Weber David - Schwerter des Zorns - 3
vielen Geschäfte, die die Kirche Unserer Lady Euch zuschanzt. Aber wenn Ihr solche Dinge sagt, zwingt Ihr mich, diese
grundlegende Annahme zu hinterfragen. Vielleicht hat Eure Dummheit ja etwas mit Eurer Ernährung zu tun.«
»Was genau wollt Ihr damit sagen?«, fuhr Sholdan hoch.
»Womit? Meint Ihr meine Anspielung auf Eure Diät?« Der Hexer
lächelte eisig. Sholdan schüttelte brüsk den Kopf.
»Das nicht!«, fauchte er. »Ich meine das andere. Was meintet Ihr
damit?«
»Ich meinte, Ihr besitzt eine bemerkenswerte Fähigkeit, das Offensichtliche zu übersehen, wenn es nicht nach Eurem Geschmack ist.«
Varnaythus schüttelte den Kopf. »Beide Seiten sind in ihren Handlungen sehr eingeschränkt«, fuhr er betont geduldig fort. »Nicht einmal SIE riskieren es, häufig gezielt und persönlich einzugreifen.
Und die andere Seite tut dies noch seltener. Unter uns Verschwörern
können wir ruhig zugeben, dass dies ein wahrer Glücksfall für SIE
ist, denn die andere Seite ist weit mächtiger als SIE.«
Sholdans Blicke irrten beinahe panisch durch das Gästezimmer
der Herberge. Salgahn dagegen wirkte eher amüsiert.
»Beruhigt Euch gefälligst, Jerghar!«, befahl Varnaythus beinahe
gelangweilt. »Natürlich ist die andere Seite mächtiger! Nicht nur jeder Einzelne der Lichten Götter verfügt über mehr Macht als die
Dunklen, sondern es gibt auch mehr von ihnen. Und wenn schon!
Wie mächtig ein einzelner Gott ist, spielt für uns Sterbliche keine
Rolle.« Sholdan starrte ihn fassungslos an und der Hexer schnaubte
wieder verächtlich. »Jeder Gott könnte jeden beliebigen Sterblichen
mit einem kurzen Gedanken pulverisieren, falls ihm oder ihr danach
ist«, erklärte er beißend. »Ist es denn von Bedeutung, ob wir uns in
roten Dampf auflösen oder in orangenen?«
»Aber… aber…«, stammelte Sholdan.
»Entscheidend ist«, fuhr Varnaythus fort, »dass selbst der
schwächste Gott so unendlich viel mächtiger ist als jeder Sterbliche,
dass die Unterschiede in der Macht der Götter für die Letzteren keine besondere Bedeutung haben. Die Tatsache, dass zum Beispiel Tomanâk«, er beobachtete, wie Sholdan bei seiner beiläufigen Erwähnung des verhassten Namens zusammenzuckte, »stärker ist als jeder
Einzelne von IHNEN, bedeutet für Euch, für mich oder jeden anderen Sterblichen – überhaupt nichts. Jede Gottheit kann nur ein bestimmtes Maß an Macht auf das physikalische Universum ausüben,
weil sie sonst riskiert, das ganze System zu zerstören. Was dann übrigens auch ihren eigenen Untergang herbeiführen würde. Und genau das würde jede Seite tun, wenn sie sich zu offenkundig einmischt. Aus eben diesem Grund brauchen beide Seiten überhaupt
solche Agenten wie uns, nämlich um die Eskalation zu verhindern,
die eine offene Auseinandersetzung nach sich zöge. Das wisst Ihr
doch wohl.«
»Aber…«, versuchte Sholdan es erneut.
»Ach, gebt Ruhe, Jerghar!«, mischte sich Salgahn ein. »Und Ihr,
hört doch auf, ihn zu reizen, Varnaythus!« Die beiden sahen ihn an,
und der Meuchelmörder zuckte die Achseln. »Wir können ein andermal über Agenten, gezieltes göttliches Eingreifen und die Zerstörung der Welt plaudern«, erklärte er ungeduldig. »Für uns ist doch
jetzt nur wichtig, dass die Götter der anderen Seite beschlossen haben, ihre gezielte Einmischung zu verringern, dass sie an den freien
Willen der Sterblichen glauben und, im Unterschied zu gewissen
Gottheiten auf unserer Seite«, er hütete sich, Namen zu nennen, »erwarten, dass Ihre Agenten selbstständig denken. Außerdem, wie
Varnaythus schon sagte, Jerghar, selbst wenn sie jemanden wie Bahzell den ganzen Tag an der Hand herumführen würden, sie können
doch trotzdem Fehler machen.«
»Salgahn hatte Recht, Jerghar«, erklärte Varnaythus. »Ich hätte
Euch nicht verärgern sollen. Aber wenn Ihr eine Bestätigung wollt,
dass die andere Seite ihren kostbaren Paladinen keine Einzelheiten
IHRES Planes in die Ohren flüstert, oder auch nur in das von jemand anderem, denkt bloß daran, was den Windrennern geschehen
ist. Glaubt Ihr tatsächlich, dieser edle Hengst hätte auch nur ein Mitglied seiner Herde auf der Steppe zurückgelassen, wenn ihm klargeworden wäre, dass meine Lady ihren Verstand beeinflusst hatte?
Oder meint Ihr ernstlich, die Sothôii hätten zugelassen, dass eine
ganze Herde ihrer wertvollen Windrenner ihrem Untergang entgegengaloppiert, wenn sie vorher gewusst hätten, was sie erwartet?«
»Nein«, gab Sholdan zu.
»Ich auch nicht. Bei dieser
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