Weddingplanerin mit Herz (German Edition)
will ihn herausziehen, aber es geht nicht, auch nicht mithilfe der zweiten Hand.
Noah setzt sich in Bewegung. Natürlich sieht der Affe ihn kommen, doch er will den Leckerbissen nicht wieder hergeben. Er zerrt und zerrt. Fast ist Noah bei ihm – jetzt wird es spannend!
Der Affe hebt den Kopf und weicht einen halben Schritt nach hinten aus.
Mist, er will abhauen!
Nein, doch nicht, die Gier siegt. Der Affe flitzt zurück. Er will diese Frucht und verteidigt sie mit gefletschten Zähnen gegen Noah. Davon lässt sich Noahallerdings kaum beeindrucken, mühelos befreit er den Apfel und streckt ihn dem Äffchen hin. Der Kleine vergisst seine ganze Skepsis, Hauptsache, er darf endlich naschen. Während der Affe nach dem Apfel greift, greift Noah nach dem Affen. Problemlos kann er ihn auf den Arm nehmen und festhalten.
Ich krabble aus meinem Busch, richte mich auf und gehe auf die beiden zu.
»Wahnsinn, du bist ja so was wie ein Affenflüsterer!«, rufe ich.
Noah lacht. »Zu viel der Ehre. Den Trick hat mir unser Safari-Führer erzählt. So ähnlich lassen sie sich angeblich von Schimpansen zu deren Wasserlöchern führen. Ich war nicht mal sicher, ob was dran ist und andere Affenarten damit auch zu locken sind.«
Ich lache. »Jetzt weißt du es!«
Endlich kann ich Madame anfunken und ihr die gute Nachricht übermitteln. Wir machen uns auf den Rückweg und schon nach ein paar Metern kommt uns der Tierpfleger entgegen und nimmt seinen Ausreißer in Empfang. Wie genau er sich aus seinem Gehege schummeln konnte, muss er noch herausfinden, damit der kleine Affe künftig nicht regelmäßig auf Beutezüge geht. Wahrscheinlich ein Loch im Zaun, das so klein ist, dass nur der Winzling durchpasst, oder ein unvorsichtiger Pfleger hat ihn versehentlich nach der Fütterung mit nach draußen genommen. Ich will mir lieber nicht ausmalen, was passieren würde, wenn die Pfleger bei dem Tiger auch so leichtsinnig wären. Abererst mal bin ich froh, dass unser Affe für eine weitere Bestechung in Form von Erdnüssen problemlos bereit ist, sich den Schmuck abnehmen zu lassen.
Die Braut ist happy und drückt mich an sich (und steckt mir ein Trinkgeld zu), Brautvater und Brautmutter sind erleichtert über die Rückkehr des Familienschmucks (und stecken mir ein Trinkgeld zu), der Bräutigam ist froh, dass er keinen neuen Schmuck kaufen muss (und steckt mir ein Trinkgeld zu), Madame ist stolz wie Bolle, dass ihre Mitarbeiterin die Situation gerettet hat (und steckt mir kein Trinkgeld zu) und Noah zieht sich hinter seine Linse zurück und fotografiert das ganze Glück und die Erleichterung.
Und ich? Ich weiß, dass ich Lob und Geld nur zu einem sehr, sehr geringen Teil verdient habe, weil ich ohne Noah wahrscheinlich immer noch erfolglos hinter dem Affen her wäre.
Doch urplötzlich hat er es unglaublich wichtig mit seiner Fotografiererei. Sobald ich mich ein paar Minuten loseisen kann und auf ihn zusteuere, um mich noch einmal richtig zu bedanken und um ihm die Hälfte des Trinkgelds zu übergeben, die ihm mehr als zusteht, dreht er sich um und fängt wie wild an zu knipsen. Irgendwelche Gäste sollen sich zu kleinen Grüppchen formieren, ein Ober ihm ein Weinglas vor die Linse halten, ein Mädchen eine Pirouette drehen oder sonst irgendeinenKäse, der wahrscheinlich auch noch etwas Zeit gehabt hätte. Bis Noah mit der Knipsrunde durch ist, habe ich einen neuen Auftrag und muss wieder weg. So geht es hin und her und ich habe den Verdacht, er weicht mir absichtlich aus, ohne dass ich begreife, warum. Einen zusätzlichen Obolus mag doch jeder, oder? Weshalb verweigert er dann die Übergabe? Oder glaubt er vielleicht, ich will die Kohle allein einheimsen und ist deshalb beleidigt? Na, dem werde ich was erzählen, wenn ich ihn in die Finger kriege! Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich so was niemals machen würde. Er kennt mich natürlich noch nicht sehr gut, aber er wird mich kennenlernen, das schwöre ich!
Meinen nächsten Versuch starte ich kurz vor dem offiziellen Showprogramm. Bisher dachte ich, auf Hochzeiten werden endlos lange Reden geschwungen oder Freunde und Bekannte führen ein paar Sketche auf. So wird es jedenfalls bei meiner Schwester sein. Seit den Claussens weiß ich, dass die Reichen und Superreichen meist selbst für die Unterhaltung sorgen, um den Punkt genauso wenig dem Zufall zu überlassen wie die Zeremonie oder das Essen. Wahrscheinlich möchten sie ihren Freunden den peinlichen Auftritt anderer Freunde ersparen,
Weitere Kostenlose Bücher