Weatherly , L.A. - Dämonen des Lichts
antwortete Cully mit zusammengekniffenen Augen. »Aber ganz in der Nähe, glaube ich.« Er machte eine lange Pause und ließ seinen Blick über die umliegenden Geschäfte schweifen. Schließlich schüttelte er sich. »Auf geht's. Erst mal einchecken und abladen. Und dann, meine Herren, werden wir uns wohl auf eine kleine Spazierfahrt begeben müssen.«
Cully besorgte ihnen ein Zimmer und parkte den Jeep um, sodass er unmittelbar vor ihrer Tür stand. Die drei arbeiteten ohne nachzudenken. Sie trugen ihre Ausrüstung hinein und stapelten sie auf dem Boden.
Die Gewehre ließen sie im Wagen. Nachdem alles andere ausgeladen war, warf Cully eine Plane über die Waffen. »Also dann«, sagte er, kletterte wieder in den Fahrersitz und ließ den Motor an. »Ihr kennt den Ablauf. Alex, du sitzt neben mir. Jake, auf den Rücksitz mit dir.«
Alex sah, dass Jake Anstalten machte zu protestieren, es sich dann jedoch anders überlegte. Cully verstand zwar eine Menge Spaß, aber seine Anweisungen stellte man besser nicht infrage – außer man war scharf auf ein blaues Auge.
Alex schwang sich auf den Beifahrersitz. Seine Haut kribbelte vor lauter Aufregung. Obwohl er inzwischen wahrscheinlich schon ein Dutzend Mal bei einer Jagd dabei gewesen war, hatte der Nervenkitzel immer noch nicht nachgelassen. Und auch wenn es vielleicht ein bisschen unpassend war: Für ihn lag ein Teil der Spannung darin, zu merken, wie gut er war. Jake war vielleicht älter und größer und ein ebenso guter Schütze – aber er konnte seine Bewusstseinsebene nicht so schnell verändern wie Alex. Oder so gründlich. Was das betraf, hatte Alex sich das ganze seltsame Zeug angeeignet, das ihr Vater ihnen beigebracht hatte, als sei es das Natürlichste der Welt.
Während Cully langsam die belebte Straße in Albuquerque hinunterfuhr, schloss Alex die Augen, entspannte sich und ließ seine gesammelte Energie frei durch seine Chakren nach oben strömen. Als sein Bewusstsein sich über sein Kronen-Chakra erhob, eröffnete sich ihm eine vollkommen andere Welt. Er konnte die Energiefelder sämtlicher Lebewesen in der Nähe spüren: Da war die Frau im Wagen neben ihnen; der Fußgänger, der darauf wartete, die Straße zu überqueren; sein Schäferhund, der an seiner Leine zerrte. Ihre Lebensenergie und seine eigene berührten sich für einen kurzen Moment, bevor er seinen Suchradius tastend ausweitete.
Wie aus weiter Ferne hörte er Jake sagen: »Cully, bist du sicher, dass du was gespürt hast?«
»Klappe –«, hob Cully an, brach jedoch ab, als Alex die Augen aufriss und sich aufsetzte.
»Da lang!«, drängte Alex und deutete mit dem Finger in die Richtung. »Da ist ein … ein Park oder so was. Ungefähr zwei Straßen weiter südlich … Ich konnte eine Menge Bäume spüren. Er ist da drin. Er ist kurz davor zuzuschlagen.« Unwillkürlich schauderte er. Engelsenergie fühlte sich kalt und modrig an, klamm. Sie berührte die eigene Seele und schien faulige Fingerabdrücke auf ihr zu hinterlassen.
»Ein Park? Hervorragend!«, sagte Cully und wendete.
Im Rückspiegel konnte Alex erkennen, dass Jake ihn ansah, beeindruckt und auch ein bisschen neidisch. »Gut gemacht, Bruderherz«, sagte er.
Ein paar Sekunden später erreichten sie tatsächlich einen Park. Cully stellte den Jeep unter einer Baumreihe ab. Er sah sich um, beugte sich dann vor und öffnete das Handschuhfach, aus dem er eine Pistole mit Schalldämpfer hervorzog. Er überprüfte das Magazin, ließ es wieder zuschnalzen und drückte Alex die Waffe in die Hand.
»Los, schnapp ihn dir!«, sagte er.
Vor Schreck ließ Alex die Pistole beinahe fallen. »Was?«
»Er ist erst zwölf!«, platzte Jake im selben Augenblick heraus.
»Na und? Du warst dreizehn bei deinem ersten Alleingang, und das mit den Chakras kann er besser als du«, sagte Cully und drehte sich nach hinten, um ihn direkt anzusehen. Jake sank mit finsterem Blick in seinen Sitz zurück.
Alex starrte auf die Waffe herunter. Sicher, er hatte schon Engel erschossen, aber niemals ganz alleine, ohne Rückendeckung. Unzählige Dinge konnten dabei schiefgehen. Im schlimmsten Fall würde der Engel ihn entdecken und angreifen, bevor er Zeit hatte, ihn zu erledigen. Er erinnerte sich noch gut an eine Jagd, auf der ein Engeljäger namens Spencer nach genau so einem Vorfall den Verstand verloren hatte. Er schluckte, als ihm Spencers leerer Blick wieder einfiel.
Manchmal brachten sie einen natürlich auch einfach um.
Cully beobachtete ihn.
Weitere Kostenlose Bücher