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Waugh, Evelyn

Waugh, Evelyn

Titel: Waugh, Evelyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ausflug ins wirkliche Leben
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Freunde zu gewinnen. Sie würde, wie so viele Frauen in ihrem Alter, von Hotel zu Hotel ziehen, im In- und Ausland, ein paar Kreuzfahrten machen und ihren Verwandten mit langen, nicht mehr willkommenen Besuchen zur Last fallen. Und das alles für 250 Pfund, für 12 Pfund und 10 Shilling im Jahr, weniger, als sie der Wohlfahrt spendete. Aber es ging nicht ums Geld, es ging ums Prinzip. Sie würde keine Kompromisse mit dem Unrecht schließen; nicht mit diesem ungehobelten Menschen auf dem Hang gegenüber.
    Trotz des prachtvollen Abends lag eine gedrückte Stimmung über Much Malcock. Die Hornbeams ließen die Köpfe hängen und bliesen Trübsal; Colonel Hodge grämte sich. Er schritt auf dem abgetretenen Teppich seines Herrenzimmers auf und ab. »Da kann man regelrecht zum Bolschewisten werden, wie dieser Pfaffe«, sagte [257] er. »Was kümmert es Metcalfe? Er ist reich. Er kann überallhin. Was kümmert es Lady Peabury? Zu leiden hat immer der kleine Mann, der von der Hand in den Mund lebt.«
    Sogar Mr. Hargood-Hood schien von dem allgemeinen Trübsinn angesteckt. Sein Anwalt war bei ihm im »Brakehurst« zu Besuch. Den ganzen Tag hatten sie sich fast unablässig beraten. »Ich glaube, ich gehe noch mal hin und rede mit dem Colonel«, sagte er und machte sich unter den länger werdenden Schatten der Dorfstraße auf zur Villa Much Malcock. Und aus diesem dramatischen Versöhnungsschritt in letzter Minute erwuchs der Große Hodge-Plan zu Aussöhnung und Frieden-in-unserer-Zeit.
    V
    »…die Pfadfinder brauchen dringend eine neue Hütte«, sagte Colonel Hodge.
    »Zwecklos, zu mir zu kommen«, sagte Mr. Metcalfe. »Ich verlasse die Gegend.«
    »Ich dachte mir nur«, fuhr Colonel Hodge fort, »dass Westmacotts Wiese dafür genau der richtige Platz wäre…«
    Und so wurde es geregelt. Mr. Hornbeam gab [258] ein Pfund, Colonel Hodge gab eine Guinee, Lady Peabury gab 250 Pfund. Ein Flohmarkt, ein Nachmittagstee, eine Tombola, ein Umzug und eine Haussammlung erbrachten weitere 30 Shilling. Den Rest brachte Mr. Metcalfe auf. Es kostete ihn alles in allem weit mehr als 500 Pfund, aber er gab von Herzen. Hier ging es ja nicht mehr darum, ihn zu einem schlechten Handel zu nötigen. In der Rolle des öffentlichen Wohltäters gab er mit echter Freude, und als Lady Peabury vorschlug, die Wiese vorerst nur als Zeltplatz zu benutzen und mit dem Bau der Hütte noch zu warten, war es Mr. Metcalfe, der auf den Bau drängte und die Dachziegel von einer zum Abriss bestimmten alten Scheune beschaffte. Unter diesen Umständen konnte Lady Peabury keine Einwände dagegen erheben, dass man der Hütte den Namen Metcalfe-Peabury-Heim gab. Mr. Metcalfe fand den Namen so belebend, dass er bald mit der Brauerei in Verhandlungen wegen einer Umbenennung des »Brakehurst Arms« trat. Es stimmt zwar, dass Boggett nach wie vor vom »Brakehurst« spricht, aber der neue Name steht für alle deutlich lesbar über der Tür. The Metcalfe Arms.
    [259] Und so verabschiedete sich Mr. Hargood-Hood aus der Geschichte des Dorfes Much Malcock. Er und sein Anwalt fuhren in ihren Heimatort jenseits der Berge zurück. Der Anwalt war Mr. Hargood-Hoods Bruder.
    »Das haben wir fein hingekriegt, Jock. Einmal dachte ich schon, wir würden darauf sitzenbleiben.«
    Sie fuhren zu Mr. Hargood-Hoods Haus, einem großen Bauwerk aus gelben Ziegeln, das weit über die Kreisgrenzen hinaus berühmt war. An den Tagen, an denen der Park der Öffentlichkeit zugänglich war, strömten Besucher in Rekordzahlen herbei, um die Formschnittbäume – Eiben und Buchsbäume von überwältigender Größe und phantastischen Formen – zu bewundern, die allein drei Gärtnern eine Lebensstellung sicherten. Mr. Hargood-Hoods Vorfahren hatten Haus und Park in den guten alten Zeiten angelegt, als es noch keine Grundsteuern und Getreideimporte gab. Härtere Zeiten erforderten jetzt zu ihrer Erhaltung ausgefallenere Maßnahmen.
    »Also, damit wäre Plan A für ein weiteres Jahr finanziert, und es bleibt sogar noch etwas für die Reinigung der Fischteiche übrig. Aber es war ein banger Monat. So etwas möchte ich nicht unbedingt noch einmal durchmachen. Nächstes Mal [260] müssen wir besser aufpassen, Jock. Wie wär’s, wenn wir weiter nach Osten gingen?«
    Und einträchtig breiteten die beiden Brüder ein Messtischblatt der Grafschaft Norfolk auf dem Tisch in der Großen Halle aus und forschten mit kundigem Blick nach einem wohlgeeigneten, unberührten und innig geliebten Dörfchen.

[261] Der

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