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Weg da das ist mein Fettnapfchen

Weg da das ist mein Fettnapfchen

Titel: Weg da das ist mein Fettnapfchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Notaro Laurie
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doch«, beharrte meine Schwester und deutete mit dem Finger auf den Bildschirm. »Genau hier.«
    »Oh«, sagte meine Mutter plötzlich. »Du meinst das kleine ›g‹ da?«
    »Sieht es für dich etwa wie ein kleines ›g‹ aus?«, fragte meine Schwester, als sie den Freeway entlangbretterte. »Und gerade als ich an der Haustür stand und die Kurve kratzen wollte, kam Dad und wollte wissen, ob ich eine Ahnung habe, wie man gelöschte E-Mails zurückholen kann«, fuhr sie fort. »Anscheinend speichert er all seine alten Mails im Papierkorb, und Mom war gestern am Computer und hat sie alle gelöscht. Er war echt sauer und meinte, wenn er sie löschen wollte, würde er das schon selbst machen, und jetzt sind sie weg. Jede einzelne wichtige Mail, die er nicht gelöscht haben wollte, ist weg.«
    »Wieso lagen denn die wichtigen Mails überhaupt im Papierkorb?«, erkundigte ich mich.
    »Wieso stellst du eine derart unqualifizierte Frage?«, schoss sie wutschnaubend zurück. »Wie kann eine Büroklammer wie ein kleines ›g‹ aussehen?«
    Ich nickte. Alles klar. Ich muss zugeben, das Vorhaben, nach Hause zu fliegen und bei meinen Eltern zu übernachten, sollte dringend überdacht werden. Obwohl ich vor langer, langer Zeit von zu Hause ausgezogen bin, noch bevor Lady Gaga überhaupt geboren war – mit viel Brimborium, einschließlich trotzig meine Klamotten in den Kofferraum pfeffern und mit quietschenden Reifen davonfahren –, werde ich wieder zum Kind, sobald ich meinen Koffer über die Dielenfliesen ziehe, denn das Elternhaus ist nun mal das Haus, in dem meine Eltern die Eltern sind und die Kinder die Kinder.
    Ich habe mich in der Vergangenheit sogar bei der Frage ertappt, ob ich wohl »vor dem Essen einen Keks kriege«, und lege mich beim Heimkommen nach einer Verabredung jedes Mal mächtig ins Zeug, um vor meinen Eltern bloß nicht angeheitert zu wirken, obwohl ich den ganzen Abend nur Mineralwasser getrunken habe.
    Vielleicht bin ich auch nur von all den Jahren konditioniert, in denen sich meine Mutter fünf Minuten nach dem Zapfenstreich bereits in der Nische in der Diele postiert hatte, um mich abzufangen. Auf der Junior Highschool beging ich einmal den großen Fehler, zwar pünktlich zur verabredeten Zeit nach Hause zu kommen, mich allerdings kaum auf den Beinen halten zu können – das Ergebnis einer echten Fehlentscheidung einer unreifen Fünfzehnjährigen namens Laurie, der zu Ohren gekommen war, dass ein Junge, den sie sehr, sehr gern mochte, auf ein anderes Mädchen stand. Meine Mutter, eindeutig unerfahren in der Einschätzung derart unnatürlichen Verhaltens, verkündete im Brustton der Überzeugung, ich sei auf einem LSD -Trip, und unsere Familie stecke in einer tiefen Krise, obwohl mein Zustand lediglich auf eine ungesunde Mischung aus Limo und Gin zurückzuführen war. Von diesem Tag an unterzog sie mich jeden Abend beim Nachhausekommen einer eingehenden Prüfung auf eventuellen LSD -Genuss und startete ihre persönliche Anti-Drogen-Kampagne, die daraus bestand (und sich zum Glück darauf beschränkte), dass ich mir ein Nachmittagsspecial auf ABC ansehen musste, bei dem Melissa Sue Anderson aus Unsere kleine Farm über Drogen referierte, und sie mir Vorträge über ihre Erkenntnisse aus den Drogensongs im Radio und ihrer Lektüre von Helter Skelter – Der Mordrausch des Charles Manson hielt, dem einzigen Buch zwischen 1976 und 1985, das sie je ganz gelesen hatte (zumindest lag es so lange auf dem Toilettenspülkasten). Ihre Sachkenntnis war also mehr als unvollständig, was sie jedoch nicht von der festen Überzeugung abhielt, sie verfüge über die Qualifikation, einen im Drogenrausch Halluzinierenden von jemandem zu unterscheiden, den nur ein einziges Glas von einer Alkoholvergiftung trennt.
    »Ich weiß genau, was es mit Lucy in the Sky with Diamonds auf sich hat«, pflegte sie zu sagen und nahm einen letzten Zug von ihrer Zigarette, als ich die Küche betrat. »Mich kannst du nicht für blöd verkaufen.«
    »Das ist doch total krank, Mom«, erwiderte ich und schenkte mir ein Glas Milch ein. »Ich dachte, du boykottierst die Beatles, seit sie sich weigern, Krawatten zu tragen, und du ihre Ohrläppchen nicht mehr sehen kannst.«
    »Ich wette, du glaubst, du könntest in dein Zimmer fliegen, stimmt’s?«, gab sie zurück und reckte zu meiner Verblüffung die Finger zum Siegeszeichen. »Wie viele Finger sind das? Oder bist du zu zugedröhnt, um sie noch zählen zu können?«
    »Das sind zwei Finger,

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