Weber David - Schwerter des Zorns - 2
nur ein Proband,
doch war es die Pflicht jedes Ritters von Tomanâk, die Hilflosen vor
den Hradani und ihresgleichen zu beschützen. So weit war alles
klar. Das Problem lag nur darin, dass außer ihm niemand zu begrei
fen schien, in welch ungeheurer Gefahr sie schwebten. Stattdessen
starrten die Menschen ihn an, nicht die Hradani, und als er jetzt mit
seinem fast gezogenen Schwert dastand, fingen die meisten an zu
grinsen. Einige lachten sogar laut heraus.
Vaijons Ohren mochten zwar fast erfroren sein, doch waren sie
nicht so kalt, dass er nicht gefühlt hätte, wie sie brannten, als die fle
gelhaften Umstehenden über ihn lachten. Er schob das Schwert mit
einem vernehmlichen Klacken in die Scheide zurück und hätte sich
am liebsten selbst in den Hintern getreten, da er gehandelt hatte,
ohne nachzudenken. Die Hradani standen einfach nur auf dem Deck
des Schoners, zwei ebenfalls recht mitgenommene Reisesäcke vor
den Füßen. Sie waren ganz offensichtlich Passagiere, keine Freibeu
ter, die auf dem Achterdeck eines Shith-Kiri Korsaren nach Belha
dan gesegelt waren. Und mochten sie auch als Kämpfer Furcht ein
flößend sein, zwei einsame Hradani stellten wohl kaum eine ernstli
che Bedrohung für eine der größten Städte des Königreiches dar!
Kein Wunder, dass sich niemand Sorgen machte. Zweifellos würde
sie die Stadtwache sehr genau im Auge behalten. Vaijon nahm sich
vor, sie höchstpersönlich über diese beiden hier zu unterrichten,
nachdem er den Paladin zum Kapitelhaus eskortiert hatte. Der Ge
danke an den Paladin rief ihm ins Gedächtnis, dass heute Morgen
wichtigere Pflichten auf ihn warteten. Ungeduldig schüttelte er sich.
Seine Lungen schmerzten, als er die eiskalte Luft einmal beruhigend
tief einatmete. Er zupfte sich den Umhang sorgfältig auf den Schul
tern zurecht und schritt dann mit eisiger Würde die Laufplanke her
unter.
Das heißt: so würdevoll, wie es gerade ging. Die Planke federte er
heblich mehr, als er erwartet hatte, und er vollführte einen ungelen
ken Tanz auf ihren Bohlen. Die Zuschauer am Kai lachten lauter,
und Vaijon murmelte, als er schon wieder das Brennen in seinen
Ohren fühlte, eine Verwünschung, die Herr Charrow keineswegs
geschätzt hätte. Am liebsten hätte er diese unverschämten Lacher
mit der flachen Seite seiner Klinge gezüchtigt, aber sein Ordensge
lübde, ganz zu schweigen vom Kodex des Tomanâk, verbaten solche
Handlungen. Vaijon konnte diese Einschränkung durchaus nach
vollziehen, denn schließlich hatte ihm niemand körperliche Gewalt
angedroht. Sein Blut jedoch kochte und er knirschte mit den Zäh
nen, während er sich zwang, die Beleidigung dieser vulgären Fröh
lichkeit zu schlucken.
Immerhin gelangte er unverletzt an Deck des Schoners und schaff
te es, seine Erleichterung zu verbergen, als er wieder relativ festen
Boden unter den Füßen fühlte. Er sammelte sich einen Augenblick,
bis er seine Wut im Griff hatte, und drehte sich zu dem Halbling
um, der der Kapitän des Schiffes sein musste. Bedauerlicherweise
stand dieser fragliche Zwerg neben den beiden Hradani, was es Vai
jon zwar erschwerte, sie zu ignorieren, doch es gelang ihm.
»Entschuldigt mein Eindringen«, wandte er sich an den vermute
ten Kapitän. »Man hat mir aufgetragen, einen Passagier Eures Schif
fes abzuholen.«
»Tatsächlich?« Das barsche Axtmännisch des Halblings hatte einen
fürchterlichen Akzent und hörte sich neben Vaijons geschliffener,
aristokratischer Aussprache sehr ungehobelt an. Die kurzen Elfen
beinhörner am Helm des Kapitäns glänzten über seinem kastanien
braunen Haarschopf, als er die Arme verschränkte, den Kopf in den
Nacken legte und zu dem jungen Ritter hinaufsah. »Und wer seid
Ihr?«
Diese direkte und herausfordernde Frage irritierte Vaijon. Er woll
te mit dem Hochmut antworten, den eine solche Unverschämtheit
verdiente, riss sich jedoch gerade noch zusammen. Der Orden des
Tomanâk forderte Respekt selbst vor den Ärmlichsten, und auf An
gehörigen von edlem Geblüt ruhte die besondere Verantwortung,
auch jene nicht in den Staub zu treten, die sich ihres anmaßenden
Verhaltens nicht einmal bewusst waren.
»Ich bin Herr Vaijon von Almerhas, Sohn des Fürsten Waldemuhr
von Almerhas, Proband vom Orden des Tomanâk und Baron von
Halla«, erwiderte er mit der ganzen Würde seiner vornehmen Her
kunft in seiner wohlklingenden Stimme. »Und wer, guter Mann,
seid Ihr?«
»Bei weitem nichts so Kompliziertes.« Der Halbling schnaubte.
»Ich bin Evark Pitchallow von
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