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Waylander der Graue

Waylander der Graue

Titel: Waylander der Graue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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Monate voller Härten und Hunger. Unfähig zu arbeiten, musste er zuerst im Armenhaus um Reis betteln. Schließlich war er zurück zu dem Tempel der QUELLE gewandert. Ein paar der Priester erinnerten sich noch an ihn, und man hatte ihn freundlich aufgenommen. Sie hatten sich um seine gebrochenen Knochen gekümmert und ihm zu essen gegeben. Als seine Kräfte wiederhergestellt waren, wanderte er zurück an den Ortseiner Prügelei und suchte jeden einzelnen der acht Männer auf, die dabei gewesen waren. Und er hatte sie verprügelt. Der letzte war der schwierigste gewesen. Shi Da war über eins neunzig groß, muskelbepackt und ausgesprochen zäh. Seine Tritte waren es gewesen, die Yu Yu die Rippen gebrochen hatten. Yu Yu hatte lange überlegt, ob er Shi Da herausfordern sollte. Die Herausforderung war eine Frage der Ehre, aber es musste zum genau richtigen Zeitpunkt geschehen.
    Yu Yu war in Chongs Taverne von hinten an ihn herangetreten und hatte dem Mann eine schwere Eisenstange über den Schädel gehauen. Als er nach vorne sank, hatte Yu Yu noch zweimal zugeschlagen. Shi Da war in die Knie gegangen, kaum noch bei Bewusstsein.
    »Ich fordere dich zum Zweikampf heraus«, sagte Yu Yu nach alter Tradition. »Nimmst du an?«
    Ein verständnisloses Brummen war die Antwort.
    »Ich nehme das als Ja«, sagte Yu Yu. Dann trat er Shi Da ans Kinn. Shi Da schlug hart auf dem Boden auf, rollte sich dann langsam auf die Knie. Erstaunlicherweise kam er auf die Füße. In Panik ließ Yu Yu die Eisenstange fallen und stürzte sich auf ihn, ließ links und rechts Hiebe in Shi Das Gesicht regnen. Shi Da landete einen schwerfälligen Schlag, ehe er seitwärts zu Boden ging.
    In seiner Erleichterung fühlte Yu Yu sich großherzig und trat nur ein paar Mal auf den Bewusstlosen ein. Das war ein Fehler. Er hätte neben ihm stehen bleiben und ihn totschlagen sollen. Als Shi Da wieder zu sich kam, ließ er verbreiten, dass er Yu Yu das Herz aus dem Leibe reißen und an seine Hunde verfüttern wollte.
    An jenem Tag hatte Yu Yu beschlossen, dass er das Leben eines Gesetzlosen in den Bergen führen wollte.
    Nun hatte er sich in einem fremden Land noch mehr Feinde gemacht, und er wusste nicht einmal, warum. Jetzt, wo er mehr Zeit hatte, an der Übersetzung zu arbeiten, erkannte Yu Yu, dass der Mann ihn ein schlitzäugiges Schwein genannt hatte und dass es nicht um einen Diebstahl ging, sondern darum, dass er mit der blonden Frau Liebe gemacht hatte. Es schien Yu Yu merkwürdig, dass die Form seiner Kiatze-Augen oder die goldene Farbe seiner Haut ihn daran hindern sollten, mit Frauen von Kydor Freundschaft zu schließen. Und warum sollte er bei seinesgleichen bleiben? Es war ihm ein Rätsel. Yu Yu war neun Jahre lang Grabenbauer gewesen, und er hatte nicht einen einzigen Grabenbauer getroffen, den er auch nur entfernt anziehend gefunden hätte.
    Außer Pan Jian.
    Sie war der einzige weibliche Grabenbauer, den er je kennen gelernt hatte, eine gewaltige Frau mit riesigen Armen und einem flachen runden Gesicht mit mehreren Kinnen, von denen zwei große, zueinander passende Warzen hatten. Eines Abends, als er betrunken und deprimiert war, hatte er ihr einen Antrag gemacht.
    »Mach mir ein Kompliment«, hatte sie befohlen, »dann überleg ich’s mir.«
    Yu Yu hatte sie aus blutunterlaufenen Augen angestarrt und nach einem weiblichen Reiz gesucht. »Du hast hübsche Ohren«, sagte er schließlich.
    Pan Jian hatte gelacht. »Das reicht«, sagte sie, und dann hatten sie es in einem Graben getrieben.
    Zwei Tage später wurde sie entlassen, weil sie sich mit dem Vorarbeiter gestritten hatte. Es war nur ein kurzer Streit. Er hatte gesagt, er habe schon Kühe mit kleineren und reizvolleren Hintern gesehen als ihrem, und sie hatte ihm den Kiefer gebrochen.
    Als Yu Yu die Treppe zum oberen Geschoss emporstieg, dachte er mit Zuneigung an sie. Obwohl das Liebesspiel mit ihr gewesen war, als klammerte man sich auf dem Rücken eines eingeölten Nilpferdes fest, war der Ritt vergnüglich gewesen, und er hatte in Pan Jian eine unerwartete Zärtlichkeit entdeckt. Anschließend hatte sie von ihrem Leben und ihren Hoffnungen und Träumen erzählt. Es war eine sanfte Nacht mit duftender, leichter Brise unter einem Jägermond. Pan Jian hatte davon gesprochen, sich ein Plätzchen am Großen Fluss zu suchen und ein Geschäft zu beginnen. Sie wollte Schilf schneiden und Hüte und Körbe flechten. Ihre Hände waren groß wie Schaufeln, und Yu Yu hatte Mühe sich vorzustellen,

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