Weber, David - Honor Harrington - Sturm der Schatten
und Byngs zusammengenommen sind für die Schlachtflotte noch nicht einmal ein leichter Kampfverband!
So wahr dies auch sein mochte, es änderte nichts an der Tatsache, dass Manpower es irgendwie geschafft hatte, mehr Feuerkraft zusammenzuziehen, als fünfundneunzig Prozent der Navys der Milchstraße hätten aufbieten können, und sie in jenen abgelegenen Winkel der Galaxis verlegen zu lassen, der Lorcan Verrochio gehörte. Das legte den Gedanken nahe (auch wenn er sorgsam darauf bedacht gewesen war, ihn gegenüber Valery Ottweiler oder Ottweilers dickem Freund Hongbo keinesfalls zu erwähnen), dass es für ihn höchste Zeit war, neu zu bewerten, wie tief die verschiedenen mesanischen Konzerne in die Verwaltungs- und Regierungsstrukturen der Liga hineinreichten … und was das für ihn bedeutete.
Vorerst allerdings bildete die Erkenntnis von Manpowers Reichweite einen der Gründe, weshalb Byngs Haltung Verrochio insgeheim entzückte. Er war zu dem Schluss gekommen, dass Manpower zu enttäuschen noch weniger klug wäre, als er bisher ohnedies schon angenommen hatte, und folglich bestand für ihn keine Möglichkeit, die kleine stille Übereinkunft aufzukündigen. Und um ehrlich zu sein, wollte er das auch gar nicht. Zumindest so lange nicht, wie es für den Fall, dass die Dinge sich wirklich so schlimm entwickelten, wie Thurgoods Analyse es nahelegte, einen Sündenbock gab. Und das war der Augenblick, an dem Verrochios lieber Freund Josef Byng ins Spiel kam.
Trotz aller Befürchtungen würde Lorcan Verrochio ganz gewiss keine Träne vergießen, wenn die Mantys eins auf die Mütze bekamen, und ganz gleich, was einem Schlachtflottenarschloch wie Josef Byng auch zustieß, Verrochio würde es keine schlaflosen Nächte bereiten. Vielmehr hielt es der Kommissar insgeheim für den optimalen Ausgang, wenn Byng die Mantys zusammenschoss, damit den Zwischenfall lieferte, den Manpower offenbar suchte, und dabei selbst abgeknallt wurde. Der Kommissar hatte den festen Vorsatz, sehr sorgfältig aktenkundig zu machen, welcher Narr sich kopfüber in ein Verderben gestürzt hatte, das die weiseren, bedächtigeren Engel von Grenzsicherheit und Grenzflotte sicher vermieden hätten.
»Nun, Mr. Commissioner«, sagte Byng mit einem weiteren Lächeln, während Verrochio ihm die Hand schüttelte und Konteradmiral Thimár mit einem Nicken begrüßte, »Ihr Memo deutete an, dass Sie sich um bestimmte Dinge Sorgen machen, bei denen Ihnen die Flotte vielleicht helfen kann. Und daher« – er wies mit der freien Hand auf seinen Stabschef – »sind Admiral Thimár und ich hier.«
»Das sehe ich, das sehe ich.«
Verrochio führte seine Besucher zu Sesseln, von denen sie einen unbehinderten Blick über Pine Mountain hatten, dann setzte er sich wieder an den Schreibtisch und drückte den Knopf, der die Diener herbeirief, die bereitstanden und warteten. Wie durch Zauberhand traten sie ein und brachten Tabletts mit Kaffee, Tee und kleinen Leckerbissen, die sie höflich und geschickt verteilten, ehe sie wieder verschwanden. Byng und Thimár nahmen die Existenz der Leute selbstverständlich überhaupt nicht wahr.
»Vizekommissar Hongbo und ich«, fuhr Verrochio schließlich fort und nickte zu Hongbo, der mit einer Tasse Kaffee in der Hand bereits am Tisch saß, »haben gerade einige eher … beunruhigende Informationen erhalten, Admiral Byng. Informationen, die von der offiziellen Vertretung der Liga in dieser Region vielleicht ein Eingreifen verlangen. Wir sind noch nicht ganz sicher, wie wir an diesem Punkt am besten vorgehen, und möchten gern Ihre Meinung hören.«
»Selbstverständlich, Mr. Commissioner.« Byng schlürfte seinen Tee, dann tupfte er sich Lippen und Schnurrbart behutsam mit einer Leinenserviette ab. »Darf ich fragen, welcher Art die Information ist, die Sie so … beunruhigt?«
»Nun«, antwortete Verrochio mit dem Anschein besorgter Offenheit, »um ehrlich zu sein, betrifft sie das New-Tuscany-System und die Manticoraner.« Weniger erfahrene Augen hätten vielleicht nicht registriert, wie Byng in seinem Sessel leicht erstarrte, und der Kommissar fuhr fort, als hätte er es in der Tat nicht bemerkt. »Teil des Problems ist meiner Meinung nach, um ganz offen zu sein, dass ich mir nicht mehr sicher sein kann, ob ich irgendetwas, das mit Manticore zusammenhängt, noch unvoreingenommen betrachten kann.« Er setzte ein schiefes Lächeln auf. »Nach den Ereignissen im Monica-System und den vielen wilden Beschuldigungen, die wegen
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