Waylander der Graue
Stimme. »Er war ein Mann von großer Macht und Kraft. Doch er wusste sich auch zu benehmen und um die Notwendigkeit guter Manieren.«
Ren Tangs Katzenaugen hielten Kysumus Blick fest. »Erstens, Mensch, Qin Chong war kein Mann. Er war, wie wir alle, ein Riaj-nor. Zweitens, deine Ansichten sind mir gleichgültig. Wir zogen Lose, um zu sehen, welche von uns für euch Menschen kämpfen würden, wenn der Torzauber zu versagen begann. Es genügt, dass wir für euch kämpfen werden. Mehr kannst du nicht erwarten.«
»Es ist nicht wichtig«, sagte Yu Yu und stand mühsam auf. »Es ist mir egal, ob sie mich mit Achtung behandeln. Qin Chong hat sie geschickt, um zu kämpfen. Also lass sie kämpfen.« Er sah Ren Tang in die Augen. »Weißt du, gegen wen ihr kämpfen sollt und wo?«
»Du bist der pria-shath«, sagte Ren Tang verächtlich. »Wir warten auf deine Befehle.«
»Na schön«, sagte Yu Yu. »Erstens, warum nimmst du nicht ein paar deiner Kämpfer und gehst nach draußen? Dort waren eben noch feindliche Krieger.«
Ren Tang setzte seinen Helm auf und band ihn unter dem Kinn zu. Er nahm ein paar Krieger mit sich und ging den Tunnel entlang, kam aber kurz darauf zurück. »Wir können nicht raus«, sagte er. »Die Felsentür geht nicht auf.«
»Ach was, Spatzenhirn?«, sagte Yu Yu. »Ein einfacher Befehl, und schon versagst du.« Einen Augenblick lang stand Ren Tang stocksteif, dann zuckte sein Schwert in die Luft, die Spitze verharrte vor Yu Yus Kehle.
»Du wagst es, mich zu beleidigen?«
»Was heißt hier beleidigen?«, knurrte Yu Yu. »Du wartest Jahrtausende, und deine erste Tat ist es, dein Schwert gegen die einzige Person zu ziehen, die dich aus diesem Grab herausführen kann. Mit welchem Tier haben sie dich verschmolzen, mit einer Ziege?«
Ren Tang schnaubte. Das Schwert stieß vor. Kysumus Klinge blockte es ab.
Ren Tang stieß ein tiefes Knurren aus, und seine Augen glitzerten im Licht der Laternen. »Du kannst mich nicht besiegen, Mensch«, sagte er. »Ich könnte dir das Herz herausschneiden, ehe du dich auch nur gerührt hast.«
»Beweise es«, sagte Kysumu gelassen.
Ein anderer Krieger trat vor. »Genug davon«, sagte er. »Ren Tang, steck dein Schwert weg. Du auch, Mensch.« Er war größer als die meisten Riaj-nor und hatte leicht hängende Schultern. Seine Rüstung war die gleiche wie die der anderen, mit einem verzierten Helm und einem Leibschutz aus Goldmünzen, doch seine knöchellange Tunika bestand aus schwerer dunkelroter Seide. »Ich bin Song Xiu«, sagte er und verbeugte sich respektvoll sowohl vor Kysumu als auch vor Yu Yu. Er sah Ren Tang an, der zurücktrat und sein Schwert einsteckte.
»Warum bist du so zornig?«, fragte Yu Yu Ren Tang.
Der Krieger wandte ihm den Rücken zu und ging zurück in die Reihen der Riaj-nor. Song Xiu antwortete an seiner Stelle. »Er ist zornig, weil wir gestern einen großen Sieg errungen haben. Nach all den Jahren des Leidens und des Kämpfens. Wir dachten, es sei vorbei und wir hätten eine Chance, Frieden zu finden. Uns auszuruhen und in der Sonne zu liegen. Nach den Freudenmädchen zu schicken, zu vögeln und uns zu betrinken. Aber dann sagte der schwarze Zauberer, dass der Zauberbann eines Tages schwächer werden würde, und Qin Chong forderte alle Riaj-nor auf, Lose zu ziehen, um festzustellen, wer von uns die Welt, die wir kannten, verlassen und in den langen Schlaf fallen würde. Jetzt sind wir hier, um wieder zu kämpfen und zu sterben für eine Sache, die nicht die unsere ist. Ren Tang ist nicht der Einzige, der zornig ist, Mensch. Wir waren nur einverstanden, weil Qin Chong sagte, er würde uns führen. Doch er ist tot. Er kämpfte sich durch zwei Kontinente, überwand Gefahren, die ihr euch nicht einmal vorstellen könnt, nur um durch einen Steinschlag in einem hohlen Berg zu sterben. Kannst du mir sagen, weshalb wir nicht zornig sein sollten?«
Yu Yu zuckte die Achseln. »Ihr wolltet nicht hier sein. Ich wollte nicht hier sein. Aber wir sind hier. Also lasst uns gehen. Ich brauche frische Luft.«
Yu Yu marschierte durch den Tunnel zu der Felsentür und streckte seine Hand aus. Anstatt hindurchzugleiten, berührten seine Finger massiven Stein. »Oh, das wird ja immer besser«, brummte Yu Yu. Er trat gegen die Wand. Risse erschienen. Die Tür erbebte und zerbrach, die Trümmer kollerten über die Felsnase auf den darunter liegenden Weg. Yu Yu grinste stolz und drehte sich zu Kysumu um. »Niemand hat mir gezeigt, wie ich das machen sollte«,
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