Weber David - Schwerter des Zorns - 2
sog vernehmlich
die Luft ein, doch der Pferdedieb nickte nur, als hätte er diese Ant
wort erwartet.
»Kann es zufällig sein, dass Ihr diese Männer da …«, er deutete
mit einem kurzen Rucken seines Kopfes auf die Leichen auf dem
Hang, »in die Rinne geschickt habt?«
»Nein«, antwortete Tellian barsch. Dann blitzten seine weißen
Zähne unter dem Schnurrbart auf. »Hätte ich das getan, wäre die
ganze Angelegenheit besser organisiert worden, das versichere ich
Euch.«
»Tatsächlich?« Bahzell hob den Kopf und schnaubte. »Mag sein.
Dennoch seid Ihr jetzt hier.«
»Das bin ich.«
Tellian nickte und ließ seinen Blick über die Toten schweifen. Sei
ne Miene war finster, aber er schwieg eine ganze Weile. Bahzell war
tete geduldig. Das Königreich der Sothôii war nicht nur wegen sei
ner Pferde einzigartig. Der höchste Adelstitel nach dem König war
der des Barons. Den Legenden zufolge waren die ersten Siedler der
Sothôii von einem einzigen Baron, der den Fall von Kontovar über
lebt hatte, zur Ebene des Windes geführt worden. Anschließend hat
te er sich strikt geweigert, sich zum Grafen oder Herzog ernennen
zu lassen, wie so viele andere Anführer der Flüchtlinge. An dieser
Tradition hielten die Sothôii nach wie vor hartnäckig fest. Bahzell
hatte keine Ahnung, ob die Mähr stimmte, trotzdem war dieser
Mann hier vor ihm einer der vier höchsten Adligen der Sothôii und
Herr über eine Baronie, die manch anderer völlig zu Recht ein Kö
nigreich genannt hätte.
»Ich wusste nicht, was Lord Kleinharrow im Sinn hatte.« Tellians
Bemerkung riss Bahzell aus seinen Gedanken. »Hätte ich es ge
wusst, hätte ich ihm befohlen, von seinem Vorhaben abzulassen …«
Er unterbrach sich und schüttelte den Kopf.
»Nein, das entspricht nicht ganz der Wahrheit.« Er schien sich zu
bemühen, die Tataschen peinlichst genau wiederzugeben. »Ich habe
erfahren, was er beabsichtigte, aber erst nach Wencits Ankunft. Der
sagte es mir. Ich bedauere gestehen zu müssen, dass ich ihm zu
nächst nicht geglaubt habe. Jedenfalls nicht vollständig.« Seine Mie
ne verfinsterte sich. »Ich habe zwar Vorbereitungen getroffen, unter
hielt aber meine eigenen Agenten, die über Lord Kleinharrow wach
ten. Ich schenkte ihren Berichten mehr Glauben als dem, was Wencit
aus der Ferne zu hören geglaubt hatte. Leider wusste ich nicht, dass
sich bis auf einen dieser Agenten«, er drehte sich mit einem Lächeln
zu einem weiteren Windreiter herum, der auf einem pechschwarzen
Windrenner saß, »alle Lord Kleinharrows Ansichten angeschlossen
hatten. Deshalb konnte es dazu kommen …«
Er deutete auf die Leichen. Bahzell nickte. Doch die Augen des
Pferdediebes blieben hart und er deutete mit einem Rucken seines
Kopfes auf die Schanze hinter sich.
»Aye, deshalb kam es dazu … und zu meinen siebenunddreißig
toten Männern da drüben«, knurrte er grimmig. Tellians Kopf fuhr
hoch, und seine Augen blitzten wütend, aber dann biss er die Zähne
zusammen und nickte einmal kurz. Sie schwiegen.
»Würdet Ihr mir vielleicht mitteilen, aus welchem Grund Ihr hier
seid?« erkundigte sich Bahzell nach einer kurzen Pause.
»Das weiß ich nicht genau«, gab Tellian zu. »Ich wollte nicht, dass
es so weit kommt, aber nun ist es passiert. Wer diese Schlacht auch
angefangen hat, wir haben beide unsere Toten zu beklagen, und
jetzt stehe ich hier auf halber Strecke in der Rinne mit einer Armee
hinter mir. Angesichts dieser Umstände dürften es viele Adlige am
Hof des Königs und in den Bezirken meines eigenen Geläufs für das
Vernünftigste halten weiterzumachen. Der Krieg ist ausgebrochen
und wir könnten die Gunst der Stunde nutzen. Haben wir die Rinne
erst einmal gesichert, so dass wir unsere Truppen ungehindert hin
durchführen können, wird es uns auch gelingen, sie zu halten.«
»Das sehe ich genauso«, bestätigte Bahzell gelassen. »Ihr bedenkt
dabei natürlich, dass mein Vater das nicht gerade auf die leichte
Schulter nehmen wird, komme was da wolle und ganz gleich, wer
diesen Krieg angefangen hat. Es könnte sehr wohl sein, dass er die
Idee hat, gegen das West-Geläuf zurückzuschlagen. Im Augenblick
ist er allerdings mit Churnazh beschäftigt. Falls Ihr vorhabt, den
Kampf fortzusetzen, könnt Ihr seine Pläne vereiteln und ihn viel
leicht sogar für Churnazh zu Fall bringen. Dann brauchtet Ihr Euch
auch keine Sorgen mehr darüber zu machen, was er anschließend
mit Euch anstellen würde. Entspricht das im Großen und Ganzen
Eurer Einschätzung der
Weitere Kostenlose Bücher