Weber David - Schwerter des Zorns - 2
Milord!« fuhr er mit derselben kalten,
schneidenden Gelassenheit fort. »Wenn Ihr also unbedingt darauf
bestehen wollt, diesen Angriff fortzusetzen, dann wartet – um To
manâks willen!« Seine Augen glitzerten, als Mathian bei diesem Na
men zusammenzuckte. »Wartet auf das Tageslicht! Die Pferdediebe
sind Infanteristen, wir nicht. Sie sind dazu ausgebildet, zu Fuß zu
kämpfen, wir nicht. Wenn wir versuchen, diesen verdammten Stein
haufen in einem gezielten Angriff zu erobern, werden sie uns
massakrieren, weil wir genau auf ihre Art kämpfen, nicht auf unse
re. Wir werden am Ende siegen, Milord, aber Ihr habt jetzt bereits
mehr als vierhundert Krieger verloren. Die meisten davon sind tot,
verstümmelt oder vielleicht gefangen genommen worden. Es dürfte
uns schon schwer genug fallen, diese Verluste Baron Tellian zu er
klären, auch ohne den Blutzoll zu verdoppeln oder gar zu verdreifa
chen. Und das erreichen wir nur, wenn wir sie mit unseren Bogen
schützen bekämpfen. Wenn Ihr darauf beharrt, diesen Angriff fort
zusetzen, haltet Euch um Gottes willen zurück und beschießt sie
eine oder zwei Stunden lang mit Pfeilen! Startet ein paar Scheinan
griffe, damit sie auf die Mauern treten – und die Bogenschützen ih
nen ins Gesicht schießen können. Tut, was Ihr tun müsst, aber
nehmt Abstand von einem Sharnâverfluchten gezielten Angriff,
ohne sie vorher mit Pfeilen einzudecken.«
Mathian biss sich auf die Lippen, als die Wut das Pochen in sei
nem Schädel noch verstärkte. Wie konnte es Festian wagen, in einem
derartig kalten, verächtlichen Ton zu ihm zu reden? Doch seinen
Zorn durchdrang die kühle Erkenntnis, dass Festians Frechheit die
kleinste seiner Sorgen war. Selbst die einfachen Landjunker, die loy
al zu ihm gestanden hatten, nachdem Kelthys seine Streitmacht ge
spalten hatte, waren über ihre Verluste entsetzt. Die meisten waren
ebenso jung und unerfahren wie er selbst. Sie hatten erwartet, dass
er sie zu dem schnellen, überlegenen Sieg führen würde, den er ge
plant hatte. Dass es ihnen misslungen war, die Hradani im ersten
Versuch zu zermalmen, hatte sie beinahe ebenso schockiert wie ihre
hohen Verluste. Zweifellos dachten einige gerade gründlich darüber
nach, ob sie ihm weiterhin in ein Abenteuer folgen sollten, das for
mell als Hochverrat angesehen werden könnte. Falls er jetzt den Be
fehl zu einem weiteren sofortigen Angriff gab und so auch noch mit
Festian brach, seinem ranghöchsten Offizier, könnte er sehr wohl die
Loyalität all seiner Untergebenen verlieren. Unternahm er jedoch
nichts, was seine Autorität untermauerte und allen zeigte, dass er
noch Herr der Lage war, so würde er sie ebenfalls verlieren!
Gib auf, flüsterte eine leise Stimme in seinem Hinterkopf. Die gan
ze Sache hat sich zu einem Desaster entwickelt. Wenn du nicht auf
gibst, wird es nur schlimmer. Kelthys hat bereits dein Vertrauen ent
täuscht und diese anderen elenden Kriecher mitgerissen. Und Ha
ladhan …
Er zuckte bei dem Gedanken an das Schicksal seines Cousins zu
sammen. Er, Mathian Richthof, hatte diesen Angriff aus eigenem
Antrieb befohlen. Er hatte sich zwar Tellian nicht gerade widersetzt,
aber er hatte den Überfall doch eindeutig selbst zu verantworten.
Und das konnte ernste Konsequenzen mit sich bringen, sobald der
Baron davon erfuhr. Das Einzige, was sein Verhalten rechtfertigen
konnte, wäre der Erfolg seines Unternehmens. Er musste in Bahnaks
Hinterhof einfallen und dort so viel Schaden anrichten, dass er die
Bemühungen des Pferdedieb-Prinzen, die nördlichen Hradani unter
seinem Banner zu vereinen, vereitelte. Falls ihm das gelang, oder
wenn er auch nur die restlichen Ritter und Bewaffneten des WestGeläufs dazu zwang, seinem Beispiel zu folgen, würde ihn die Frak
tion am Hof, die genau eine solche Intervention wollte, schützen.
Sollte er sich jedoch von einer Hand voll Hradani aufhalten lassen,
während sich der Rest seiner Streitmacht spaltete …
Und wenn sie nun tatsächlich dem Orden des Tomanâk angehör
ten? Der verräterische Gedanke tröpfelte wie Gift in seine Gedan
ken. Du sinkst immer tiefer und tiefer ins Unglück, du Narr! Es schi
en so einfach und aufregend, so leicht, als du und Haladhan eure
Pläne geschmiedet habt, stimmt's? Aber so einfach ist es nicht. Ha
ladhan ist vermutlich tot, und diese verdammten Hradani da drü
ben lachen über dich!
»Einverstanden, Herr Festian«, hörte er sich tonlos antworten.
»Wir werden Eurem Vorschlag folgen. Ruft die Hauptleute zusam
men,
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