Weber David - Schwerter des Zorns - 3
Geschichte zwischen seinem Volk und den
Sothôii jedoch nur zwei Fälle gegeben, in denen Windrenner gegessen worden waren. Das wussten diese Windrenner genauso gut wie
er. Und, wie Tellian schon angemerkt hatte, Windrenner hatten ein
ausnehmend gutes Gedächtnis. Zum Glück jedoch neigten sie etwas
weniger als die Sothôii und Hradani dazu, die Söhne für die Sünden
ihrer Väter verantwortlich zu machen.
Ein kleines bisschen weniger, wohlgemerkt.
»Tatsächlich?« Brandark warf Bahzell einen kurzen Seitenblick zu.
»Willst du behaupten, dass du diese Weste gar nicht gebraucht hast,
die Gayrhalan in Fetzen riss… während du sie am Leib hattest?«
»Was das betrifft«, erwiderte Bahzell mit einer Ruhe, die er an jenem fraglichen Tag allerdings ganz und gar nicht gespürt hatte,
»denke ich, dass Gayrhalan einfach nur schlechte Laune hatte. Und
du musst zugeben, dass ich keinen Tropfen Blut verloren habe.
Wenn ihm danach gewesen wäre, hätte ich zweifellos einen Arm
verloren, nicht nur eine Weste.«
»Das stimmt allerdings«, meinte Hathan und schüttelte grinsend
den Kopf, als er sich an die störrischen Launen seines Gefährten erinnerte. »Außerdem war es wohl zum Teil auch meine Schuld. Ich
bin an diesem Morgen ein wenig ungeschickt mit dem Hufmesser
umgegangen.«
»Nein, das bist du nicht, Windbruder!«, widersprach Tellian
barsch. »Gayrhalan ist zusammengezuckt und hat dich fast durch
den halben Stall geschleudert, als Trianals dämliches Schlachtross
gegen die Wand gerannt ist. Dass du es geschafft hast, ihn nicht
ernstlich zu verletzen, ist mir immer noch ein Rätsel. Und Dathgar
stimmt mir übrigens zu, ganz gleich wie unverschämt Gayrhalan
versucht, dir die Schuld in die Schuhe zu schieben, Windbruder!«
»Vielleicht hast du Recht.« Hathan lächelte erst und lachte dann
sogar. »Ich habe vielleicht einen oder zwei Windrenner erlebt, die
ein heftigeres Temperament hatten als Gayrhalan, aber mehr auf
keinen Fall. Es gibt einen Grund für seinen Namen, wisst Ihr.«
Er lachte schallend und Bahzell grinste ihn an. »Gayrhalan« bedeutete in der Sprache der Sothôii »Sturmseele«, und der Windrenner schien die Verpflichtung zu empfinden, sein Leben nach dem
auszurichten, was sein Name beschwor.
»Man sagt ja, dass sich Windrenner ihren Reitern angleichen und
Windreiter ihren Windrennern«, fuhr Hathan fort. »Da Gayrhalan
und ich bereits ziemlich abscheulich waren, bevor wir überhaupt
aufeinander trafen…«
Er zuckte mit den Schultern und diesmal brandete schallendes Gelächter an der Tafel auf.
»Dennoch«, fuhr der Windreiter nach einer Weile etwas ernsthafter fort, »hat er wirklich nur sein Temperament gezeigt, wie unhöflich das auch von ihm gewesen sein mag!«
»Keine Sorge, Hathan! In diesem Punkt hatte ich niemals den geringsten Zweifel! Ich habe schon Streitäxte mit weit weniger beeindruckenden Klingen gesehen als die Beißer Eures etwas groß geratenen Freundes.« Bahzell schüttelte den Kopf. »In dem Augenblick
habe ich beschlossen, ihn und Dathgar niemals zu besuchen, wenn
ich nicht zuvor formell eingeladen wurde.«
»Wie ungewöhnlich weise von dir.« Brandarks Stimme klang milde boshaft.
Bahzell bedachte ihn mit einer unhöflichen Handbewegung. Aber
es stimmte, dass Tellians und Hathans Windgefährten alle Hradani,
vor allem jedoch Pferdedieb-Hradani höchst reserviert betrachteten.
Angesichts der Tatsache, dass ein Windrenner eines der wenigen
Geschöpfe auf dieser Welt war, die selbst einen ausgewachsenen
Pferdedieb in eine blutige Masse aus Haut und Knochen trampeln
konnten, war Bahzell auch nur zu gern bereit, ihnen aus dem Weg
zu gehen, solange sie es wollten. Wie wundervoll sie auch sein
mochten und wie rasch Hradani auch heilten – nachdem Bahzell sie
aus der Nähe betrachtet hatte, zog er es vor, seine Gesundheit nicht
aufs Spiel zu setzen.
»Zweifellos haben wir noch genügend andere Angelegenheiten zu
besprechen, Milord.« Er konzentrierte sich wieder auf Tellian. »Zunächst einmal lässt Euch Vater ausrichten, dass er mit Kilthan über
Euren Vorschlag gesprochen hat, einen dreigleisigen Handel durch
den Graben aufzunehmen. Er findet Eure Idee ganz ausgezeichnet.
Des Weiteren muss ich einige Dinge für den Orden erledigen, und
außerdem soll ich Hurthang eine Nachricht von Vaijon ausrichten.
Sind er und Kaeritha zufällig in der Nähe?«
»Wir haben Euch erst morgen zurückerwartet«, antwortete Hathan
für den Baron. »Deshalb sind die beiden heute Morgen zum
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