Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Waugh, Evelyn

Waugh, Evelyn

Titel: Waugh, Evelyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ausflug ins wirkliche Leben
Vom Netzwerk:
wir tun werden. Wir nehmen das Stück genauso, wie er es geschrieben hat, und drehen danach. Notieren Sie sich das, Miss Grits.«
    »Dann brauchen Sie meine Dienste wohl kaum noch?«, meinte Simon.
    »Nein, ich glaube nicht. War aber nett, dass Sie gekommen sind.«
    Am nächsten Morgen erwachte Simon munter und fröhlich wie immer und wollte gerade aus dem Bett springen, als ihm plötzlich die Ereignisse des vorangegangenen Abends wieder einfielen. Er hatte nichts zu tun. Ein leerer Tag lag vor ihm. Keine Miss Grits, keine Miss Dawkins, kein Losbrausen zu Konferenzen, kein Diktat. Er rief Miss Grits an und lud sie ein, mit ihm zu Mittag zu essen.
    »Tut mir leid, das ist ganz und gar unmöglich. Ich muss bis Ende der Woche das Drehbuch zum Johannesevangelium fertig haben. Ein hartes Stück Arbeit. Wir lassen es in Algerien spielen, um die Atmosphäre einzufangen. Nächste Woche geht’s [54] ab nach Hollywood. Ich glaube kaum, dass wir uns noch mal sehen. Tschau.«
    Simon lag im Bett und fühlte, wie ihn langsam alle Energie verließ. Nichts zu tun. Nun ja, dann war es jetzt wohl doch an der Zeit, dass er aufs Land fuhr und mit seinem Roman weiterkam. Oder sollte er ins Ausland? Irgendein stilles Café in der Sonne, wo er diese schwierigen letzten Kapitel ausarbeiten konnte. Ja, das würde er tun… demnächst… vielleicht Ende der Woche.
    Fürs Erste drehte er sich auf die Seite, nahm den Hörer vom Telefon, verlangte Sylvias Nummer und richtete sich auf eine fünfundzwanzigminütige bittere Versöhnungsaussprache ein.

[55] Zwischenfall in Azania
    Azania ist eine imaginäre große Insel vor der Ostküste Afrikas, nach Eigenart und Geschichte eine Kombination von Sansibar und Abessinien. Am Ende des Romans Schwarzes Unheil wurde die einheimische Regierung gestürzt und die Insel zu einem gemeinsamen Protektorat von Briten und Franzosen. Etliche der Figuren in dieser Erzählung kamen bereits in Schwarzes Unheil vor.
    I
    Der Union Club in Matodi unterschied sich auffallend von den Hanglagen-Bungalows der Mehrheit seiner Mitglieder. Er befand sich im Stadtzentrum, direkt am Hafen, ein arabisches Herrschaftshaus aus dem siebzehnten Jahrhundert mit wuchtigen weißen Wänden um einen kleinen Innenhof. Aus den vergitterten Fenstern über der Straße hatten früher die Frauen eines [56] Großkaufmanns dem vorbeiströmenden Verkehr zugeschaut; durch eine schwere, mit Messingziernägeln beschlagene Tür trat man ein in den dunklen Schatten des Hofes, wo ein kleiner Brunnen zwischen den Wurzeln eines mächtigen Mangobaumes sprudelte; eine offene Treppe aus intarsienverziertem Zedernholz führte in das kühle Hausinnere.
    Ein arabischer Pförtner, bekleidet mit einem makellos weißen, wie ein Bischofsrock gestärkten Gewand, knallroter Schärpe und Tarbusch, saß verschlafen am Eingang. Er stand ehrerbietig auf, als Mr. Reppington, der Richter, und Mr. Bretherton, der Gesundheitsinspektor, wichtigen Schritts die Bar ansteuerten.
    Zum Zeichen des herzlichen Einvernehmens im Kondominium waren französische Beamte Ehrenmitglieder des Clubs und hing im Rauchzimmer die Fotografie eines früheren französischen Präsidenten (»Wir können sie nicht jedes Mal austauschen«, sagte Major Lepperidge, »wenn die Franzmänner mal wieder einen Kladderadatsch veranstalten«) gegenüber dem Porträt des Prince of Wales; außer an Galaabenden jedoch machten sie von ihrem Privileg nur selten Gebrauch. Das einzige französische Journal, das der Club abonniert hatte, La Vie Parisienne, befand [57] sich an diesem Abend in den Händen eines kleinen Mannes von plebejischem Äußeren, der allein in einem Korbsessel saß.
    Reppington und Bretherton nickten sich voran. »’n Abend, Granger.« »’n Abend, Barker.« »’n Abend, Jagger«, und schließlich erkundigte sich Bretherton mit hörbarem Unterton: »Wer ist der Bursche dort in der Ecke mit La Vie ?«
    »Heißt Brooks. Macht in Erdöl oder so was.«
    »Ah.«
    »Pink Gin?«
    »Ah.«
    »Guten Tag gehabt?«
    »Dumme Geschichte leider. Der Kricketplatz lässt sich nicht ordentlich entwässern. Kein Unterboden.«
    »Ah. Dumme Geschichte.«
    Der goanische Barkeeper stellte ihnen die Drinks hin. Bretherton unterschrieb dafür.
    »Na dann, cheerioh.«
    »Cheerioh.«
    Mr. Brooks war weiterhin in La Vie Parisienne vertieft.
    Kurz darauf kam Major Lepperidge herein, und die Atmosphäre wurde ein wenig steif. (Er war Befehlshaber der Eingeborenenmiliz, aus Indien abkommandiert.)
    [58] »’n Abend,

Weitere Kostenlose Bücher