Weg des Zorns 01 - Die Kriegerin
nicht, Alley?«
»Nein, Sir.« Sie erwiderte das Lächeln. »Das ist nur der gesunde Menschenverstand, der sich hier zu Wort meldet. Die Echsen haben innerhalb ihres Kordons zwei kleine Städte und ein halbes Dutzend Dörfer errichtet.«
»Unsere Zielerfassung ist so genau, dass wir die nicht treffen«, protestierte Watts.
»Und HG-Waffen sind auch ›sauber‹«, gestand Alicia ein. »Die produzieren keinen Fallout. Aber was Abrams Sorgen machen wird, ist etwas anderes: Wenn es dort zu beträchtlichen Verlusten unter der Zivilbevölkerung kommen sollte - selbst wenn diese Verluste durch die Rish hervorgerufen wurden -, und wir haben in einer besiedelten Region des Planeten HG-Waffen eingesetzt, dann werden die Gegner des Imperiums diese Geschichte allesamt so verdrehen, wie es denen gerade passt. Das bedeutet, es wird jede Menge Berichte darüber geben, in allen Medien und auf allen Infotafeln und liebevoll detailliert, inwieweit wir für diese Verluste verantwortlich sind. Dass darin kein Funken Wahrheit liegt, wird deren Propagandamühlen doch nicht verlangsamen, oder?«
Watts wirkte immer noch, als wolle er protestieren, doch er biss nur die Zähne zusammen und schüttelte unwillig den Kopf.
»Also: Wenn wir nicht dort einmarschieren, dann werden Brigadier Sampsons Leute sich letztendlich doch den Weg auf dem Boden freikämpfen müssen. Und dann werden sie noch deutlich schlimmere Verluste zu beklagen haben als jetzt schon. Ganz zu schweigen davon ...« - nun blickte Alicia wieder zu Keita hinüber -, »dass schwere Verluste innerhalb der Zivilbevölkerung immer wahrscheinlicher werden, je länger sich die Gefechte hinziehen ... vor allem, wenn dort wirklich bereits Sprengladungen angebracht wurden und nun zur Detonation gebracht werden. Das dürfen wir nicht zulassen, wenn wir es irgendwie vermeiden können. Erstens, weil es moralisch einfach falsch wäre, und zweitens, weil es politisch katastrophale Folgen haben kann, wenn die Propagandisten sich an die Arbeit machen.«
»Aber ...«, wollte Keita schon widersprechen, doch dann hielt er inne. Kurz blickte er Alicia scharf an, dann zuckte er unglücklich mit den Schultern.
»Sie haben gewonnen, Alley«, sagte er. »Es gefällt mir nicht, aber Sie haben leider recht - zumindest was die Konsequenzen betrifft, die es haben wird, falls wir uns für irgendeine andere Vorgehensweise entscheiden. Ich dachte nur ...«
Wieder stockte er und schüttelte zornig den Kopf, und Alicias Grinsen wurde deutlich schiefer.
Das hier ist nicht Shallingsport, wollte sie ihm sagen. Dieses Mal haben wir selbst Nachrichtendienste und die Taktik-Daten im Auge.
Natürlich konnte sie es nicht aussprechen. Ebenso wenig, wie er aussprechen durfte, dass er fürchtete, es könnte zu einem zweiten Shallingsport werden.
»In diesem Falle«, sagte sie stattdessen, »sollten wir wohl meine Leute herholen und ihnen gestatten, den Plan vorzutragen, den wir für diesen Einsatz bereits vorbereitet haben.«
»Alles bereit, Skipper?«, erkundigte sich First Sergeant James Król über den Kommandokanal von Alicias Dynamik-Panzerung.
Alicia blickte auf und sah, dass der leitende Unteroffizier der Charlie-Kompanie neben Sergeant Ludovic Thönes stand. Król, einer der drei Überlebenden von Shallingsport, die immer noch in der Charlie-Kompanie Dienst taten, hatte vor elf Monaten Pamela Yussufs alten Posten geerbt, während Thönes zugleich als der Kontorist der Kompanie und als Alicias Katschmarek fungierte. Seit etwas mehr als drei Standardjahren arbeiteten sie nun zusammen - seit man Alicia zur Kompaniechefin befördert hatte. Gleichzeitig war Tannis in den Rang eines Lieutenants aufgestiegen, und man hatte ihr auch den Posten der Zugführerin des Zweiten Zuges angeboten, doch sie hatte sich dafür entschieden, nach Alterde zurückzukehren und ihr Medizinstudium abzuschließen. Derzeit war sie am Johns Hopkins/Bethesda von Charlotte tätig - dem gleichen Krankenhaus, in dem Fiona DeVries derzeit die chirurgische Abteilung leitete.
Alicia vermisste Tannis sehr, aber sie hielten immer noch Kontakt zueinander, und Tannis war mittlerweile auch Alicias Mutter eine gute Freundin geworden. Tatsächlich kannte sie mittlerweile Alicias ganze Familie und war fast zur dritten Tochter des Hauses geworden. Ihre Entscheidung gegen weitere Kampfeinsätze hatte Tannis' Karriere nicht im Mindesten geschadet. Dem Kader fehlte es ständig an Mitarbeitern im medizinischen Stab, und einer der Gründe, warum man
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