Weddingplanerin mit Herz (German Edition)
würde vor Neid. Ob der echt ist? Das ist wahrscheinlich allen anwesenden Männern in diesem Augenblick total egal … Ich komme mir vor wie ein Junge und verschränke schnell die Arme, damit nur bloß keiner einen Vergleich zieht! Der Bräutigam, Ronald Claussen, wartet in seinem dunklen Smoking vor dem Freiluft-Traualtar und hat ein Siegerlächeln im Gesicht, das man auch als selbstgefällig bezeichnen könnte. Beinahe so, als hätte er das Kleid ausgesucht, um die restlichen Männer vor Begierde hecheln zu lassen. Vom hilflosen alten Tattergreis, der von seiner Tochter vor den Schlangen dieser Erde beschützt werden muss, ist Herr Claussen Meilen entfernt. Eher ein Typ wie Harrison Ford.
Das unglaublichste Detail sehe ich erst, als Lydia vorne angekommen ist. Ihr Rückenausschnitt geht fast bis zum Po! Nein, er geht genau bis zum Po … Jemand neben mir hält hörbar die Luft an. Ich tippe auf einen von Plan B und drehe mich zur Seite, um einen strafenden Blick loszuwerden. Aber da stehen nur ein paar weibliche Bedienungen und Endres. Die Mädchen tragen ebenso wie ich eine steinerne Miene zur Schau. Nach dem Motto: Uns doch egal, was die zu bieten hat, die ist ab heute eh vergeben! Über Endres bin ich allerdings ein wenig überrascht. Er sieht mein Fragezeichengesicht, zuckt schnell, deutet auf seinen eigenen Rücken und wispert: »Ich könnte das auch problemlos tragen!«
Ich muss mir auf die Zunge beißen, um nicht laut loszulachen. Endres in Rückenfrei, das wäre was! Mitdem Auftritt könnte er sogar Lydia in den Schatten stellen. Leider habe ich keine Zeit, mir das genauer auszumalen, ich kann nicht einmal die Trauung bis zum Ja-Wort verfolgen, denn wir müssen auf unsere Posten, damit die Feier übergangslos mit Champagner und Kanapees weitergehen kann. Dann zig Ansprachen, die mehrstöckige Torte, noch mehr Getränke, Lustwandeln im Park, Geschenke, Dinner …
Nach einigen Stunden bin ich fix und alle, meine Füße brennen und ich muss überdringend aufs Klo. Das habe ich nämlich viel zu lange verdrängt.
Mit dem Seufzer der Erleichterung verriegle ich die Kabinentür hinter mir. Jetzt erst mal durchatmen! Ich lehne den Kopf an die kühle Wand, für einen Moment die Augen schließen. Wumm, die Toilettentür fliegt auf, die kostbaren Sekunden allein sind vorüber. Gekicher dringt zu mir in meine Kabine.
»Ist mein Fest nicht einfach himmlisch!?«
»Ein Traum! Dein Ronald hat sich nicht lumpen lassen!«
Die Braut und eine Freundin! Neugierig spitze ich die Öhrchen.
»Hihi, ich habe auch darauf bestanden, dass unsere Hochzeit doppelt so teuer sein muss wie seine letzte!«
»Das ist das Mindeste, du bist schließlich auch nur halb so alt wie seine letzte Frau!«
»Hör auf, das Alter hat damit gar nichts zu tun!«
»Nein?«
»Nein, Ronald ist ein wunderbarer Mann und er liebt es, mich zu verwöhnen.«
»Und du liebst es, dich von ihm und seinen Millionen verwöhnen zu lassen!«
Die Braut stöhnt. »Nicht du auch noch! Das unterstellt mir fast jeder! Seine Familie, seine Freunde …«
»Mach mir nicht weis, du hättest einen so alten Mann auch ohne Geld geheiratet?«
»Das nicht, aber ich hätte auch mit Geld nicht jeden alten Mann geheiratet! Ronald sieht gut aus …«
»… noch!«
»Meinetwegen, er sieht noch gut aus, ist ehrgeizig und klug und ich höre ihm gerne zu. Das ist mehr, als ich von manchem seiner jüngeren Vorgänger behaupten kann!«
»Dann gratuliere ich dir erst recht zu deiner wunderbaren Hochzeit! Auf dass deine Ehe lang halten möge!«
Die Freundin scheint ähnlich überrascht wie ich. Auf eigenwillige Weise ist Lydias Ansage mehr Liebeserklärung an ihren frischgebackenen Mann, als ich erwartet hätte. Zumindest seit ich sie gesehen habe, war ich geneigt, Noahs Unkenrufen recht zu geben: Geld kauft Schönheit! Gefühle Fehlanzeige. Aber so schlimm ist es gar nicht. Nicht die ganz große Liebe, die für mich Grundvoraussetzung zum Heiraten – nein, überhaupt zum Zusammensein – ist. Aber immerhin Zuneigung für ihn, nicht nur für sein Konto!
Ich brenne darauf, Noah meine Erleuchtung vor den Latz zu knallen. Der wird sich wundern!
Near,
far,
wherever you are
schmettert es mir entgegen, als ich in den silbernen Spiegelsaal zurückkehre. Célines Konzert hat angefangen. Das Brautpaar dreht sich zu My heart will go on im langsamen Walzer auf der Tanzfläche. Seitlich blitzt es.
Noah, der jeden Moment fürs Album festhält. Ich schiebe mich in seine Nähe.
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