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Weg da das ist mein Fettnapfchen

Weg da das ist mein Fettnapfchen

Titel: Weg da das ist mein Fettnapfchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Notaro Laurie
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Dives vorgestellt worden. Kennst du die Sendung? Ist ein italienisches Lokal, aber der Typ im Fernsehen mit den grauen Haaren meinte, es sei trotzdem gut. Er fährt ständig durch die Gegend und isst sogar in den übelsten Spelunken, deshalb muss er es ja wissen. Aber jetzt ist es zu spät, um es noch rückgängig zu machen. Ich habe schon reserviert.«
    »Wann denn?«, hakte ich nach.
    »Na ja, ich wollte gerade anrufen«, gab sie zurück.
    Zu ihrer Verteidigung muss ich sagen, dass sie Geburtstag und damit das Recht hatte, sich das Restaurant auszusuchen, das sie besuchen wollte. Zu meiner Verteidigung muss ich dagegenhalten, dass ich hinfliegen und sie überraschen wollte – ein vor Monaten geschmiedeter Plan, der auf einmal komplett seinen Reiz verlor, da sie allem Anschein nach ja doch nicht für eine Uhrzeit reserviert hatte, sodass ich nach der Landung rechtzeitig da wäre, und mein Vater, der in das Komplott eingeweiht gewesen war, hatte sie ans Telefon vorgeschickt, damit sie mir genau das sagte.
    »Tut mir leid«, erklärte mein Vater, als meine Mutter ihm den Hörer zurückgab. »Dieser Albino-Typ aus dem Fernsehen ist an allem schuld. Deine Mutter hat gestern Abend in seiner Sendung gesehen, wie die Kalbsschnitzel mit Parmesanpanade zubereitet haben, deshalb gibt es jetzt kein Halten mehr.«
    Das ist typisch für meine Familie. Mein Großvater hat im Zweiten Weltkrieg zwei Jahre lang als Sanitäter in Frankreich und Belgien zugebracht, und als er schließlich nach Hause zurückkehrte – nachdem er zu Fuß mehrere Länder durchquert und versucht hatte, irgendwelchen Soldaten das Leben zu retten, bevor er auf der Queen Mary den Atlantik überquerte und in Brooklyn direkt nach dem Anlegen in ein Taxi sprang, um zu meiner Oma zu eilen –, fand er das Haus leer vor. Meine Großmutter und meine Mutter (die mein Großvater noch nicht kennengelernt hatte, weil sie erst wenige Monate zuvor zur Welt gekommen war) waren nicht da.
    »Es war Abendessenszeit«, erklärte meine Oma sechzig Jahre später. »Mein Vater rief an, das Essen stünde auf dem Tisch. Was sollte ich denn machen? Alle warteten schon auf mich. Und Opa war zu spät dran!«
    Darin zeigt sich, dass meine Familie gegen den Reiz von Tomatensoße und geschmolzenem Käse schlichtweg machtlos ist; das pure Vorhandensein oder die Erwähnung von etwas Essbarem übt eine geradezu magische Anziehungskraft auf sie aus. Nicht einmal auf den lange verschollenen Patriarchen konnte man ein Viertelstündchen warten – und das, nachdem dieser mitgeholfen hatte, die Weltherrschaft der Nazis zu unterbinden und damit die Menschheit davor zu bewahren, auf sämtlichen Speisekarten Sauerkraut und Würstchen vorzufinden. Insofern sollte ich wohl froh sein, dass ich nur aus Oregon angeflogen kam und vor einem leeren Haus stand und nicht nach Jahren in denselben Klamotten heimkam, nur um feststellen zu müssen, dass ich zwar gegen die schlimmste Diktatur der Menschheit gekämpft und den Sieg über das Böse errungen hatte, dafür jedoch nun gegen eine Frikadelle den Kürzeren zog.
    Es stellte sich heraus, dass meine Schwester mich mit dem allergrößten Vergnügen abholte, obwohl sie noch nicht zu Abend gegessen hatte, und damit sowohl die jahrhundertelange Familientradition brach als auch ihre eigenen Urinstinkte besiegte.
    »Wie schaffst du es nur, dich bei Mom und Dad einzuquartieren?«, fragte sie, kaum dass ich auf dem Beifahrersitz saß. »Ich musste gestern kurz rüberfahren, um die Kinder abzuholen, und habe gerade mal acht Minuten durchgehalten. Mom wusste nicht, wie man ein Attachment versendet, also habe ich es ihr gezeigt, mehrere Male sogar, aber sie hat es einfach nicht kapiert. Am Ende habe ich gesagt: ›Siehst du denn diese Büroklammer nicht? Das Büroklammersymbol zeigt dir, dass du ein Dokument angehängt hast.‹«
    Offenbar hatte meine Mutter vergeblich die Mail abgesucht und meine Schwester angepflaumt, sie hätte keine Ahnung, wovon zum Teufel sie spreche, und meine Schwester habe offenbar genauso wenig Ahnung wie sie selbst.
    »›So, so, ich habe also keine Ahnung, wovon ich rede, ja?‹, habe ich zu ihr gesagt«, fuhr meine Schwester fort. »›Dann sieh mal hier. Diese Büroklammer beweist, dass ich weiß, wie man ein Dokument anhängt. Ich weiß so was von genau, wie das geht.‹«
    »Aber da ist keine Büroklammer«, erwiderte meine Mutter. »Du redest ständig von einer Büroklammer, aber da ist weit und breit keine!«
    »Wieso, hier ist sie

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