Weber David - Schwerter des Zorns - 3
aber Menschen
sind Menschen, mit all den kleinen Schönheitsfehlern, auch wenn es
uns anders sicher lieber wäre. Wir schaffen es bestimmt nicht, Eure
Leute über Nacht dazu zu bringen, all das Blut zu vergessen, das
zwischen unseren Völkern geflossen ist. Der Gastwirt war nicht allzu erfreut über unseren Anblick, aber das Siegel von Sir Jahlahan
verdeutlicht, dass wir im Auftrag von Baron Tellian unterwegs sind.
Letzten Endes sind unsere Kormaks ebenso gut wie die eines jeden
anderen.«
Er zuckte die Achseln und deutete mit dem Kinn zur Tür. Alfar
sah ihn nachdenklich an und nickte dann. Damit wollte er Bahzell
nicht zustimmen, sondern er nahm die Bemerkung des Pferdediebes
einfach nur zur Kenntnis. Gleichzeitig erstaunte es ihn, wie stark
sein Bedürfnis war, dem mürrischen Gastwirt den Hintern zwischen
die Ohren zu treten. Vor zwei Tagen und einer Nacht hätte er das
Ansinnen, gemeinsam mit einem Haufen Hradani zu reiten, noch als
hanebüchenen Unsinn abgetan. Nun jedoch…
»Ihr habt Recht, Milord Paladin«, erklärte er so laut, dass ihn der
Wirt verstehen konnte. »Es ist sinnlos zu versuchen, einem Narren
Verstand in den Schädel zu prügeln. An einem Kopf mit so viel
Knochen und so wenig Hirn würde man sich nur die Hand verletzen.«
19
I HR SEID WOHL vollkommen verrückt geworden!«
Die grauhaarige Frau auf der anderen Seite des Schreibtisches
starrte Kaeritha und Leeana ungläubig an. Der Bronzeschlüssel, das
Zeichen ihres Bürgermeisteramts, baumelte an einer Kette von ihrem Hals. Der Blick ihrer braunen Augen wirkte hart, fast ärgerlich.
»Ich versichere Euch, Domina Yalith, dass ich keineswegs verrückt
bin«, erwiderte Leeana scharf. Sie und Kaeritha waren müde,
schlammbespritzt und ausgelaugt bis zur Erschöpfung von den vielen Tagen im Sattel. Dennoch bemühte sich Leeana, ihr Temperament im Zaum zu halten. Ebenso offensichtlich war jedoch, dass
ihre Erziehung als Tochter des Barons von Balthar sie nicht genügend darauf vorbereitet hatte, sich mit dem Verhalten abzufinden,
das Domina Yalith ihr gegenüber an den Tag legte.
»Verrückte halten sich selbst nur höchst selten für verrückt«, gab
die Domina zurück. »Aber was auch immer Ihr denken mögt und
wie sehr Ihr glaubt, dass die Kriegsbräute einen Ausweg aus einer…
einer gesellschaftlichen Unannehmlichkeit bieten… es gibt da Aspekte
an Eurem Ansinnen, die nur zu einem Desaster führen können.«
»Bei allem gebotenen Respekt, Domina«, mischte sich Kaeritha
zum ersten Mal ein. »Dieses Mädchen spricht nicht von einer gesellschaftlichen Unannehmlichkeit.« Ihre Stimme klang scharf. »Falls ich
König Garthas Proklamation richtig verstanden habe, verlangt sie
von Euch genau den Schutz, den Ihr und die Euren allen Frauen gewähren solltet.«
»Reibt mir nicht die Charta unter die Nase, Dame Kaeritha!«,
schoss Yalith zurück. »Ihr mögt ein Paladin des Tomanâk sein, aber
meines Wissens nach hat der Kriegsgott niemals auch nur das Geringste für uns Kriegsbräute getan. Und wir sind schwerlich ein gemütliches Schlupfloch, in das sich eine verwöhnte Edeldame – und
ebenso wenig die Tochter eines Barons! – verkriechen kann, um vor
einem Freier wegzulaufen, dessen Antrag ihre Familie bisher noch
nicht einmal angenommen hat!«
Kaeritha lag eine sehr scharfe Erwiderung auf der Zunge, obwohl
ihr klar war, dass sich Yalith daraufhin noch hartnäckiger sträuben
würde, ihnen zuzuhören. Doch bevor sie ansetzen konnte, legte ihr
Leeana eine Hand auf den Arm und sah die Domina fest an.
»Das stimmt«, sagte sie ruhig und erwiderte mit ihren kühlen, grünen Augen den bissigen Blick der Domina. »Ich laufe vor einem
Freier weg, den meine Familie noch nicht anerkannt hat. Allerdings
ist mir nicht bekannt, dass die Kriegsbräute der Gewohnheit frönen,
einer Frau, die sich ihnen anschließen will, Fragen nach dem Grund
zu stellen. Abgesehen davon, dass sie sich überzeugen, ob diese
Frau eine Kriminelle ist, die einer Strafe zu entgehen sucht. Habe ich
mich da geirrt?«
Diesmal musste sich Yalith eine hitzige Antwort verkneifen. Sie
starrte Leeana einige Sekunden lang böse an und schüttelte dann
barsch den Kopf.
»Nein«, gab sie zu. »Wir ›frönen nicht der Gewohnheit‹, solche
Fragen zu stellen. Das heißt, wir stellen sie zwar, aber die Antworten beeinflussen unsere Entscheidung nicht, ob wir diese Frau aufnehmen. Jedenfalls sollten sie das nicht tun. Dennoch müsst Ihr zugeben, dass es sich hier nicht um eine gewöhnliche
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