Waylander der Graue
versank wie ein Stein. Er fuchtelte wild mit den Armen, um wieder an die Oberfläche zu kommen. Sein Kopf tauchte auf, und er rang nach Luft. Einen Moment lang trieb er auf dem Wasser, dann atmete er aus und verschwand wieder im kalten Wasser.
Panik durchfuhr ihn. Etwas packte sein Haar und zerrte ihn hoch. Er strampelte heftig und kam wieder an die Oberfläche.
»Atme tief ein und behalt es drinnen«, befahl die Frau. Yu Yu gehorchte und trieb neben ihr. »Es ist die Luft in deinen Lungen, die dich über Wasser hält.«
Beruhigt durch ihre Gegenwart, entspannte sich Yu Yu etwas. Was sie sagte, stimmt. Solange er die Luft anhielt, blieb er oben.
»Und jetzt lehn dich zurück«, sagte sie. »Ich stütze dich.« Er fühlte ihre Arme unter seinem Rücken und ließ sich dankbar dagegen sinken. Als er den Kopf nach rechts drehte, erblickte er ein Paar vollkommener Brüste. In einem Schwall atmete er aus und versank. Ihre Arme drückten ihn wieder nach oben, und er prustete. »Was für ein Idiot springt ins Meer, wenn er nicht schwimmen kann?«, fragte sie.
»Ich bin Yu Yu Liang«, stieß er zwischen zwei hastigen Atemzügen hervor.
»Nun, dann bringe ich es dir bei, Yu Yu Liang«, sagte sie.
Die nächsten paar Minuten waren die helle Freude, während sie ihm einen einfachen Schwimmzug beibrachte, mit dem er sich im Wasser fortbewegen konnte. Die Sonne schien warm auf seinen Rücken, das Wasser war kühl. Endlich forderte sie ihn auf, ins seichte Wasser nahe am Ufer zu schwimmen. Er beobachtete sie, wie sie zurück zu ihren Kleidern watete, und folgte ihr.
Sie kletterte die Felsen zu einem kleinen Wasserfall empor, der auf den Strand plätscherte, um sich das Salz vom Körper zu waschen. Yu Yu betrachtete fast ehrfürchtig ihre Schönheit. Dann kletterte auch er hinauf und wusch sich. Sie gingen zum Strand zurück und die Frau setzte sich auf einen Stein, um sich von der Sonne trocknen zu lassen.
»Du bist mit dem Herrn Matze Chai gekommen«, sagte sie.
»Ich bin … Leibwächter«, sagte Yu Yu. Die Erregung, die ihre Nacktheit verursachte, machte Yu Yu leicht schwindlig. Seine Kenntnisse der Rundaugensprache, ohnehin eher lausig, drohten ihn vollends zu verlassen.
»Ich hoffe, du kämpfst besser, als du schwimmst«, sagte sie.
»Ich bin großer Kämpfer, ich gegen Dämonen gekämpft. Ich vor nichts Angst.«
»Ich heiße Norda«, sagte sie. »Ich arbeite im Palast. Alle Diener haben die Geschichten über die Dämonen im Nebel gehört. Ist das wahr? Oder waren es einfach nur Räuber?«
»Dämonen, ja«, sagte Yu Yu. »Ich schnitt einem Arm ab, und er verbrannte. Dann … weg. Nichts mehr da. Habe ich getan.«
»Ehrlich?«
Yu Yu seufzte. »Nein. Kysumu schnitt Arm ab. Aber ich hätte, wenn näher dran gewesen.«
»Ich mag dich, Yu Yu Liang«, sagte sie lächelnd. Sie stand auf, zog sich an und wanderte zurück über die Felsen auf den Pfad.
»Ich mag dich auch!«, rief er ihr nach. Sie drehte sich um, winkte und war fort.
Yu Yu blieb noch eine Weile sitzen, bis er merkte, dass er Hunger hatte. Er zog sich an, schob sein Schwert mit der Scheide in seinen Gürtel und stieg den Hügel hinauf.
Vielleicht, dachte er, war das Leben in Kydor doch nicht so schlecht.
Kysumu saß auf dem Balkon ihres Zimmers. Er skizzierte den Umriss der Klippen und die Stadt jenseits der Bucht. Er sah auf, als Yu Yu eintrat.
»Ich hatte tolle Zeit«, sagte Yu Yu. »Ich schwamm mit einem Mädchen. Sie war schön, mit goldenem Haar und Brüsten wie Melonen. Schönen Brüsten. Ich bin großer Schwimmer.«
»Habe ich gesehen«, sagte Kysumu. »Aber wenn du ein Rajnee werden willst, musst du fleischlichen Gelüsten entsagen und dich auf das Spirituelle konzentrieren, auf die Reise der Seele hin zur wahren Bescheidenheit.«
Yu Yu dachte einen Augenblick nach und kam dann zu dem Schluss, dass Kysumu scherzte. Er verstand den Scherz zwar nicht, lachte aber aus Höflichkeit.
»Ich habe Hunger«, sagte er.
Elphons, der Herzog von Kydor, lenkte sein graues Schlachtross den Abhang hinunter auf das Grasland der Eiden-Ebene. Hinter ihm kamen seine Adjutanten und seine persönliche Leibwache von vierzig Lanzenreitern. Mit einundfünfzig fand Elphons die lange Reise von der Hauptstadt hierher ermüdend. Der Herzog, obwohl ein Mann mit großer körperlicher Stärke, war in jüngster Zeit von scharfen Schmerzen in den Gelenken geplagt, vor allem in den Ellenbogen, den Fußknöcheln und den Knien, die jetzt angeschwollen und empfindlich waren.
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