Weg da das ist mein Fettnapfchen
ich am nächsten Morgen wie ein Nasenaffe – oder wie Owen Wilson, falls sich das Schicksal nicht für eine Lösung aus dem Tierreich, sondern für eine aus der Unterhaltungsbranche entscheiden sollte – mit zwei hübschen Veilchen aussehen würde.
Doch wie durch ein Wunder waren meine Augen am nächsten Morgen unversehrt, und meine Nase war auch nicht bis zur Unkenntlichkeit angeschwollen, was der Beweis war, dass sie nicht gebrochen sein konnte. Ich brauchte keine Röntgenaufnahme oder einen Assistenzarzt, der mein Gesicht in die Hände nahm und hin und her drehte, um mir das zu bestätigen. Ich konnte zwar kaum atmen, an Anfassen war nicht einmal zu denken, aber meine Nase sah absolut okay aus, obwohl mein Ehemann nach wie vor darauf bestand, dass ich zum Arzt müsste.
»Mit einem Kleiemuffin wird es auch nicht besser«, sagte ich. »Das heilt schon von allein. Außerdem ist nichts gebrochen. Keine Veilchen, gar nichts.«
»Würdest du ohnmächtig werden, wenn du jetzt niesen müsstest?«, fragte er.
»Nein«, antwortete ich wahrheitsgetreu. »Es würde mich umbringen.«
Meine Nase war nicht gebrochen. Ich wusste, dass es so war. Sie war nur ein bisschen geprellt, sagte ich mir, und deshalb konnte ich sie zwei Monate lang auch kaum berühren. Aber eines Tages, Monate später, stand ich vor dem Spiegel und begutachtete wieder einmal meinen adoleszenten Bartflaum von allen Seiten, als mein Blick auf meine Nasenlöcher fiel. Meine einstmals perfekten, symmetrischen Nasenlöcher – ja, ich weiß, es ist ein bisschen schräg, von den eigenen Nasenlöchern zu schwärmen, aber sie waren nun mal die einzigen paarweisen Körperteile an mir, die wirklich absolut hundertpro zueinanderpassten und mich als Model für Nasenspraywerbung qualifizierten – glichen einander plötzlich nicht mehr wie ein Ei dem anderen. Nicht nur, dass sie nicht länger symmetrisch waren und ich damit meine Alternativkarriere als Nasenlochmodel in den Wind schreiben konnte – nein, sie saßen nicht mehr mittig in meinem Gesicht, und das rechte war irgendwie zusammengequetscht so wie das von Stevie Nicks nach ihrem Nasenkollaps.
Es sieht also ganz so aus, als wäre meine Nase tatsächlich gebrochen gewesen. Aber wenn man auf den eigenen Kater tritt, der übrigens mit einem Schreck davongekommen ist, weiß man eben nie im Voraus, was passiert. Ein Kater kann seinem Besitzer mit einem einzigen Pfotenhieb die Haut am Bein abziehen oder eben die Nasenlöcher für immer verstümmeln. Und ich dachte, wenn ich das überlebe und als Folge eben mit asymmetrischen Nasenlöchern weiterleben muss, wende ich ab sofort immer die »Einfach abwarten, das heilt von allein«-Methode an. Schließlich lief es auf dasselbe hinaus wie ein Besuch beim Arzt, und ich musste mich nachts nicht in eine Hose zwängen. Für mein Empfinden war das Ganze ökonomisch, praktisch und zeugte tendenziell von Genügsamkeit, auch wenn meine Sterbewahrscheinlichkeit geradezu exponentiell nach oben geschnellt war.
Doch als ich in die Schere trat und das Blut pulsierend aus meinem Fuß sprudelte, wusste ich, dass meine gewohnte Taktik in diesem Fall nicht funktionieren würde. Das Risiko, Wundstarrkrampf zu kriegen, war einfach ein bisschen zu groß, obwohl die Vorstellung, wie ich vor den Augen meiner Mutter im Nachthemd im Spinnengang die Treppe runterkomme, durchaus ihren Reiz hatte.
Ich saß also im Wartezimmer, als die Sprechstundenhilfe kam und mich aufrief. Ich stand auf und humpelte auf sie zu, bereit, mein Rezept für Kleiemuffins in Empfang zu nehmen.
Ich hatte das Gefühl, endgültig die Reife einer Banane erlangt zu haben.
Bombenalarm
»Tja, wie soll ich sagen«, meinte meine Mutter, als ich ihr am Telefon die Ankunftszeit meines Flugzeugs in Phoenix durchgab. »Genau zu dieser Uhrzeit sind wir unterwegs ins Restaurant zum Abendessen. Und das Restaurant ist leider nicht in der Nähe des Flughafens.«
Ich hatte meine Familie seit Weihnachten nicht mehr gesehen, was ein halbes Jahr her war. Ich hatte ja nicht erwartet, dass ich mit einem Orchester und Fähnchen empfangen wurde, aber ein Taxi zum Haus meiner Eltern nehmen zu müssen, das mehr kostete als mein Flugticket, um mich dann bei fünfunddreißig Grad auf die Treppe zu setzen und zu warten, bis sie nach Hause kamen, erschien mir auch nicht gerade als das Wahre.
»Ruf deine Schwester an. Vielleicht kann sie dich ja abholen kommen«, fuhr meine Mutter fort. »Dieses Restaurant ist bei Diners, Drive-Ins and
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