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Waugh, Evelyn

Waugh, Evelyn

Titel: Waugh, Evelyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ausflug ins wirkliche Leben
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Decamerone.
    Nach dem Schock des ersten Augenblicks drängte es Mr. Metcalfe zur Tat. Einen Moment lang war er drauf und dran, ins Tal hinunterzustürmen und den Feind auf seinem eigenen Grund zu stellen, doch er entschied sich anders; dies war der Augenblick für umsichtiges Handeln. Er musste Lady Peabury konsultieren.
    Es war eine dreiviertel Meile zum Gut. Der Weg führte an dem Gatter zu Westmacotts Wiese vorbei; ein schief eingehängtes Ulmengatter und tiefer, von Kühen zerstampfter Matsch, der in Mr. Metcalfes Phantasie schon bald durch einen ligustergesäumten Kiesweg ersetzt sein würde. [237] Mr. Metcalfe sah schon die Köpfe der Eindringlinge über der Hecke schweben; sie trugen städtische, zweckmäßige schwarze Hüte. Bedrückt fuhr er weiter.
    Lady Peabury war im Damenzimmer und las in einem Roman; frühe Erziehung gab diesem Vergnügen die Würze des Unschicklichen, denn sie war dazu angehalten worden, Bücherlesen vor dem Mittagessen als eine der schwersten Sünden anzusehen, die eine Dame überhaupt begehen könne. Sie schob das Buch verstohlen unter ein Kissen und erhob sich, um Mr. Metcalfe zu begrüßen.
    »Ich wollte mich gerade zum Ausgehen fertig machen«, erklärte sie.
    Mr. Metcalfe hatte keine Zeit für Höflichkeiten.
    »Lady Peabury«, begann er ohne Umschweife, »ich bringe schreckliche Neuigkeiten.«
    »Ach du lieber Gott! Hat der arme Mr. Cruttwell wieder Ärger mit der Kasse des Wölflingclubs?«
    »Nein; das heißt ja; es fehlen erneut vier Pence, diesmal auf der Habenseite, was es noch ärgerlicher macht. Aber ich bin nicht deswegen gekommen. Es geht um etwas, was unser ganzes Leben hier bedroht. Auf Westmacotts Wiese soll gebaut [238] werden.« Und er berichtete Lady Peabury erregt, was er gesehen hatte.
    Sie hörte ihm ernst zu. Als er geendet hatte, war es ganz still im Damenzimmer; sechs kleine Uhren tickten zwischen den Chintzsofas und Azaleentöpfen vor sich hin. Endlich sprach Lady Peabury.
    »Das war sehr ungehörig von Mr. Westmacott«, sagte sie.
    »Ihm kann man es wohl nicht übelnehmen.«
    »Nehme ich aber, Mr. Metcalfe, ich nehme es ihm sehr übel. Ich verstehe das gar nicht. Er schien mir immer so ein anständiger Mensch zu sein… Ich habe schon daran gedacht, Mrs. Westmacott zur Schriftführerin des Frauenvereins zu machen. Er hatte kein Recht, so etwas zu tun, ohne mit uns zu sprechen. Denken Sie mal, ich blicke von meinem Schlafzimmer aus direkt auf diese Wiese. Überhaupt habe ich nie verstanden, warum Sie die Wiese nicht selbst gekauft haben.«
    Die Wiese brachte eine Pacht von 3 Pfund 18 Shilling; es waren 170 Pfund dafür gefordert worden; dazu kamen Zehnt und Grunderwerbssteuer. Das wusste Lady Peabury.
    »Jeder von uns hätte sie seinerzeit kaufen können«, antwortete Mr. Metcalfe recht scharf.
    »Sie gehörte immer zu Ihrem Haus.«
    [239] Mr. Metcalfe dachte, noch eine Minute, und sie sagt, dass es ungehörig von mir war und sie mich doch immer für einen anständigen Menschen gehalten hat.
    Ihre Gedanken gingen tatsächlich soeben in diese Richtung. »Es wäre doch wohl auch jetzt noch nicht zu spät für Sie, ein Angebot zu machen«, sagte sie.
    »Wir sind alle gleichermaßen bedroht«, sagte Mr. Metcalfe. »Und ich finde, wir sollten gemeinsam handeln. Hodge wird auch nicht besonders erfreut sein, wenn er davon hört.«
    Colonel Hodge hatte davon gehört und war nicht besonders erfreut. Er wartete schon auf Hof Much Malcock, als Mr. Metcalfe zurückkam.
    »Wissen Sie schon, was dieser nichtsnutzige Westmacott getan hat?«
    »Ja«, sagte Mr. Metcalfe müde. Sein Gespräch mit Lady Peabury war nicht so verlaufen, wie er gehofft hatte. Sie hatte wenig Begeisterung für gemeinsames Handeln an den Tag gelegt.
    »Hat seine Wiese irgendeinem Reihenhausbauer verkauft.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Komisch, und ich dachte immer, das ist Ihre Wiese.«
    [240] »Nein«, sagte Mr. Metcalfe, »sie hat mir nie gehört.«
    »Aber sie gehörte immer zu diesem Haus.«
    »Das weiß ich, aber ich wollte sie nun einmal nicht haben.«
    »Nun, das bringt uns jedenfalls jetzt alle gehörig in die Klemme, muss ich sagen. Meinen Sie, die würden Ihnen die Wiese jetzt noch zurückverkaufen?«
    »Ich habe nicht die Absicht, sie zu kaufen. Warum auch, wahrscheinlich würden sie jetzt den Preis für Bauland haben wollen – hundertsiebzig bis zweihundert Pfund pro Hektar.«
    »Wahrscheinlich mehr. Meine Güte, Mann, aber das wird Sie doch nicht abhalten? Stellen Sie sich mal vor, wie Ihr

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