Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Waugh, Evelyn

Waugh, Evelyn

Titel: Waugh, Evelyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ausflug ins wirkliche Leben
Vom Netzwerk:
wo das gefährlich werden kann. Bleib also jetzt ganz ruhig, dann sag ich es dir. Ich habe mich verlobt.«
    Es war kein Schock, keine Überraschung. Es war genau, was Basil erwartet hatte. »Quatsch«, sagte er.
    »Aber ich bin nun mal verliebt. Du musst doch wissen, was das heißt. Irgendwann bist du doch sicher auch mal verliebt gewesen – in Mama oder sonst jemanden.«
    [457] »Quatsch. Und flenn gefälligst nicht, ja? Wenn du alt genug zu sein glaubst, um dich zu verlieben, dann bist du auch alt genug, um nicht zu flennen.«
    »Da sagst du aber etwas ganz Dummes. Ich flenne doch, weil ich verliebt bin. Du hast ja keine Ahnung. Er ist nicht nur der perfekte Mann und furchtbar lustig, er ist auch ein künstlerisches Genie, und alle sind hinter ihm her, und ich hatte unwahrscheinliches Glück, dass ich ihn mir geschnappt habe, und du wirst ihn auch sofort gernhaben, wenn du dich nur nicht so stur stellst, und nachdem wir uns am Telefon verlobt haben, bin ich gleich hergekommen, aber da war er weg, und wer weiß, ob ihn mir jetzt nicht doch noch eine andere weggeschnappt hat, und dann bin ich fast erfroren, und jetzt kommst du und guckst mich an wie ein Vampir und nicht wie ein Papa und sagst nur: ›Quatsch‹.«
    Sie drückte ihr Gesicht an seinen Oberschenkel und schluchzte.
    Nach einer Weile fragte Basil: »Wieso glaubst du eigentlich, dass Robin malt?«
    »Robin? Robin Trumpington? Du denkst doch nicht etwa, ich bin mit Robin verlobt? Der hat doch eine Freundin, nach der er ganz verrückt ist. Weißt du denn gar nicht, was sich in der Welt tut, [458] Pumpel? Also, wenn du nur gegen Robin etwas hast, ist ja alles in Ordnung.«
    »Und mit wem, zum Teufel, bildest du dir ein, verlobt zu sein?«
    »Mit Charles natürlich.«
    »Charles Gebührlich? Nie gehört.«
    »Stell dich nicht taub. Du weißt ganz genau, wen ich meine. Neulich hast du ihn mal abends hier kennengelernt, da hast du ihn dir anscheinend nur nicht richtig angesehen.«
    »Albright«, sagte Basil. Es sprach sehr für die wohltätige Wirkung des Sanatoriums, dass er nicht etwa rot anlief, nicht loskollerte. Er fragte nur ruhig: »Warst du mit diesem Mann im Bett?«
    »Nicht im Bett. «
    »Hast du mit ihm geschlafen?«
    »Nicht geschlafen. «
    »Du weißt, was ich meine. Hattest du mit ihm Geschlechtsverkehr?«
    »Na ja, vielleicht; nicht im Bett; auf dem Fußboden, und hellwach könnte man es wohl Geschlechtsverkehr nennen.«
    »Heraus mit der Sprache, Babs. Bist du noch Jungfrau?«
    »So was möchte sich ja kein Mädchen gern nachsagen lassen, aber ich glaube, ja.«
    »Du glaubst ?«
    [459] »Na ja, ich nehme es an. Doch, wirklich. Aber das können wir alles sehr bald ändern. Charles will ja unbedingt heiraten. Er sagt, man kann ein Mädchen leichter heiraten, wenn es noch Jungfrau ist. Kann mir nicht vorstellen, wieso. Und ich rede nicht von einer großen Hochzeit. Charles ist sehr ungesellig, und Waise ist er auch – kein Vater, keine Mutter, und seine Verwandten mögen ihn nicht, also werden wir ganz still heiraten, und ich hab mir gedacht, wenn du und Mama nicht dort hinwollt, könnten wir in das Haus auf den Bermudas ziehen. Wir werden euch überhaupt nicht zur Last fallen, wirklich. Wenn ihr aber selbst auf die Bermudas wollt, sind wir auch mit Venedig zufrieden, obwohl Charles ja sagt, es ist ein bisschen spießig dort, und im November wird’s kalt, darum wären die Bermudas schon besser.«
    »Ist einer von euch eigentlich schon mal auf die Idee gekommen, dass ihr zum Heiraten meine Erlaubnis braucht?«
    »Nun komm mir nicht juristisch, Pumpel. Du weißt, dass ich dich viel zu lieb habe, um etwas zu tun, was du nicht möchtest.«
    »Zieh dich jetzt lieber mal an, und geh zu deiner Mutter ins ›Claridge‹.«
    »Ich kann mich nicht anziehen. Kein warmes Wasser.«
    [460] »Du kannst dort baden. Und dann sollte ich mit dem jungen Mann wohl mal ein Wörtchen reden.«
    »Er kommt um zwölf hierher.«
    »Dann warte ich auf ihn.«
    »Du wirst erfrieren.«
    »Steh auf, und mach, dass du rauskommst.«
    Es folgte eine jener Balgereien, die zwischen Vater und Tochter selbst in ihrem achtzehnten Lebensjahr noch üblich waren und die nun damit endete, dass Babs quiekend aus dem Zimmer flüchtete.
    Basil setzte sich und wartete. Man konnte im Vestibül die Türglocke nicht hören, also setzte er sich in die Fensternische und behielt die Straße vor dem Haus im Blick; er sah ein Taxi vorfahren und Barbara, immer noch in Pyjama und Pelzmantel, mit einem

Weitere Kostenlose Bücher