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Waylander der Graue

Waylander der Graue

Titel: Waylander der Graue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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gerettet werden, wenn auch der König von Symilien einen silbernen Spiegel in seinem Besitz hat, der niemals anläuft. Seinen Angaben zufolge stammt dieser Spiegel aus Kuan Hador.
     
    Waylander hielt im Lesen inne. Es folgten etliche Beschreibungen von Ausgrabungen und ein mutmaßlicher Stadtplan. Gelangweilt von der gelehrtenhaften Schreibweise, blätterte Waylander weiter, bis er zum Schluss kam.
     
    Wie immer, wenn eine Zivilisation untergeht, ranken sich zahlreiche Geschichten darum, sie sei schlecht und verdorben gewesen. Nomaden, die in den Gebieten wohnen, die einst zum Reich Kuan Hadors gehörten, erzählen von Menschenopfern und Dämonenbeschwörungen. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Stadt über große Magier verfügte. Ich vermute, nach den Statuen und jenen Piktogrammen, die wir zum Teil entziffern konnten, dass die Herrscher von Kuan Hador tatsächlich etwas von der dunklen Kunst der Verschmelzungsmagie verstanden. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass Beispiele dieser abscheulichen Praxis aus jüngerer Zeit – unter den Nadir und anderen barbarischen Völkern – Vermächtnisse Kuan Hadors sind.
    Ich habe einzeln einige der mündlich überlieferten Legenden über den Fall von Kuan Hador aufgeschrieben. Die am häufigsten erzählte betrifft die Rückkehr der leuchtenden Schwerter. Unter den Nomaden der Varnii – entfernten Verwandten der Kiatze – sprechen die Schamanen eine Abfolge von holprigen Versen bei jahreszeitlichen Festen.
    Der erste und letzte Vers lautete:
     
    Doch suche nicht die Männer aus Ton,
    sie ruhen still in künstlicher Nacht,
    haben abgelegt die Schwerter aus Licht,
    die Augen zu in ewiger Ruh.
    Der Tod harret der Männer aus Ton,
    die stehen in Reihen gespenstisch weiß,
    bis endlich kommt der Tag des Schreckens,
    wenn sie erwachen zum letzten Kampf.
     
    Eine vollständige Übersetzung der Verse findet sich in Anhang 5. Der Historiker Ventaculus schrieb einen interessanten Artikel über das Lied, das er für eine Metapher über Tod und Auferstehung der Helden hält, ein Glaube, der unter Kriegervölkern nicht ungewöhnlich ist.
     
    Waylander legte die Schriftrolle zurück an ihren Platz und verließ die Bibliothek. Wenige Minuten später trat er auf die Hauptterrasse vor dem Ballsaal. Kysumu wartete dort. Er stand am Geländer und blickte über die Bucht und das Meer hinaus. Der kleine Schwertkämpfer wandte sich um, als Waylander näher trat. Er machte eine tiefe Verbeugung. Waylander erwiderte die höfliche Geste.
    »Ich habe nur wenig gefunden«, berichtete er dem Rajnee. »Es gibt Geschichten über eine antike Stadt, die einst über dieses Land herrschte. Anscheinend wurde sie von Kriegern mit leuchtenden Schwertern zerstört.«
    »Eine Dämonenstadt«, sagte Kysumu.
    »So heißt es.«
    »Sie kehren zurück.«
    »Das scheint mir weit hergeholt«, sagte Waylander. »Die Stadt fiel vor über dreitausend Jahren. Die Schriftrolle, die ich las, wurde vor tausend Jahren geschrieben. Ein Angriff auf einen Kaufmann und seine Leibwache reichen nicht, um mich zu überzeugen.«
    »Ich habe auch eine Schriftrolle entdeckt«, sagte Kysumu. »Sie sprach von Nomaden, die die Ruinen meiden, weil ihre Legenden erzählen, dass nicht alle Dämonen erschlagen wurden, sondern durch ein Tor in eine andere Welt entkamen, um eines Tages zurückzukehren.«
    »Trotzdem ist das als Beweis dünn.«
    »Vielleicht«, meinte Kysumu. »Aber wenn ich Vögel nach Süden ziehen sehe, weiß ich, dass der Winter kommt. Es müssen nicht unbedingt große Vögel sein, Grauer Mann.«
    Waylander lächelte. »Nehmen wir an, du hast Recht, und die Dämonen von Kuan Hador kehren zurück. Was für einen Plan hast du?«
    »Ich habe keinen Plan. Ich werde gegen sie kämpfen. Ich bin ein Rajnee.«
    »Matze Chai sagt, du glaubst, dein Schwert habe dich hergeführt.«
    »Das hat nichts mit Glauben zu tun, Grauer Mann. Das ist eine Tatsache. Und jetzt, wo ich hier bin, weiß ich, dass es stimmt. Wie weit sind die Ruinen vom Palast entfernt?«
    »Knapp einen Tagesritt.«
    »Wirst du mir ein Pferd leihen?«
    »Besser noch«, sagte Waylander. »Ich bringe dich selbst dorthin.«
     
    Wenn es im Leben Yu Yu Liangs eine unumstößlich Erkenntnis gab, war es die, dass auf ein goldenes Quäntchen Glück unweigerlich ein paar Pfund Pech folgten – nach seiner Erfahrung fielen sie auch noch aus großer Höhe auf ihn. Oder, wie seine Mutter immer sagte: »Wenn die Parade des Kaisers vorbeizieht, sind die Pferdeäpfelsammler

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