Weber, David - Honor Harrington - Sturm der Schatten
so erstarrt er geradezu vor Angst, wenn er an Schlachtkreuzer nur denkt! Er wird auf keinen Fall anordnen, sich solcher Feuerkraft entgegenzustellen, solange er nicht zuversichtlich ist, dass Byng über eine ausreichende zahlenmäßige Überlegenheit verfügt. Es wird schlichtweg nicht dazu kommen, Valery!«
»Ich habe keineswegs gesagt, dass wir Byng heute losschicken müssen«, erwiderte Ottweiler. »Aber wir müssen unsere Vorbereitungen beschleunigen.«
»Es geht nicht«, sagte Hongbo nüchtern. »Nicht ohne mehr Zeit, um Lorcan umzustimmen.«
»Nun, das müssen Sie dann eben ändern«, entgegnete Ottweiler genauso nüchtern. Ihre Blicke kreuzten sich kurz, dann fuhr der Mesaner fort: »Auch an unsere Leute in New Tuscany sind neue Instruktionen ergangen, Junyan. Sie werden ihren Stichtag vorverlegen, ganz gleich, was auf Ihrer Seite geschieht.«
»Dann hätte mich jemand vorher fragen müssen, in welchem Umfang ich beschleunigen kann!«, fuhr Hongbo auf.
»Dazu war offensichtlich keine Zeit«, erwiderte Ottweiler, als erklärte er es einem kleinen Kind. »Ich weiß auch nicht alles, was in der Heimat abläuft. Teufel, ich höre nicht einmal die Hälfte davon! Ich weiß aber, dass man es dort sehr ernst meint und offenbar auf etwas reagiert, von dem ich noch nichts erfahren habe. Und man wird über niemanden sehr glücklich sein, der die Planung durcheinanderbringt.«
»Das soll heißen?« Hongbo hatte die Augen wieder zusammengekniffen, und Ottweiler zuckte die Achseln.
»Das soll heißen, dass ich meine Anweisungen weitergebe, worin immer sie bestehen, und dass man jedenfalls nicht mich auf dem Kieker haben wird, wenn sie nicht ausgeführt werden.«
Hongbo sah ihn wütend an, doch der Vizekommissar wusste genau, dass Ottweiler nicht unrecht hatte. Schließlich war es nicht so, als hätte er sich das alles nur ausgedacht, um Hongbo die Woche zu vermiesen. Das bedeutete aber leider auch, dass nicht Valery Ottweiler es war, über dessen möglicherweise zornige Reaktion er sich sorgen musste, falls er nicht wie ein gehorsamer kleiner Diener erbrachte, was von ihm verlangt wurde. Er erinnerte sich an gewisse Berichte über Isabel Bardasano und ihren Umgang mit denen, die ihre Anweisungen nicht ausführten. Dann fielen ihm Ottweilers nicht sonderlich subtile Hinweise auf den Audubon Ballroom ein, mit denen diese neue Runde des Irrsinns begonnen hatte, und durch das Magma seiner Wut lief ein deutliches eisiges Frösteln.
»Für das, was ich tun kann, gibt es Grenzen«, sagte er schließlich. »Nicht für das, was ich zu tun bereit bin, aber für das, wozu ich in der Lage sein werde. Ich sage Ihnen frei heraus, dass es keine Rolle spielt, inwiefern Sie mich in der Hand haben – sobald ich Lorcan mitteile, dass er seinen Stichtag vorverlegen muss, wird er ausflippen. Und wenn das passiert, dann können Sie Ihre ganze Operation gleich ins Klo spülen, Valery. Es spielt dann keine Rolle mehr, ob ihre anderen Schachfiguren da stehen, wo sie stehen sollen, und es ist auch völlig gleichgültig, was mir oder Lorcan hinterher zustößt. Ihre Operation jedenfalls können Sie vergessen.«
»Ich verstehe.«
Ottweiler lehnte sich zurück und betrachtete Hongbo mit ein wenig mehr Respekt als üblich. Der Vizekommissar war offensichtlich unzufrieden und genauso offensichtlich verängstigt, doch das untermauerte nur seine Beobachtung. Mit der er wahrscheinlich richtig lag, wie Ottweiler einräumen musste. Er war schon längst der Ansicht, dass Lorcan Verrochio das schwächste Glied in der Kette ihrer Planung darstellte. Leider handelte es sich bei ihm aber auch um den Mann, um den sie nicht herumkamen. Oder vielleicht doch?
»Angenommen«, sagte er bedächtig, »Kommissar Verrochio würde etwas zustoßen. Was würde dann geschehen?«
Ein beträchtlich tieferes und düstereres Frösteln durchlief Hongbo Junyan. Einen Augenblick lang sah er dem Mesaner ins Gesicht, dann schüttelte er den Kopf.
»Offiziell würde, wenn Lorcan etwas … zustoßen sollte, ich vorübergehend die Amtsgeschäfte übernehmen, bis das Ministerium einen Ersatz herschickt.« Er blickte Ottweiler an und versuchte, sein eisiges Entsetzen über das, was sein Gegenüber da fast unverhohlen vorschlug, niederzukämpfen. »Das Problem ist nur, jedem wäre klar, dass ich bloß ein zeitweiliger Ersatz bin, und niemand würde vergrätzen wollen, wer auch immer neuer Kommissar wird. Personen, die aus eigenen Gründen gegen Ihr Vorhaben sind,
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