Weber David - Schwerter des Zorns - 3
persönlich zu den
Warmen Quellen zu eskortieren. Damit fühlte er sich verpflichtet,
dafür zu sorgen, dass sie zumindest mit einem Mindestmaß an Höflichkeit behandelt wurden. Bedauerlicherweise war er selbst dafür
zu erschöpft. Er wusste später nicht einmal zu sagen, wie er in seinen Raum gekommen war und er schaffte es auch nicht, sich ordentlich auszuziehen, bevor er wie ein Sack auf die harte, schmale Matratze fiel und schnarchte, bevor sein Kopf auf dem Kissen landete.
Beinahe neun Stunden schlief er, bevor ihn seine Unrast aus einem
unruhigen Schlaf riss. Obwohl er ein Leben lang im Sattel verbracht
hatte, konnte er ein Stöhnen nicht unterdrücken, als er sich aufrichtete und seinen schmerzenden, strapazierten Muskeln befahl, ihm
zu gehorchen. Rasch wusch er sich und stieg dann die Treppe hinab
in den Gastraum der Herberge.
Bahzell und die anderen Hradani saßen um einen Klapptisch herum. Alfar bemerkte zum ersten Mal, dass er der einzige Mensch in
diesem Trupp von Hradani war. Außerdem kam ihm etwas an der
Art, wie sie dasaßen, merkwürdig vor. Der Tisch war bei weitem
nicht der größte in dem Zimmer, doch stand er in einer Ecke. Die
Hradani hatten sich so hingesetzt, dass sie den Raum und die anderen Gäste im Auge behalten konnten, während sie selbst eine solide
Steinmauer im Rücken hatten. Ein kleines Feuer brannte im Kamin
und die Morgensonne fiel durch die rautenförmigen Fenster der
Herberge. Sie schimmerte auf den goldenen, gekreuzten Schwertern
und Morgensternen des Tomanâk, die auf die Übermäntel und Ponchos seiner Ritter gestickt und in ihre Waffen eingeätzt waren. Diese
lehnten hinter ihnen aufrecht an den Wänden. Die Reste eines gewaltigen Frühstücks lagen auf dem Tisch. Bahzell saß an der Wand
und hatte einen Bierkrug vor sich stehen.
Alfar biss vor Scham und Wut die Zähne zusammen, während er
aus dem Fenster sah.
»Wie spät ist es?«, fragte er.
Bahzell sah ihn an, hob eine Braue, griff in eine Gürteltasche und
zog eine Taschenuhr heraus. Es war die vierte oder fünfte Uhr, die
Alfar in seinem ganzen Leben gesehen hatte, und er erkannte sofort,
dass es sich hier um ein Kunstwerk handelte. Er hatte zwar keine
Ahnung, wie ein Hradani an so etwas gekommen sein mochte, aber
er hatte längst aufgehört, sonderlich überrascht zu sein, was ein
Hradani-Paladin des Tomanâk Ungewöhnliches tat. Also wartete er
einfach nur, während Bahzell das wunderschön bemalte, elfenbeinerne Zifferblatt und die goldenen Zeiger studierte.
»Es ist gerade neun Uhr vorbei«, knurrte der Hradani nach einer
Weile, klappte die Uhr zu und steckte sie wieder in seine Tasche. Alfars Wangenmuskeln traten hart hervor. Sie hätten seit mindestens
zwei oder drei Stunden wieder unterwegs sein können. Ganz offensichtlich waren die Hradani ausgeruht, also hatte sie nur seine eigene Schwäche aufgehalten.
»Ich wünschte, Ihr hättet mich etwas früher geweckt, Milord Paladin«, erklärte er, als er seiner Stimme trauen konnte. Offenbar hatte
er sie jedoch noch nicht ganz in seiner Gewalt, denn Bahzell spitzte
fragend die Ohren, bevor er den Kopf schüttelte.
»Meister Axtschneide«, antwortete er liebenswürdig. »Selbst wenn
wir Euch früher geweckt hätten, Euer Pferd wäre doch nicht sonderlich erfreut gewesen, wenn wir ihm die dringend benötigte Ruhepause verkürzt hätten. Wir könnten hier zwar ein anderes Pferd für
Euch leihen, aber ich glaube, Baron Tellians Seneschall hat Euch ein
ausgezeichnetes Ross zur Verfügung gestellt. Vermutlich ein besseres als jedes, das wir hier finden werden.«
Er ließ Alfar einige Sekunden Zeit, darüber nachzudenken, bis der
gesunde Menschenverstand dem Sothôii schließlich sagte, dass Bahzell Recht hatte. Dann sprach der Pferdedieb weiter.
»Letztlich hätten wir Euch jedoch auch nicht früher geweckt, wenn
Ihr einen Windrenner unter dem Hintern gehabt hättet. Ihr wart
halbtot vor Erschöpfung, weil Ihr Euch schon auf dem Weg nach
Balthar so vorausgabt hattet, als wäre Fiendark hinter Euch her. Auf
Hügelwacht habt Ihr nur wenig Ruhe bekommen, und schließlich
konntet Ihr nur ein paar Bissen Brot und Würste im Sattel verzehren. Ich habe selten einen Menschen gesehen, der dringender Ruhe
benötigte als Ihr. Solltet Ihr das abstreiten, ist es nur Eure Sturheit.
Ich glaube, wir werden erheblich schneller in den Warmen Quellen
eintreffen, als Lord Edinghas erwartet, und ich lasse nicht zu, dass
Ihr Euch umbringt, nur um noch eine oder zwei Stunden
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