Waugh, Evelyn
Anwesen entwertet wird, wenn hier direkt vor Ihrem Fenster eine Reihenhaussiedlung steht!«
»Immer langsam, Hodge. Bisher haben wir keinen Hinweis darauf, dass da Reihenhäuser hinkommen sollen.«
»Gut, dann meinetwegen Einfamilienhäuser. Sie treten doch nicht etwa für diese Burschen ein?«
»Ganz gewiss nicht. Wir werden unter jedweder Entwicklung dort alle sehr zu leiden haben. Aber meines Erachtens könnte man dagegen [241] rechtlich vorgehen. Es gibt schließlich noch die Gesellschaft zum Schutz des ländlichen England. Die könnten wir dafür interessieren. Man kann den Kreistag ansprechen. Wir könnten an die Zeitungen schreiben und eine Eingabe an das Ministerium für Bauwesen machen. Das Entscheidende ist, dass wir in dieser Sache alle zusammenstehen.«
»Dabei wird viel herauskommen! Denken Sie mal an all die Bauerei, die sich drüben in Metbury abspielt.«
Mr. Metcalfe dachte daran und schauderte.
»Ich würde sagen, in so einem Fall spricht Geld noch immer die deutlichste Sprache. Haben Sie es schon bei Lady Peabury versucht?«
Zum ersten Mal, seit sie sich kannten, entdeckte Mr. Metcalfe einen unverkennbar gewöhnlichen Zug an Colonel Hodge.
»Ich habe mit ihr gesprochen. Sie ist natürlich sehr besorgt.«
»Diese Wiese war immer als Untere Grumps bekannt«, nahm der Colonel seinen vorigen, jetzt doppelt kränkenden Gedanken wieder auf. »Lady Peabury hat eigentlich nichts damit am Hut.«
»Wir haben das alle am Hut«, antwortete Mr. Metcalfe, nicht sicher, ob er die Redensart richtig abgewandelt hatte.
[242] »Also, ich weiß nicht, was Sie da von mir erwarten«, sagte Colonel Hodge. »Sie wissen, wie ich situiert bin. Kommt alles von diesem Pfaffen, der Sonntag für Sonntag den Bolschewismus predigt.«
»Wir sollten uns zusammensetzen und darüber sprechen.«
»Oh, darüber sprechen werden wir. Ich glaube nicht, dass wir in den nächsten drei Monaten noch über irgendetwas anderes sprechen werden.«
Niemand in Much Malcock nahm es sich mehr zu Herzen als die Hornbeams. Die Kunde erreichte sie mittags aus dem Mund der Aufwartefrau, die zweimal wöchentlich ihre Speisekammer plündern kam. Sie erzählte es ihnen mit einem gewissen Stolz und in der unschuldigen Annahme, dass alle Herrschaften aus der Stadt – und als solche sah sie Mr. Hornbeam trotz Strickjacke und Bart an – sich über Zuwachs in ihren Reihen freuen würden.
Angespannte Trübsal legte sich über die Alte Mühle. Es gab keine Zornesausbrüche wie in der Villa; keine moralische Entrüstung wie auf dem Gut; keinen Ruf nach Taten wie auf dem Hof. Hoffnungslose Trauer regierte ungebremst. Mrs. Hornbeams Töpferware ging zu Bruch. [243] Mr. Hornbeam saß teilnahmslos vor dem Webstuhl. Es war die Zeit, in der sie normalerweise arbeiteten; sie saßen an entgegengesetzten Enden unter dem Dachgebälk des Getreidespeichers. An anderen Nachmittagen sangen sie einander oft einzelne Strophen oder Refrains von Liedern vor, während ihre Finger emsig mit Ton und Weberschiffchen hantierten. Heute saßen sie beide schweigend da und versuchten, die neue Gefahr nach Art eines alten japanischen Ritus in die Welt des Nicht-Seins zu verbannen. Bei Colonel Hodges Airedale, dem Abessinischen Krieg und dem jährlichen Besuch von Mr. Hornbeam senior hatte das bisher immer geklappt, aber als die Sonne sank, war die neue Gefahr noch da, störrisch und so konkret wie zu Beginn.
Mrs. Hornbeam tischte ihr bescheidenes Mahl aus Milch, Rosinen und rohen Rüben auf; Mr. Hornbeam schob seinen Holzteller von sich. »In der modernen Welt ist für den Künstler kein Platz mehr«, sagte er. »Wir verlangen doch von ihrer primitiven Zivilisation nichts weiter, als in Ruhe gelassen zu werden, ein kleines Fleckchen Erde und vielleicht noch einen Spaltbreit Himmel darüber, wo wir in Frieden leben und unsere Tage damit verbringen können, gefällige und schöne Dinge zu machen. Das kann doch nicht [244] zu viel verlangt sein. Wir lassen ihnen den ganzen übrigen Globus für ihre Maschinen. Aber das genügt ihnen nicht. Sie müssen uns aufstöbern und schikanieren, weil sie wissen, solange es noch ein einziges Fleckchen gibt, wo Anstand und Schönheit Platz haben, ist dies ein lebender Vorwurf an sie.«
Es wurde dunkel; Mrs. Hornbeam zündete die Binsenlichter an. Sie ging zur Harfe und zupfte ein paar ergreifende Töne. »Vielleicht tut Mr. Metcalfe etwas dagegen«, meinte sie.
»Dass wir in den Grundbedürfnissen unseres Lebens auf so einen Neureichen
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