Wechselspiel der Liebe
plagten ihn. Aber die Vergangenheit ist tot, sagte er sich. Tot und begraben. Seine Vergangenheit, Taras Vergangenheit. Sie würde ihre für sich behalten, er die seine.
Lautlos stand er auf, ging zum Tisch und schenkte sich ein Glas Wein ein. Nachdem er einen Schluck getrunken hatte, wandte er sich zum Bett und begegnete Taras Blick. Lächelnd prostete er ihr zu. »Auf die Zukunft — unsere Zukunft.«
Clive Carter wartete, bis der Morgen graute und die Kerzen in der Taverne gelöscht wurden. Während der langen Nacht hatte er seinen Zorn und seine Ungeduld kein einziges Mal verraten. Er war der Sohn eines bekannten Politikers, das einzige Kind eines reichen, allseits respektierten Mannes. Oft genug hatte er die Ränkespiele auf der politischen Bühne beobachtet und seine Lektion gelernt. Ein Mann mußte gelassen bleiben, was immer auch geschehen oder welche Ereignisse er selbst heraufbeschwören mochte.
Bis jetzt waren seine beiden Leibwächter nicht zurückgekehrt — nur die Diener des elenden Wirts, um zu berichten, sie hätten die junge Frau gefunden, aber McKenzie würde sie vor Ablauf der Nacht nicht gehen lassen. Danach wurden sie noch einmal in die Pension geschickt, wo sie feststellten, daß McKenzie mit dem Mädchen verschwunden war.
»Irgendwie muß man ihm das Mädchen entreißen«, er-klärte Carter dem unglücklichen Eastwood. »Ich sage Ihnen, Sir, dieser Mann schützt eine Mörderin. Lassen Sie McKenzie hierherbringen ...«
»So einfach ist das nicht. Er ist ein reicher angesehener Mann ... Und unglaublich stark. Angeblich kann er sogar Alligatoren bekämpfen, mit bloßen Händen.«
Carter brach in verächtliches Gelächter aus. »Schicken Sie Ihre Männer noch einmal los, Eastwood. Sie müssen herausfinden, was mit Tara Brent geschehen ist. Und dieser Mann, der mit Alligatoren ringt, stirbt wie jeder andere auch, wenn ihn eine Kugel zwischen die Augen trifft.«
»Mr. Carter! Ich fürchte, Sie verstehen das dies nicht. Sollten Sie sich mit McKenzie anlegen, wird das Gesetz nicht mehr auf Ihrer Seite stehen.«
»Beenden wir diese sinnlose Diskussion. Beschaffen Sie mir lieber die Informationen, die ich brauche, Sir. Bis jetzt haben Sie mich schmählich enttäuscht.«
Eastwood holte tief Luft, eilte zur Tür, wo seine Männer warteten, und jagte sie wieder in die schwindende Nacht hinaus. Während er noch auf der Schwelle stand, erschien einer seiner anderen Diener im rosigen Nebel der Dämmerung und hielt sich den Kopf. »Was ist passiert?« herrschte der Wirt ihn an.
»Jemand war bei ihr. Und er bewegte sich so schnell wie ein Indianer. Er schlug mich zusammen, und danach konnte ich die beiden nicht mehr aufspüren.«
Seufzend drehte sich Eastwood zu Clive um. »Habe ich's Ihnen nicht gesagt? An diese Frau kommen Sie nicht ran, wenn McKenzie beschlossen hat, sie bei sich zu behalten.«
»Großartig!« rief Clive verächtlich.
»Aber wenn Sie sich's was kosten lassen, werde ich McKenzie finden. Allerdings wird's eine Weile dauern. Ich nehme an, er segelt nach Florida zurück.«
»Dort kann ich ihn selber finden.« Angewidert musterte Clive den erbärmlichen Wirt, dessen Geldgier ihm verwehrt hatte, Tara noch diese Nacht in seine Gewalt zu bringen. Er erhob sich, schlug mit dem Gehstock auf den Boden, und plötzlich sprang ein kleines, scharfes Messer aus dem Silbergriff. Blitzschnell lief er zu Eastwood hinüber und schwang den Spazierstock hoch.
Mit bebender Hand griff sich der Wirt an die Kehle, Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor. Er starrte Carter verblüfft an, dann brach er zusammen. Noch ehe er den Boden berührte, starb er.
Clive drehte sich zu einem seiner Männer um, der in der Ecke des Schankraums wartete. »Wirf diesen Abfall in den Fluß. Dann streu das Gerücht aus, das Mädchen sei zurückgekommen, um Eastwood zu ermorden und dann wieder davongelaufen.«
Schweigend schleppte der Mann die Leiche aus der Taverne. Schon oft hatte das schlammige Wasser des Mississippi eine verlorene Seele aufgenommen, um sie irgendwo wieder an Land zu spülen.
Niemand wird sich darum kümmern, dachte Clive. Fast täglich sterben Männer wie Eastwood — an den Docks, in den Spielhöhlen und Freudenhäusern. Und dieser verdammte Wirt hat den Tod verdient.
So wie Julian Carter.
Aber manche Dinge mußten sorgfältiger geplant werden als andere.
Immer noch erfüllte ihn heißer Zorn. Nicht zuletzt, weil Tara sich lieber einem anderen Mann verkauft hatte, als anzunehmen, was er —
Weitere Kostenlose Bücher