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Weg da das ist mein Fettnapfchen

Weg da das ist mein Fettnapfchen

Titel: Weg da das ist mein Fettnapfchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Notaro Laurie
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wurde, dass sich die Exgefängnisinsassin regelmäßig mit ihrem Bewährungshelfer treffen würde, wenn ihr Freund dafür über Nacht bleiben durfte. Bei meiner Mutter und mir beschränkte sich die Dokumentation unserer Fortschritte darauf, dass ich das kühne Versprechen gab, künftig das Handtuch hübsch an den Haken zu hängen, statt es auf den Boden zu werfen, und nicht mehr ganz so laut meine AC/DC -Platte zu hören. Hätte es eine Alternative zu den Umarmungsszenarien gegeben, hätten wir sie gewiss wahrgenommen und stattdessen lieber freiwillig das ganze Wochenende Bohnendosen mit der Hand aufgemacht.
    Aber das stand leider nicht zur Debatte. Unsere erste unfreiwillige Umarmung lässt sich bestenfalls als verlegen und ungelenk bezeichnen. Es war, als versuchte jemand, zwei gleich gepolte Magnete einander anzunähern. Es wäre ein echter Gnadenakt gewesen, wenn jemand eingegriffen und dem Schauspiel ein Ende bereitet hätte, aber leider machte keiner irgendwelche Anstalten. Also bemühten wir uns weiter, aus verschiedenen Winkeln und ohne Blickkontakt, bis unsere Kinne im Zuge des lähmend umständlichen Versuchs, einander in die Arme zu schließen und die Berührung auf ein Minimum zu reduzieren, flüchtig aneinanderstreiften und wir erleichtert Vollzug melden konnten.
    Wir sind nun einmal keine kuschelfreudige Familie. Das ist eben so. Ich kann mich nicht erinnern, dass es zwischen meiner Mutter und mir vor der Kinnepisode je zu einer absichtlichen Berührung gekommen wäre, zumindest nicht mehr seit meinem siebten Lebensjahr, und selbst damals passierte es nur, wenn sie mir beim Zubinden der Schnürsenkel oder beim Haarewaschen half. Wenn man umarmt werden wollte, gab es Stofftiere oder die Kindergartentante. Meine Mutter war zu beschäftigt mit Saubermachen, Staubsaugen und Aufwischen. »Das Leben ist kein Streichelzoo« – ich glaube, das hat sie immer zu uns gesagt –, »und je schneller ihr euch das hinter die Ohren schreibt, umso besser. Ihr wollt gern umarmt werden? Tja, dann geht ganz langsam, ganz oft, ganz dicht an Transportern vorbei.«
    Ich habe meine Mutter nie gefragt, weshalb Umarmungen bei uns in der Familie nicht hoch im Kurs standen, weil ich die Antwort ohnehin kannte. »Willst du lieber umarmt werden, oder willst du leben?«, hätte sie nur entgegnet. »Ich hätte meine Zeit natürlich auch damit verbringen können, dich in den Arm zu nehmen, statt dir zu erklären, dass du nicht auf die heiße Herdplatte fassen und keine Süßigkeiten von fremden Männern annehmen sollst. Was wäre dir lieber gewesen?«
    Zum Leidwesen meiner Mutter verließen wir das Verbrecher-Camp als die unbeliebtesten Mitglieder der ganzen Gruppe. Mit gesenkten Köpfen schlurften wir nach Hause in der Gewissheit, dass wir definitiv nicht die schwachköpfigen Arschlöcher waren, für die man uns hier hielt.
    »Keiner von denen«, erklärte meine Mutter, als wir draußen auf meinen Vater und meine Schwestern warteten, die uns abholen kommen sollten, »war normal. Und ich wette, wenn die Tochter in einem Tunnel haust, ist es bei der Mutter zu Hause garantiert dreckig, und sie hat seit Jahren den Boden nicht mehr gebohnert.«
    Meine Mutter, die ganz genau wusste, wenn sie danebengegriffen hatte, versuchte nie wieder, mir ein Seminar zur Verhaltensänderung oder Derartiges aufs Auge zu drücken. Ebenso wenig kam es je wieder dazu, dass sich unsere Kinne berührten, da wir fortan alles daransetzten, mindestens einen halben Meter Abstand voneinander zu halten.
    Was allerdings nicht bedeuten soll, dass sie ihre Versuche, mich und meine Schwestern mit Horrorszenarien zu traktieren, einstellte. Ganz im Gegenteil. Es war schließlich ihre Aufgabe, uns für all die schädlichen Einflüsse auf dieser Welt zu rüsten. Es war von größter Wichtigkeit, uns beizubringen, dass nicht jeder die besten Absichten verfolgte und spontane Zutraulichkeit nur etwas für Menschen war, die nicht in New York City aufgewachsen sind. Wenn jemand aus unerfindlichen Gründen nett zu einem war, log er in aller Regel und wollte etwas von einem. Fragte einen jemand nach dem Weg, wollte er dir in Wahrheit deine Niere klauen, und wenn man einem Penner einen Dollar in die Hand drückte, gab er ihn unweigerlich für etwas Verbotenes aus, obwohl ich zugeben muss, dass ich mich in diesem Punkt regelmäßig über die Anweisungen meiner Mutter hinwegsetze. Unweit von uns gibt es einen Obdachlosen, dem ich gelegentlich etwas gebe. Wenn er einen ansieht, stellt

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