Weg des Zorns 01 - Die Kriegerin
dieses Begriffes war beim mysorthayak nicht vorhanden. Er umfasste die Ehre des Clans, Ehrenschulden und die allgemeine Sturheit der Rish. Andererseits war der Ehrenkodex der Rishatha verworren genug, um den Gebrauch von ›Dschihad‹ vielleicht doch zu rechtfertigen. Sobald Rishatha-Matriarchinnen sich erst einmal dem mysorthayak hingegeben hatten, wichen sie niemals mehr zurück. Sie kämpften und starben, wo sie gerade standen, und wenn ihnen die Möglichkeit offenstand, dann legten sie in ihren Stellungen zahlreiche nukleare Sprengsätze aus, um so viele Feinde in den Tod zu reißen, wie sie nur konnten.
»Sie wollen mir damit also sagen«, griff Truman den Gedanken wieder auf, »dass, wenn ich den Ansturm vorgesetzt hätte, die Rish nur gewartet hätten, bis meine Leute und ich weit genug in ihre Stellungen vorgedrungen wären, um uns dann in die Luft zu sprengen?«
»Ich will damit sagen, dass diese Möglichkeit sehr wohl bestanden hätte«, verbesserte DeVries ihn penibel. »Mehr kann ich ohne bessere Taktik-Informationen nicht aussagen. Aber ob das nun geplant war oder nicht, auf jeden Fall werden wir, bevor dieser Einsatz vorbei ist, mit genau diesem Problem konfrontiert werden. Es sei denn natürlich, wir würden irgendetwas dagegen unternehmen.«
»Was meinen Sie damit?«, fragte Truman und blickte den Kader-Captain mit zusammengekniffenen Augen an.
»Ich meine damit, die einzige Möglichkeit, die Verluste zu vermeiden, die ein mysorthayak normalerweise fordert, besteht darin, der Kommandostruktur der Echsen den Kopf abzuschlagen.«
»›Den Kopf abschlagen‹«, wiederholte Truman und legte die Stirn in Falten. »Und was meinen Sie nun damit?«
»Zufälligerweise, Major Truman«, erklärte DeVries ihm mit einem säuerlichen Lächeln, »habe ich eine xenologische Facharbeit zur Rishatha-Psychologie vorgelegt. Das ist zweifellos der Grund, warum Brigadier Keita ausgerechnet meine Kompanie für dieses kleine Abenteuer hier eingeteilt hat. Sie können darin ja die Belohnung für mein eifriges Streben sehen, den Feind besser verstehen zu wollen.«
Unwillkürlich schnaubte Truman belustigt, als er hörte, wie knochentrocken der Captain ihm das erklärte.
»Wie dem auch sei«, sprach DeVries dann deutlich ernsthafter weiter. »Die beste Möglichkeit, eine mysorthayak-Verteidigung zu besiegen, besteht darin, sie an der Quelle ›abzuschalten‹. Für manche Konzepte im Ehrenkodex der Rishatha gibt es kein menschliches Gegenstück, aber die Matriarchinnen verstehen sehr wohl die Begriffe ›Einzelkampf‹ und ›ehrenhafte Kapitulation einem würdigen Gegner gegenüber‹. Und wenn die Kriegsmutter, die diese kleine Invasion hier befehligt, ihren Truppen die Anweisung zu kapitulieren erteilt, dann werden sie das auch tun, mysorthayak hin oder her. Also müssen wir, um zu verhindern, dass wir jeden einzelnen Rish auf dem ganzen Planeten umbringen müssen - und dabei reichlich unserer eigenen Leute verlieren -, dann wohl ...«
Sie beendete den Satz nicht, und Truman riss die Augen auf.
»Sie wollen deren Hauptquartier auf diesem Planeten angreifen?« Er schüttelte den Kopf. »Haben Sie komplett den Verstand verloren?«
»Vorhin war er noch da«, gab Alicia trocken zurück. »Natürlich kann darüber noch anders entschieden werden. Aber bis dahin schwebt uns genau das vor. Daher würde ich es sehr zu schätzen wissen, wenn Sie mir Gelegenheit gäben, Ihre Berichte und die aufgezeichneten taktischen Daten durchzuschauen. Ich möchte ein Gespür dafür entwickeln, welche Waffen die Rish haben und welche Taktik sie anwenden, während unsere eigenen Nachrichtendienstler versuchen, herauszufinden, wo genau sich deren HQ hier eigentlich befindet.«
Kapitel 30
»Und das ist ungefähr alles, Onkel Arthur.« In ihrem Sessel am Taktik-Tisch in der Nachrichtenzentrale der Marguerite Johnsen lehnte sich Alicia zurück und blickte Sir Arthur Keita an. »Ich denke, Truman hatte ganz recht - in seinem Befehlsbereich stehen die Echsen wirklich kurz vor dem Zusammenbruch -, aber wenn sie sich wirklich auf einen mysorthayak eingestellt haben, könnten wir nichts Schlimmeres tun, als ihm zu gestatten, seinen Vormarsch fortzusetzen.«
»Ja, vielleicht«, gab Keita zurück. »Sie haben sogar höchstwahrscheinlich recht. Allerdings weiß ich nicht, ob das, was Sie da vorschlagen, nicht fast genauso schlimm ist.«
Mit einem gewissen, wenngleich freundlichen Missmut blickte Alicia Keita an. In den vergangenen fünfeinhalb
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