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Waylander der Graue

Waylander der Graue

Titel: Waylander der Graue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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offenen Krebsgeschwüre hatten ihn nicht brechen können. Entsetzliche Kopfschmerzen hatten seine Entschlossenheit ins Wanken gebracht, und die dicken Maden, die an seinen Wunden fraßen, hatten ihn noch näher an den Rand gebracht. Doch es war die Lepra, die ihn völlig in Deresh Karanys Arme getrieben hatte. Der alte Mann war eitel bis fast zur Besessenheit. Die Vorstellung, wie seine Haut verfaulte und abfiel, war zu viel für ihn gewesen.
    »Es war gut, dass du ihm diese zwanzig Jahre extra gegeben hast, Eldicar. Er hätte ohne diese Gabe die Schmerzen wohl nicht überlebt.«
    »Wohl nicht; Herr.«
    »Du scheinst zu leiden.«
    »Die Verbindung ist immer schmerzhaft.«
    »Also, glaubst du, wir können noch etwas von dem Kaufmann erfahren?«
    »Ich glaube nicht, Herr.«
    »Trotzdem, es ist genug. Der Graue Mann ist ein Attentäter, der einst als Waylander bekannt war. Es ist beinahe amüsant. Niallad hat sein Leben in Angst vor diesem Mann verbracht, und jetzt ist er ausgerechnet mit ihm unterwegs.«
    Eldicar hatte das Gefühl, sein Kopf würde zerspringen. Er sank gegen die Kellerwand.
    »Du musst versuchen, härter zu werden, Eldicar. Denk doch nur an die wunderbare Haltung des Kiatze. Na schön, ich lasse dich gehen.«
    Die Befreiung von den Schmerzen ließ Eldicar laut aufstöhnen. Er sank auf die Knie. Der Keller war kalt. Eldicar setzte sich und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand. Der bewusstlose Matze Chai war an einen Stuhl gefesselt. Er war nackt, sein Körper übersät von eitrigen Geschwüren, die Haut zeigte die weißen Blasen der Lepra. Maden krochen über seine knochigen Schenkel.
    Ich wollte Heiler werden, dachte Eldicar. Mit einem Seufzer stemmte er sich hoch und ging zur Tür. Er warf noch einen Blick auf den sterbenden Mann. Niemand war hier, außer ihm selbst und dem Gefangenen, kein Wachposten vor der unverschlossenen Tür. Deresh Karany hatte kein weiteres Interesse an dem Mann bekundet. Eldicar ging zurück zu Matze Chai. Er holte tief Luft und legte seine Hände auf das blutverkrustete Gesicht des Kaufmanns. Deresh Karanys Zauber waren mächtig, und die Lepra zu vernichten war die schwierigste Aufgabe. Sie saß tief. Eldicar arbeitete lautlos und hochkonzentriert. Zuerst tötete er die Maden und heilte die Geschwüre. Der Kaufmann stöhnte und begann aufzuwachen. Eldicar versetzte ihn in einen tiefen Schlaf und begann mit seiner Arbeit. Er konzentrierte all seine Macht in seinen Händen und ließ lebensspendende Energie in Matzes Adern strömen. Mit geschlossenen Augen suchte er alle Winkel auf, in denen sich die Krankheit eingenistet hatte, und rottete sie langsam aus.
    Warum tust du das?, fragte er sich. Es gab keine vernünftige Antwort. Vielleicht, dachte er, wird es wie eine duftende Lilie auf dem fauligen See meines Leben sein. Er trat zurück und betrachtete den Schlafenden. Matzes Haut glänzte vor Gesundheit. »Du bist nicht allzu schlecht weggekommen, Matze Chai«, sagte er. »Du hast noch immer deine zwanzig Jahre.«
    Eldicar schloss leise die Tür hinter sich, stieg die steinerne Treppe zum ersten Stock empor und ging ins Eichenzimmer. Beric saß am Fenster. Graf Aric lümmelte sich auf einer Couch. »Wo ist Panagyn?«, fragte Eldicar.
    »Er macht sich bereit, um den Grauen Mann zu suchen«, antwortete Aric. »Ich glaube, er freut sich auf die Jagd. Hast du von dem Schlitzauge etwas erfahren?«
    »Ja. Der Graue Mann ist ein Attentäter namens Waylander.«
    »Ich habe von ihm gehört«, sagte Aric: »Ich wünschte, du hättest mich bei der Folter zusehen lassen.«
    »Warum?«, fragte Eldicar müde.
    »Es wäre unterhaltsam gewesen, und ich langweile mich.«
    »Tut mir Leid, das zu hören, mein Freund«, sagte Eldicar. »Du solltest die Dame Lalitia besuchen.«
    »Ja, ich glaube, das sollte ich«, sagte Aric, dessen Laune sich augenblicklich hob.
     
    Die kleine Gruppe hatte ihr Lager in einer bewaldeten Senke knapp unterhalb der Kuppe eines Hügels aufgeschlagen, von der sie Eiden-Ebene überblicken konnten. Waylander stand allein und starrte zu den Ruinen von Kuan Hador hinunter. Hinter ihm schlief die Priesterin Ustarte. Emrin und Niallad häuteten die drei Hasen, die Keeva an diesem Morgen erlegt hatte.
    »Es sieht im Mondlicht so friedlich aus«, meinte Keeva. Waylander nickte. »Du siehst müde aus«, setzte sie hinzu.
    »Ich bin müde.« Er lächelte gezwungen. »Ich bin für so was zu alt.«
    »Ich habe Kriege nie begriffen«, sagte Keeva. »Was erreicht man

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