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Way Out

Way Out

Titel: Way Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Nagel des Zeigefingers aus. Ein sanfter kurzer Ruck diente dazu, die Adhäsionskraft zwischen Papier und Stoff zu überwinden. Dann begann er, das Geld langsam und gleichmäßig herauszuziehen.
    Im nächsten Augenblick wurde ihm das Handgelenk gebrochen.
    Zwei riesige Hände packten es und ließen es wie einen dürren Zweig zerknacken. Eine jähe, vernichtende Bewegungsexplosion, die er nur verschwommen wahrnahm. Im ersten Augenblick fühlte er keine Schmerzen. Dann brachen sie wie eine Flutwelle über ihn herein. Aber da konnte er schon nicht mehr schreien. Eine der riesigen Pranken hielt ihm den Mund zu. Er kam sich vor, als hätte ihm jemand einen Baseballhandschuh vors Gesicht geschlagen.
    »Ich habe drei Fragen«, sagte der große Kerl ruhig. »Sagen Sie mir die Wahrheit, dann lasse ich Sie laufen. Lügen Sie mich an, breche ich Ihnen auch Ihr anderes Handgelenk. Haben Sie das verstanden?«
    Der große Kerl hatte sich kaum bewegt. Nur seine Hände – einmal zweimal, dreimal, schnell, effizient und tödlich. Er war nicht mal außer Atem. Der Mann in dem Kapuzenpulli bekam kaum Luft. Er nickte verzweifelt.
    »Okay, die erste Frage: Was genau wollten Sie?« Der große Kerl nahm seine Hand weg, damit der andere sprechen konnte,
    »Ihr Geld«, sagte der Mann in dem Kapuzenpulli. Seine Stimme versagte fast. Sie klang vor Schmerzen und Panik gepresst.
    »Nicht Ihr erstes Mal«, sagte der große Kerl. Seine Augen waren halb geöffnet, klarblau, ausdruckslos. Hypnotisch. Der Mann in dem Kapuzenpulli konnte nicht lügen.
    »Ich nenn’s meine Morgenpatrouille«, sagte er. »Manchmal finde ich zwei oder drei Typen wie Sie.«
    »Nicht genau wie mich«, sagte der große Kerl.
    »Nein.«
    »Danebengegriffen.«
    »Tut mir leid.«
    »Zweite Frage: Sind Sie allein?«
    »Ja, das bin ich.«
    »Dritte Frage: Möchten Sie jetzt weggehen?«
    »Ja, das möchte ich.«
    »Okay, dann los. Langsam und natürlich. Sie gehen nach Norden. Biegen an der Prince Street rechts ab. Sie rennen nicht, sehen sich nicht um. Sie verschwinden einfach. Gleich jetzt.«
     
    Gregory bog von der Hudson Street nach links auf die Houston Street ab und wartete dann an der Ampel zur Seventh Avenue. Er war noch eineinhalb Straßenblocks von dem Hydranten entfernt und acht Minuten zu früh dran. Er nahm sich vor, irgendwo anzuhalten, bevor er die Sixth Avenue erreichte. Er würde versuchen, den Wagen genau pünktlich abzustellen.
     
    Reachers Puls war schon nach ungefähr fünfzehn Sekunden wieder normal. Er stopfte sein Geld tiefer in die Hosentasche und verschränkte die Arme wieder hinter seinem Kopf. Ließ den Kopf zur Seite sinken und schloss halb die Augen. Er sah niemanden in der Nähe der roten Tür. Sah niemanden, der sie auch nur eines Blickes würdigte.
     
    Der Mann in dem Kapuzenpulli, der sich das gebrochene Handgelenk mit der linken Hand hielt, schaffte es bis zur Prince Street. Dort gab er seine langsame, natürliche Gehweise auf und rannte nach Osten davon, so schnell er nur konnte. Machte nach zwei Straßenblocks Halt und übergab sich im Rinnstein. Blieb dort eine Zeit lang sitzen: vornübergebeugt, keuchend atmend, seine gesunde Hand auf einem Knie, die verletzte Hand in den Kapuzenpulli gesteckt, in dem sie wie in einer Schlinge lag.
     
    Reacher hatte keine Uhr, aber er rechnete sich aus, dass es acht bis neun Minuten nach sieben war, als er Gregory sah. Unterhalb der Houston Street waren die Nord-Süd-Blocks lang. Für den Weg von dem Hydranten an der Sixth Avenue bis hierher brauchte man ungefähr acht bis neun Minuten. Also war Gregory genau pünktlich. Er kam auf der Spring Street in flottem Tempo aus Westen heran. Seine rechte Hand steckte in der Tasche seines Jacketts. Er blieb auf dem Gehsteig vor der mattroten Tür stehen, machte mit militärischer Präzision rechtsum und stieg leichtfüßig die drei Stufen zur Haustür hinauf. Dann zog er seine Hand aus der Tasche, und Reacher sah kurz silbriges Metall und schwarzen Kunststoff aufblitzen. Sah Gregory die Klappe des Briefeinwurfs hochheben und die Schlüssel mit der rechten Hand einwerfen. Sah, wie er die Klappe losließ, sich abwandte und davonging. Sah ihn nach links auf den West Broadway abbiegen. Gregory schaute sich nicht um. Er ging einfach weiter, spielte die ihm zugewiesene Rolle und bemühte sich, Kate Lane am Leben zu erhalten.
    Reacher behielt die rote Tür im Auge. Wartete. Drei Minuten, rechnete er sich aus. Fünf Millionen waren eine Menge Geld. Da war eine gewisse

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