Weber, David - Honor Harrington - Sturm der Schatten
nur Hephaistos erreicht hatte! Der arme Hund bekam sicher nicht mal Zeit, seiner Frau einen Kuss zu geben! Aber sie hätten keinen besseren Geschwaderchef finden können.
»Stellen Sie es auf mein Display, Bill«, sagte sie.
»Jawohl, Ma’am.«
Aivars Terekhov erschien auf dem Combildschirm, der auf Kniehöhe aus ihrem Kommandosessel ausfuhr, und sie lächelte darauf hinab.
» Commodore Terekhov!«, rief sie. »Wie schön, Sie wiederzusehen … und von Ihrer Beförderung zu hören. Mir hat niemand gesagt, dass sie in der Mache ist, als man mich nach Talbott schickte, aber alles was ich im Monica-System gesehen habe, sagt mir, dass sie wohlverdient ist. Und um ehrlich zu sein, Ihr Geschwader ist mir mindestens genauso willkommen wie Sie.«
Michelle wartete die siebzehn Sekunden Verzögerung ab, dann lächelte Terekhov.
»Vielen Dank, Mylady«, sagte er. »Ich will gar nicht so tun, als hätte ich nicht gern ein bisschen Zeit zu Hause verbracht, aber die Beförderung ist nett, und als Dreingabe habe ich ein funkelnagelneues Geschwader bekommen. Außerdem muss ich zugeben, dass ich ein gewisses persönliches Interesse am Quadranten habe, und in diesem Lichte bin ich froh, wieder hier zu sein.«
Michelle kniff die Augen zusammen. Seine Worte waren – als Wörter – vollkommen in Ordnung, fast genau das, was sie erwartet hätte. Doch an dem Ton war etwas, an der Art seines Lächelns …
Anspannung, dachte sie. Er macht sich Sorgen wegen etwas – er hat sogar Angst –, aber er versucht alles, um sich das nicht anmerken zu lassen.
Ihr plötzlicher, irrationaler Verdacht war lächerlich, das wusste sie. Sie wusste aber auch, dass sie ihn nicht abzuschütteln vermochte, und ein eisiger Wind strich ihr bei dem Gedanken durch die Knochen. Sie wusste genau, was dieser Mann geleistet hatte, und nicht nur in Monica. Etwas, das ihm Angst machte …
»Commodore«, sagte sie langsam, »gibt es etwas, von dem ich wissen sollte?«
Siebzehn weitere Sekunden verstrichen, dann weiteten sich die eisblauen Augen auf ihrem Combildschirm ein ganz klein wenig, so als wäre Terekhov überrascht. Dann wurden sie wieder schmaler, und er nickte.
»Jawohl, Mylady, ich fürchte, so ist es«, bestätigte er leise. »Ich hatte angenommen, dass Sie Admiral Khumalos diesbezügliche Depeschen bereits erhalten hätten. Ich nehme an, sie haben Sie im Transit verpasst.«
Er zögerte und wies damit deutlich darauf hin, dass der Vizeadmiral ihr vielleicht lieber persönlich mitteilen wollte, was los war, und Michelle schnaubte. Wenn er dachte, sie bliebe nach dieser Einleitung auf ihren vier Buchstaben sitzen und wartete ab, bis Khumalo sie beiseitenahm und einweihte, dann sollte er es ganz rasch überdenken!
»Ich bin sicher, Admiral Khumalo und ich werden viel zu besprechen haben, Commodore«, sagte sie ein wenig gereizt. »Aber bis dahin vergeht noch Zeit, also setzen Sie mich doch bitte schnell ins Bild.«
»Jawohl, Ma’am«, sagte er siebzehn Sekunden später, holte sichtlich Atem und straffte leicht die Schultern. »Ich fürchte, wir haben vor drei T-Wochen Depeschen aus dem Heimatsystem erhalten. Es sind keine guten Neuigkeiten. Laut Admiral Caparelli haben die Haveniten mit überwältigender Stärke das Manticore-System angegriffen. Allem Anschein nach haben Theisman und Pritchart nach der Schlacht von Lovat entschieden, alles auf eine Karte zu setzen und eine Art Enthauptungsschlag zu versuchen, ehe wir Apollo in vollem Umfang einsetzen können. Wir konnten sie aufhalten, aber es hat uns … – es hat beide Seiten schwer getroffen. Den Folgeberichten nach, die wir seither erhalten haben, sieht es aus, als ob …«
10
»Mir schmeckt das Ganze nicht, Maxime«, sagte Damien Dusserre. »Mir schmeckt das Ganze überhaupt nicht.«
»Sehen Sie mich etwa Freudensprünge machen?«, versetzte Premierminister Maxime Vezien gereizt.
»Verdammt, ich wusste doch von Anfang an, dass das alles zu gut aussah, um wahr zu sein«, knurrte Dusserre.
Vezien empfand den mächtigen Drang, den Sicherheitsminister mitten auf die Nase zu schlagen, aber er unterdrückte die Regung ohne große Mühe. Erstens, weil ihm der jüngere, größere, stärkere und körperlich viel zähere Dusserre wahrscheinlich die Gliedmaßen so schmerzhaft wie möglich einzeln abgepflückt hätte, und zweitens, und das war wichtiger, weil Dusserre tatsächlich der einzige Angehörige der Regierung Vezien gewesen war, der konstant seine Bedenken gegen die gesamte
Weitere Kostenlose Bücher