Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten
auf die tobende Schlacht zu und bremste dabei stetig ab. Die Gedanken ihres Captains überschlugen sich fast, als sie die schlichtweg ungeheuerlichen Sensordaten betrachtete. Einheiten der Navy, die sich ein Gefecht mit Söldnern lieferten?! Reiner Wahnsinn! Doch genau das geschah hier, und ihr hallte in den Ohren, was Brigadier Keita ihr vor diesem Einsatz erklärt hatte. Wenn die Söldner hier waren, um gegen die Piraten zu kämpfen, dann mussten diese Einheiten der Navy ja wohl die Piraten sein, denn in einem Gefecht, dass auf derart kurze Distanzen geführt wurde, war es schlichtweg unmöglich, seinen Feind zu verwechseln. Beide Seiten mussten ganz genau wissen, gegen wen sie hier kämpften ... oder etwa nicht?
Die Tsushima stellte die Vorhut dieses Kampfverbandes dar; sie war dem Gefecht bereits nahe genug, um SBFs zum Einsatz zu bringen, doch Captain Wu gestattete noch nicht, das Feuer zu eröffnen. Selbst wenn sie genau gewusst hätte, was hier eigentlich vor sich ging, hätte nur eine Verrückte SBFs in dieses dicht gedrängte Gewirr kämpfender Schiffe hineingefeuert, denn es war ebenso wahrscheinlich, dabei die eigenen Freunde zu töten wie den Gegner. Doch was machte dieses eine Schiff dort, ein Stück weit abgesondert vom eigentlichen Gefecht? Es fuhr mit ungeheuerlicher Geschwindigkeit, überholte alle anderen, aber irgendetwas an der Antriebssignatur erschien Captain Wu sonderbar ...
»Captain! Das ist eine AlphaSyntho!«, rief ihr Navigationsoffizier plötzlich, und Wus Gesicht wurde aschfahl. In diesem Sektor gab es keine AlphaSyntho der Flotte; die einzigen beiden, die jemals in diesen Sektor abbeordert gewesen waren, hatte man mittlerweile ausdrücklich zurückberufen, sodass keinerlei Spielraum für Verwirrung entstehen konnte.
Wu verkniff sich einen bitteren Fluch und blickte auf ihre taktische Karte. Sie hatte die Gerüchte mitbekommen, sie wusste, wie nahe Keita und dieser Major vom Kader, Tannis Cateau, dieser Alicia DeVries standen, doch Keitas Flaggschiff lag zehn Lichtminuten achteraus der Tsushima. In nicht einmal der Hälfte der Zeit würde DeVries in diesem Mahlstrom verschwinden, wenn Wu jetzt versuchte, dem Brigadier die Verantwortung zuzuschieben - und wenn sie das tat, dann könnte die Tsushima ihr nicht mehr ihre SBFs hinterherschicken.
Sie wollte das wirklich nicht tun müssen. Kein Offizier und keine Offizierin der gesamten Navy wollte das. Sie wusste, dass jeder von ihnen darum gebetet hatte, nicht der- oder diejenige zu sein, die DeVries finden würden. Doch hier war sie nun, und der Schießbefehl stand nach wie vor.
»SBFs, Alley! SBFs!«
Megairas Warnschrei - schrill, und doch leise und kaum wahrnehmbar, er versank fast in Alicias unbändigem Hunger - drang zu einem letzten Funken Vernunft durch. Sie sah, dass die SBFs ihr hinterherrasten, und ihr letztes bisschen klarer Verstand wurde berührt. Der Intellekt kämpfte gegen völlig außer Kontrolle geratene Instinkte an.
Tisiphone erkannte die winzige Lücke in diesem Hurrikan, der in Alicias Innerem tobte, und Alicia, immer noch in ihrem Kommandosessel, zuckte zusammen, als die Furie mit aller Macht zu ihr durchzudringen versuchte. Das entsetzliche Tosen des Antriebs legte sich, und endlich begriff sie, was hier geschah.
»Angriff abbrechen, Megaira.« Sie presste die Worte heraus, ihre Gedanken kamen ihr schwerfällig vor, ihre Zunge schien ihr kaum gehorchen zu wollen. Mit letzter Kraft hielt Alicia sich an diesem Funken klaren Denkens fest, spürte deutlich, dass das blutrünstige Chaos erneut nach ihr griff.
»Ausweichkurs anlegen! Tauch in ein Wurmloch!«, keuchte sie, rang um jedes einzelne Wort - und erkannte dann die einzige Möglichkeit, diesem Wahnsinn zu entrinnen. »Tisiphone, schalt mich aus!«, schrie sie und fiel aus dem Sessel, als die Furie sie mit aller Macht bewusstlos schlug.
Kapitel 33
Reglos trieb ein geborstener Koloss vor den Sternen dahin, die sich wie winzige, leuchtende Stecknadelköpfe vor der Schwärze des Alls abzeichneten; die Flanken waren aufgerissen und zerschmettert, und Simon Monkoto saß auf der Brücke seines Flaggschiffes und betrachtete das Abbild mit finsterer Miene.
Dann wandte er den Kopf zur Seite und blickte den Mann neben sich düster an. Ferhat Ben Belkassems dunkles Gesicht war blass geworden angesichts des Blutbades, das er hier hatte miterleben müssen, doch er war der Erste gewesen, dem die Lücke im Sperrfeuer der Procyon aufgefallen war - ein ganzer
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