Weddingplanerin mit Herz (German Edition)
versehentlich an ihr auslasse!
Wenig später hat meine Durststrecke ein Ende, unter Gelächter und fröhlichem Geplapper stürmt die Gesellschaft den Saal, allen voran das Brautpaar. Hand in Hand und immer noch voll happy. Beim ersten Tisch hält der Bräutigam an, greift nach einem Messer und klopft gegen ein Weinglas.
»Ihr Lieben! Schön, dass ihr mit uns feiert. Falls jemandseinen Platz nicht findet, darf er sich bestimmt …«, er unterbricht seine Rede und blickt sich suchend um, sieht mich, strahlt wieder und fährt mit zu mir gestrecktem Arm fort, »… an einen der großartigen Mitarbeiter von Bonjour wenden, die den Überblick über den Sitzplan haben. Bevor die langen Reden kommen, wünsche ich einen guten Appetit!«
Mir wird heiß und kalt gleichzeitig. Überblick über die Sitzordnung!? Wo hab ich denn … Mist und dreimal Mist! Ich habe nur noch drei Viertel des Plans – im leichten Knitterlook. Jetzt werden Stoßgebete fällig, dass die Herrschaften sich bei der Suche geschickt anstellen und zumindest aus dem fehlenden Viertel keiner nachfragt. Eine sollte ihren Platz ja besonders gut kennen!
Es raschelt hinter meinem Rücken, dann spüre ich, wie mir von hinten etwas in die linke Hand geschoben wird.
»Bevor du etwas vermisst …«
»Danke, Noah!«, sage ich.
Zum Glück findet nur ein älteres Pärchen seinen Platz nicht und sie sind beide so kurzsichtig, dass ihnen die zerknautschen Puzzlestücke nicht auffallen.
Dann beginnt die Schlacht ums warme Buffet. Es erschreckt mich jedes Mal, wie gierig und rücksichtslos die Leute stürmen. Als ob sie seit Tagen nichts gegessen hätten, ausgehungert wie ein Rudel Löwen auf der Jagd. Sehr passender Vergleich im Zoo!
Ältere Damen setzen geschickt ihre Handtaschen als Waffenein, um die Gegner abzudrängen. Jüngere Frauen verlassen sich auf die spitzen Absätze ihrer Pumps, ein geschickter Schritt nach hinten oder zur Seite und der Futterkonkurrent jault nur noch auf. Die Herren unterbinden ein Überholmanöver mit Bauch oder Ellbogen, je nachdem, was weiter vorsteht. Kinder geben sich gar nicht erst die Mühe, ihren Heißhunger zu beherrschen, sondern schlüpfen unter allen Beinen durch und grapschen mit beiden Händchen zu.
Nach der ersten Runde wird es wie meistens ruhiger. Die Gäste haben begriffen, dass wir nicht zu wenig Nahrung angekarrt haben, manche geben bereits auf, was die Schlange beim Nachschlag kleiner werden lässt und den Druck abschwächt. Es folgen die entspannten Momente der gefräßigen Stille.
Noah taucht neben mir auf. »Den Höhepunkt hast du leider, leider verpasst!«
»Ach, haben sie etwa nicht Ja gesagt?«
Noah lacht. »Nur fast so gut, der Tiger hat ständig dazwischengebrüllt, sodass nicht einmal der Standesbeamte das gehauchte Ja der Braut verstanden hat und sie es fünf Mal wiederholen musste.«
»Sei nicht so gemein, die beiden sind doch nun wirklich Zucker und ehrlich verknallt ineinander!«, schimpfe ich ihn.
Noah zieht eine Grimasse. »Ja-ha, das bestreite ich gar nicht!«
»Was passt dir dann schon wieder nicht?«
»Es ist alles so, so künstlich. Eingesperrte Tiere …«
»Mannomann, was hast du anderes erwartet in einem Zoo?«
»Deshalb gehe ich normalerweise nicht in Zoos. Die Tiere sind in der freien Wildbahn viel, viel schöner!«
»Wo willst du einen Leoparden schon in freier Wildbahn gesehen haben? Oder leben die bei dir im Vorgarten?«, frage ich gehässig.
Noah ignoriert meinen höhnischen Angriff. Versonnen blickt er durch mich hindurch.
»Auf Safari in Afrika. Ein faszinierender Kontinent mit einer Leuchtkraft, die kann man sich hier in Europa gar nicht vorstellen!«
Meine spitze Erwiderung schlucke ich runter. Noahs Gesichtsausdruck ist ganz weich geworden. Er ist also doch nicht nur so zynisch, wie er immer tut. Sogar Gefühle hat er, nur nicht für ein Mädchen, sondern für ein Land, wie es aussieht. Dummerweise kann ich zu dem Thema nichts beitragen. Ich mag zwar Tiere sehr, aber mit Afrika habe ich mich noch nie beschäftigt, außer in Erdkunde in der Schule, und das Wissen wird nicht genügen, um vor Noah aufzutrumpfen.
Während ich wenigstens über eine Frage nachgrüble, die ich stellen könnte, ohne als Nullpeilerin dazustehen, nehme ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr. Oben, im Kristalllüster. Sanft schwingt er hin und her. Ich blinzle, weil ich gegen das helle Licht kaum etwas erkennen kann, und remple Noah leicht in die Seite.
»Du guck mal, Safari-Meister,
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