Waylander der Graue
sagte er. »Ich habe es von ganz allein getan! Gut, was?« Dann trat er ins Tageslicht hinaus und kletterte hinunter. Kysumu folgte ihm, anschließend die Riaj-nor. Die Krieger wanderten umher und wandten ihre Gesichter der Sonne zu. Zwei von ihnen gingen zu den toten Kriaznor. Einer kniete nieder und tauchte seinen Finger in die klaffende Wunde am Hals des Kriegers. Er hob die Hand und leckte sich das Blut vom Finger. »Frisch getötet«, sagte er. Er riss einen Steifen Fleisch aus dem Toten, steckte ihn in den Mund und kaute darauf herum. Dann spie er es aus. »Schmeckt nach Angst«, sagte er.
Kysumu entfernte sich von der Gruppe und blickte in die Ferne. Yu Yu kam zu ihm. »Alles in Ordnung, Rajnee?«
»Sieh sie dir an, Yu Yu. Mein Leben lang habe ich davon geträumt, so groß zu werden wie sie. Und was sind sie? Halb Tier, halb Mensch – und genauso schlimm wie die, gegen die wir kämpfen. Ich dachte, ich würde große Helden vorfinden. Und stattdessen …« Seine Stimme brach ab.
»Sie sind hier«, sagte Yu Yu. »Sie haben einen Zauber auf sich genommen, der sie … jahrhundertelang … tot sein ließ, um eine neue Generation zu schützen. Macht sie das nicht zu Helden?«
»Wie willst du das denn verstehen?«, fauchte Kysumu.
»Weil ich nur ein Grabenbauer bin, meinst du?«
»Nein, nein«, wehrte Kysumu ab und ergriff Yu Yus Schulter. »Das ist nichts Unehrenhaftes. Ich meinte, dass ich mir mein Leben lang jedes Vergnügen versagt habe. Kein gutes Essen, starke Getränke, Frauen, Spiel. Ich besitze nichts als meine Kleider, mein Schwert und meine Sandalen. Ich tat es, weil ich an den Orden der Rajnee glaubte. Mein Leben war einem edlen Zweck gewidmet. Doch all das beruhte auf falschen Voraussetzungen. Um den Krieg zu gewinnen, kopierten unsere Vorfahren lediglich den Feind. Keine Ehre, und kein Festhalten an Prinzipien. Wozu macht das mein Leben?«
»Du hast Ehre und Prinzipien«, sagte Yu Yu. »Du bist ein großer Mann. Die Vergangenheit spielt keine Rolle. Du bist, wer du bist, ganz unabhängig davon. Anfangs, als ich Gräben aushob, hieß es, die Fundamente müssten gut einen Meter tief sein. Beim ersten Erdbeben stürzten all unsere neuen Gebäude ein. Die Fundamente hätten mehr als anderthalb Meter tief sein müssen, weißt du. Die ganze Graberei, nur um unsichere Häuser zu bauen. Aber deswegen war ich kein schlechter Grabenbauer. Ich war ein großartiger Grabenbauer. Eine Legende unter den Grabenbauern«, setzte er hinzu.
In diesem Augenblick kamen Song Xiu und Ren Tang zu ihnen. »Wie lauten deine Befehle, pria-shath ?«, fragte der rot gekleidete Song Xiu.
»Wisst ihr, wie man die Tore verschlossen hält?«, fragte Yu Yu.
»Selbstverständlich. Der Zauber wurde mit Hilfe der Macht der Riaj-nor -Schwerter bewirkt«, antwortete Song Xiu. »Wir müssen uns am Tor versammeln und unsere Schwerter dagegen halten.«
»Das ist alles?«, fragte Yu Yu erstaunt. »Einfach zum Tor gehen und mit dem Schwert dagegen klopfen? Das hätten wir auch tun können!«
»Es werden mehr als zwei nötig sein«, sagte Ren Tang.
»Wie viele?«, wollte Kysumu wissen.
Song Xiu zuckte die Achseln. »Zehn, zwanzig, alle. Ich weiß es nicht. Aber es ist alles umsonst, wenn das Tor gänzlich geöffnet ist. Wir müssen vorher da sein, wenn es noch blau ist.«
»Blau?«, fragte Yu Yu.
»Ich sah zu, als der Zauber gesprochen wurde«, sagte Song Xiu. »Es begann mit etwas, das aussah wie weiße Blitze, die über die Öffnung schossen. Dann wurde die Farbe dunkler, zuerst ein helles Blau wie ein Winterhimmel, dann immer dunkler. Schließlich war es silbern, wie eine Schwertklinge. Dann verblasste das Licht, aus dem Silber wurde Grau, und wir standen vor einer Wand aus massivem Fels. Nachdem die Männer aus Ton auserwählt waren, wurde uns gesagt, dass die Farben in umgekehrter Reihenfolge erscheinen, wenn der Zauber nachlässt. Wenn es weiß wird, ist der Zauber vorbei. Wenn wir wieder Silber schaffen können, wird das Tor sich von selbst versiegeln.«
»Dann sollten wir lieber aufbrechen«, sagte Yu Yu.
Eldicar Manushan war übel. Die Verbindung war diesmal noch schmerzhafter gewesen als üblich, aber sie war auch fast ins Unerträgliche verlängert worden. Doch es war Deresh Karanys Folterung von Matze Chai, die ihm den Magen umdrehte. Der alte Mann war viel zäher gewesen, als man hätte erwarten können, wenn man an seinen verwöhnten Lebensstil dachte. Die Furunkel, die auf seinem Fleisch sprossen, und die
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