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Waugh, Evelyn

Waugh, Evelyn

Titel: Waugh, Evelyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ausflug ins wirkliche Leben
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Wiese an sich ist für mich von keinerlei Interesse, das kann ich Ihnen versichern. Ich stehe gern zurück.«
    Es lag etwas Drohendes, fast Unhöfliches in seinem Ton. Colonel Hodge witterte Gefahr.
    »Wäre es nicht am besten«, sagte er, »sich zunächst einmal zu erkundigen, ob dieser Kerl überhaupt zum Rückverkauf bereit ist? Dann können Sie immer noch entscheiden, wer von Ihnen beiden die Wiese übernimmt.«
    »Wir werden alle mit Interesse hören, was für einen Handel Mr. Metcalfe abschließen wird«, sagte Lady Peabury.
    Das hätte sie nicht sagen dürfen. Wie gern hätte sie die Worte, kaum ausgesprochen, wieder zurückgenommen! Zwar hatte sie etwas verhältnismäßig Unfreundliches sagen wollen, um Mr. Metcalfe für das Ungemach zu bestrafen, in dem sie sich befand. Aber sie hatte ihn nicht vor den Kopf stoßen wollen, und genau das hatte sie unzweifelhaft getan.
    [249] Mr. Metcalfe verließ das Haus abrupt, fast überstürzt, und den ganzen Abend wütete er. Fünfzehn Jahre lang war Mr. Metcalfe Präsident der Britischen Handelskammer gewesen. Er hatte in Wirtschaftskreisen das höchste Ansehen genossen. Niemand schob ihm irgendetwas unter, und er rührte nichts an, was nicht völlig astrein war. Ägyptische und levantinische Kaufleute, die versucht hatten, Mr. Metcalfe für zwielichtige Geschäfte zu interessieren, hatten sich jedes Mal eine kräftige Abfuhr geholt. Es war sinnlos, Metcalfe übers Ohr hauen zu wollen. So sprach man von ihm im Union Club, und hier, zu Hause, in seinem eigenen Dorf, hatte eine alte Frau ihn doch glatt zu überfahren versucht. Eine plötzliche Wandlung trat ein. Den gemeinsinnigen Landmann gab es nicht mehr; er war wieder Metcalfe, und das hieß Karten-auf-den-Tisch-und-Nägel-mit-Köpfen-und-hundert-Pfund-auf-den-Zentner-und-wer-nicht-hören-will-muss-fühlen; der kämpferische Metcalfe, der sich lieber ins eigene Fleisch schnitt und ganze Schiffe untergehen ließ, bevor ein Fässchen Teer nicht sauber abgerechnet war – Metcalfe, der Löwe der Rotarier.
    »Das hätte sie nicht sagen dürfen«, sagte Colonel Hodge, als er zu Hause bei einem [250] trübsinnigen Mahl seiner Frau über den Vorfall berichtete. »Jetzt tut Metcalfe überhaupt nichts mehr.«
    »Warum gehst du nicht hin und redest mal mit dem Mann, der die Wiese gekauft hat?«, fragte Mrs. Hodge.
    »Das könnte ich eigentlich… sollte ich vielleicht… weißt du was, ich gehe gleich hin.«
    Er ging.
    Er fand den Mann ohne weiteres, denn im »Brakehurst Arms« wohnte kein anderer Gast außer ihm. Vom Wirt erfuhr er den Namen: Mr. Hargood-Hood. Er saß allein im Salon bei einem Whisky-Soda über dem Kreuzworträtsel der Times .
    »Guten Abend«, sagte der Colonel. »Hodge ist mein Name.«
    »Ja, bitte?«
    »Sie wissen wahrscheinlich, wer ich bin.«
    »Bedauere außerordentlich, aber…«
    »Mir gehört die Villa. Mein Garten grenzt an Westmacotts Wiese – die Sie gekauft haben.«
    »Oh«, sagte Mr. Hargood-Hood, »Westmacott heißt er? Wusste ich gar nicht. Solche Dinge überlasse ich jeweils meinem Anwalt. Ich habe ihm nur aufgetragen, er soll mir für meine Arbeit ein geeignetes, möglichst abgelegenes Grundstück suchen. Letzte Woche hat er mir gesagt, dass er [251] hier eins gefunden hat. Kommt mir sehr geeignet vor. Aber Namen hat er mir nicht genannt.«
    »Sie haben sich dieses Dorf also nicht aus einem bestimmten Grund ausgesucht?«
    »Bewahre, nein! Aber ich finde es richtig bezaubernd«, fügte er artig hinzu.
    Es trat eine Pause ein.
    »Ich wollte gern mit Ihnen sprechen«, sagte Colonel Hodge überflüssigerweise. »Trinken Sie einen mit?«
    »Danke, gern.« Erneute Pause.
    »Der Bauplatz wird Ihnen nicht viel Freude machen«, sagte der Colonel. »So ungesund, da unten in diesem Loch.«
    »Nach so etwas frage ich nie. Was ich brauche, ist nur Zurückgezogenheit.«
    »Ah, dann sind Sie gewiss Schriftsteller?«
    »Nein.«
    »Maler?«
    »Nein, nein. Man könnte mich vielleicht einen Wissenschaftler nennen.«
    »Ach so. Dann werden Sie Ihr Haus hier also nur an Wochenenden benutzen?«
    »Ganz im Gegenteil. Meine Leute und ich werden hier die ganze Woche arbeiten. Und es ist nicht gerade ein Haus, was ich baue, obschon natürlich auch Wohnquartiere dazugehören. Aber [252] da wir so enge Nachbarn sein werden, möchten Sie vielleicht einmal die Pläne sehen…?«
    »…So was haben Sie noch nicht gesehen«, sagte Colonel Hodge andernmorgens zu Mr. Metcalfe. »Ein industrielles Versuchslabor nennt er das!

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