Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Waugh, Evelyn

Waugh, Evelyn

Titel: Waugh, Evelyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ausflug ins wirkliche Leben
Vom Netzwerk:
herumzureichen.
    Wheatley gab sich überheblich. »Was ist das, O’Malley? Crumpets? Überaus nett von dir, aber so etwas esse ich nie. Meine Verdauung, weißt du?«
    Tamplin war komisch: »Du weißt doch, meine Linie.«
    Jorkins war ungezogen. »Danke, nein. Die sehen alt aus.«
    Die Schüler aus dem dritten Jahr und die frühreiferen aus dem zweiten lachten schallend. O’Malley ging, streng nach dem Schulalter, von einem Jungen zum andern, jedes Mal abgewiesen, knallrot im Gesicht. Der ganze Obere Schlafsaal lehnte ab. Nur die Neuen machten große Augen, zuerst verwundert, dass man an einem kalten Nachmittag keine Crumpets haben wollte, später immer hoffnungsvoller, je näher der Teller zu ihnen kam.
    »Ach, vielen, vielen Dank, O’Malley.« Bald landeten die Crumpets am Tisch der Neuen, und O’Malley ging auf seinen Platz vor dem leeren [324] Kamin zurück, wo er bis zur Abendandacht sitzen blieb und schweigend Konfekt aß.
    »Siehst du«, sagte Mr. Graves, »je gemeiner ihr zu O’Malley seid, desto gemeiner wird er. So sind die Menschen eben.«
    IV
    »Sonntag, 28. September. Chormesse. Ein paar Ohnmachten, sonst uninteressant. Habe versucht, die Vignette für die ›Himmlischen Chöre‹ zu machen, aber alles verpfuscht. Sprach hinterher mit Curtis-Dunne in der Bibliothek. Er fasziniert mich. Wir starten mit Franks Zustimmung eine Kampagne für Bibliotheksrechte. Ich glaube nicht, dass etwas dabei herauskommt, außer dass uns alle für ziemlich anmaßend halten. Nach dem Lunch wollten Tamplin und ich spazieren gehen, als Graves uns zu sich rief und uns bat, ihm beim Aufstellen seiner Druckerpresse zu helfen. Tamplin entwischte. Graves versuchte, mich wegen Drecks-Desmond auszuquetschen, aber ohne Erfolg. Abends haben wir ihn wieder schikaniert. Tamplin, Wheatley, Jorkins und ich sind gleich nach der Glocke hinaufgerannt und haben unser Abendgebet gesprochen, bevor Drecks-Desmond kam. [325] Als er dann sagte: ›Sprecht euer Abendgebet‹, blieben wir einfach auf unseren Betten sitzen. Er sah fürchterlich entnervt aus und sagte: ›Muss ich meine Anweisungen wiederholen?‹ Da die andern beteten, sagten wir nichts. Dann sagte er: ›Ich gebe euch eine letzte Chance, eure Gebete zu sprechen. Wenn nicht, melde ich euch.‹ Wir sagten noch immer nichts, und Drecks-Desmond rauschte in seinem Bademantel hinaus zu Anderson, der gerade mit andern Aufsichtsschülern ein Palaver bei Graves hatte. Gleich kam Anderson rauf. ›Was soll das hier mit dem Beten?‹ – ›Wir haben schon gebetet.‹ – ›Wieso?‹ – ›Tamplin hat eine Ermahnung bekommen, weil er zu lange gebraucht hat. Da haben wir gedacht, wir fangen lieber früher an.‹ – ›Aha. Wir werden uns morgen darüber unterhalten.‹ Bisher hat noch keiner etwas gesagt. Alle meinen, wir werden Prügel kriegen, aber ich wüsste nicht, warum. Wir sind völlig im Recht. Geoghegan ist eben herumgegangen und hat uns vieren allen gesagt, wir sollen nach der ersten Abendstunde dableiben, demnach werden wir wohl doch verprügelt.«
    Nach der ersten Abendstunde, als alle außer den vieren den Saal verlassen hatten und die Glocke, die zum Abendessen rief, leiser geworden und [326] verstummt war, kam Geoghegan, der Hausvater, mit zwei Stöcken herein, begleitet von Anderson.
    »Ich werde euch jetzt züchtigen, weil ihr euch dem Befehl eures Schlafsaalaufsehers widersetzt habt. Hat noch einer etwas zu sagen?«
    »Ja«, sagte Wheatley. »Wir hatten schon gebetet.«
    »Es spielt für mich überhaupt keine Rolle, wie oft ihr am Tag betet. Ihr habt den halben Tag in der Kirche auf den Knien verbracht und da hoffentlich die ganze Zeit gebetet. Mir geht es einzig darum, dass ihr den Befehlen eurer Schlafsaalaufsicht gehorcht. Hat sonst keiner mehr was zu sagen? Dann bereitet den Saal vor.«
    Sie schoben den Tisch der Unterstufenschüler zurück und legten eine Bank umgekippt vor den Kamin. Das Verfahren war ihnen vertraut. Sie wurden durchschnittlich zweimal pro Trimester im Arbeitssaal verprügelt.
    »Wer ist der Älteste? Ich glaube du, Wheatley.«
    Wheatley beugte sich über die Bank.
    »Knie durchdrücken.« Geoghegan packte ihn bei den Hüften und rückte ihn nach seinem Geschmack zurecht, leicht schräg zur Angriffsrichtung. Von der Ecke aus hatte er drei Schritte bis zum Zielpunkt. Er nahm Anlauf, schlug zu und kehrte langsam in die Ecke zurück. Jeder bekam [327] drei Schläge. Keiner gab einen Ton von sich. Als sie durchs Refektorium gingen, fühlte Charles,

Weitere Kostenlose Bücher