Weber David - Schwerter des Zorns - 3
Bahzell,
klingt so, als wäret Ihr doch bald ein offizieller Botschafter vom König der Hradani.«
Bahzells tiefes, grollendes Lachen hätte ihr Furcht einflößen können, wenn sie es nicht schon gehört hätte und es als das erkannte,
was es war. Sie legte den Kopf schief und er grinste.
»Das dürfte wohl kaum passieren.« Er schüttelte den Kopf. »Erstens verspüre ich nicht das geringste Verlangen, offizieller Botschafter zu werden. Zweitens, Milady, weiß ich noch weniger, wie man
sich als Botschafter verhält. Und drittens, was mein Da ganz bestimmt als Letztes tut, das ist, sich ›König der Hradani‹ zu schimpfen.«
»Da muss ich Bahzell zustimmen, Milady.« Brandark lachte ebenfalls, wenn auch etwas weniger rumpelnd als Bahzell. »Prinz Bahnak hat viele Eigenschaften, aber er läuft niemals Gefahr, der Selbsttäuschung der Macht zu erliegen. Außerdem ist er im Unterschied
zu seinem Sohn hier auch ausgesprochen klug. Was bedeutet: Er
weiß sehr wohl, wie schwer es einer Horde barbarischer HradaniPrinzen fallen würde, jemanden, der sich zum ›König der Hradani‹
ausruft, ernst zu nehmen. Ich habe keine Ahnung, welchen Titel
man Prinz Bahnak letztlich anheften wird, aber ich bin fest davon
überzeugt, dass das Wort ›König‹ nicht darin vorkommt.«
»Vielleicht nicht«, erwiderte sie. »Aber wie er sich nennt, ändert
doch kaum etwas an dem, was er eigentlich ist, oder?« Ihr Ton war
nun etwas gespannter und der Blick ihrer grünen Augen etwas härter.
»Ja, das stimmt«, pflichtete Brandark ihr bei. »Genau das meinte
ich. Ebenso wenig wie er seinen ehemaligen Feinden ihre Niederlage unter die Nase reiben wird, indem er sich zu ihrem ›König‹ erklärt, wird er die Lage Eures Vaters nicht noch erschweren, indem er
ihn auffordert, ›offiziell‹ einen Botschafter der Hradani an seinem
Hof zu dulden.«
Leeanas Augen weiteten sich kurz, dann verengten sie sich ebenso
schnell, bevor sie nickte.
»Das klingt vernünftig«, sagte sie nach einem Augenblick. Brandark fragte sich, ob dem Mädchen klar war, wie gründlich ihr überlegter Tonfall ihre Behauptung Lügen strafte, sie wäre »zufällig« mit
Bahzell zusammengeprallt. Sie blieb zwei, drei Sekunden reglos stehen, als wollte sie sichergehen, dass sie diese Neuigkeiten richtig
verarbeitet hatte, dann schüttelte sie sich und lächelte zu Bahzell
hoch.
»Nun habe ich meine Achtlosigkeit auch noch durch meine Plaudereien verschlimmert, mit denen ich Euch und Lord Brandark aufhalte«, entschuldigte sie sich. »Ich scheine heute Nachmittag tatsächlich von Triumph zu Triumph zu stolpern.«
»In gewisser Weise habt Ihr damit vermutlich ganz Recht«, stimmte ihr Bahzell ironisch zu. »Was nicht heißen soll, dass Brandark und
ich diese Unterhaltung nicht genossen hätten.«
»Es ist sehr freundlich, dass Ihr das sagt, doch ich habe Euch lange
genug aufgehalten. Marthya?« Sie warf einen Blick über die Schulter, der die ältere Frau augenblicklich zu ihr rief. Dann knickste sie
kurz vor Bahzell und Brandark, scheuchte Marthya in einen Korridor und war verschwunden.
3
D ER L EITHENGST der Herde war ein prachtvolles Tier.
Er war bis auf eine weiße, sternförmige Blesse auf seiner Stirn
pechschwarz, und sein Wuchs war vollendet harmonisch. Seine etwas über einundzwanzig Handbreit Stockmaß ließen ihn riesig erscheinen, ein Eindruck, den sein dichtes, schwarzes Winterfell noch
verstärkte. Dennoch schien er für einen Windrenner-Hengst eher
unterdurchschnittlich groß, dafür fehlte ihm allerdings vollkommen
die massige Schwerfälligkeit der wenigen Pferderassen, deren Körper auch nur annährend an seine massive Figur heranreichten. Er
sah auf den ersten Blick fast genauso aus wie ein Schlachtross der
Sothôii, wies dieselbe mächtige Hinterhand, die sanft abfallenden
Schultern und den mächtigen Leib auf. Nur war er anderthalb Mal
größer als jedes Schlachtross. Trotz dieser Größe und seines herrlichen Charakters bewegte er sich mit einer beinahe feinfühligen Genauigkeit und Grazie, die man mit den eigenen Augen sehen musste, wenn man glauben wollte, dass so etwas überhaupt möglich war.
Zurzeit jedoch war von dieser beinahe seidenweichen Geschmeidigkeit nichts zu sehen. Der Hengst stand fast regungslos auf einer
kleinen Anhöhe. Aus dem grauen, aufgewühlten Himmel über ihm
ergossen sich Regenschleier, die vom Wind gepeitscht wurden, und
nur sein Schädel rührte sich, als er seine Herde betrachtete, die sich
langsam weiterbewegte. Er
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