hing über dem Hof. Angewidert hob sie die Hand, um das auf Kipp stehende Fenster zu verschließen.
    Gleich werden sie hier sein, dachte sie. Ich werde ihnen etwas erzählen, das sie weiterbringt, munterte sie sich auf. Immerhin ging es darum, einen kaltblütigen Mord aufzuklären. Da konnte sie keine Rücksicht auf gesellschaftliche Belange nehmen.
    Unten im Hof tat sich etwas. Eine der Hoftüren wurde geöffnet, und das Quietschen der Scharniere bereitete ihr Kopfschmerzen. Alles an diesem verdammten Haus war altersschwach. Sie presste die Stirn an die Scheibe des Küchenfensters und genoss die Kälte, die durch ihren Schädel strömte und ihr ein wenig Klarheit verschaffte.
    Albers trat in gebückter Haltung ins Freie. Ohne sich zum Haus umzublicken, schlich

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