Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten
wollen Gefangene machen.«
»Es tut mir leid, Ma'am.« Der hochaufragende Springer, noch beinahe ein Drittel größer als Tannis, klang beinahe schon verlegen. »Hab mich wohl ein wenig hinreißen lassen.«
»Jou ... na ja, trotzdem vielen Dank.«
Ihre Mundwinkel zuckten, als ihre Schützengruppe langsam an den glühenden Überresten des Schotts vorbeiging und sich dabei unablässig wechselseitig Deckung gab. Corporal Jake Adams vergaß manchmal, wie drastisch die Konsequenzen sein konnten, wenn er ›sich ein wenig hinreißen ließ‹. Dynamik-Panzerungen verliehen jedem die ›Muskeln‹, auch schweres Kriegsgerät zu handhaben; dazu war Adams auch noch beachtlich groß, und sein ›Plasmagewehr‹ entsprach in seiner Leistung etwa der Plasmakanone eines Shuttles.
Tannis' Belustigung legte sich schlagartig, als sie einen Blick auf ihr Display warf. Angriffe, bei denen man zunächst ein anderes Schiff entern musste, waren immer unschön. Auch wenn sie jeden einzelnen Winkel ihres zukünftigen Schlachtfeldes kannten, gab es doch zu viele Möglichkeiten für etwaige Unentwegte, sich zu verstecken und einen Hinterhalt zu legen - und kein Pirat gab sich irgendwelchen Illusionen hin, was das Schicksal letztendlich für ihn bereithielt. Die weitschweifige Route, die man den Soldaten ihrer Stabsgruppe vorherbestimmt hatte, würde sie zu ihrem eigentlichen Ziel führen, während die anderen Gruppen die Soldaten aus den feindlichen Reihen ablenken und ihnen den Weg freiräumen sollten. Das taten sie auch ... aber trotz ihrer Ausrüstung mussten auch sie Verluste hinnehmen.
Tannis blickte sich um, glich die Markierungen dieses Korridors mit den Daten auf ihrem HUD ab und stieß einen zufriedenen Grunzlaut aus.
»Wolverine-Eins, Ramrod hat den Weg nach Tango-Vier-Neun-Lima über Zebra-Drei freigeräumt. Um mein Funkfeuer sammeln.«
Captain Schutz' Bestätigung traf ein, und Tannis brachte ihr Gewehr in Schussposition, als die Bravo-Kompanie sich ihrer derzeitigen Position näherte.
»Also gut, Jake. Sehen Sie die Luke da hinten?«
»Jawohl, Ma'am. Und ob ich die sehe.«
»Naja, die Flaggbrücke von diesem Schrottding hier liegt genau dahinter.« Sie lächelte ihn an und vollführte eine kurze Handbewegung, die unter dem Einfluss des ›Tickers‹ geschmeidig wirkte wie bei einer Tänzerin. »Lassen Sie sich ruhig ein wenig hinreißen.«
In seinem Raumanzug kauerte sich James Howell hinter seine gänzlich nutzlose Konsole. Der Laser-Karabiner in seiner Hand war ihm unvertraut und fühlte sich grobschlächtig an, doch der Commodore war beinahe schon ruhig, während er wartete, und sein Verstand war völlig leer. Hier gab es keinen Platz für Hoffnung und keinen Grund zur Furcht. Er würde sterben, und ob das nun in wenigen Minuten geschah oder in einigen Stunden - oder auch erst in ein paar Monaten, falls man ihn lebendig in Gewahrsam nahm -, war bedeutungslos. Er hatte alles verraten, was zu bewahren er geschworen hatte, um an diesem großen Spiel teilzunehmen; jetzt hatte er verloren, und seine eigene Dummheit hatte dafür gesorgt, dass zusammen mit ihm auch alle seine Leute das gleiche entwürdigende Ende finden würden.
Nachklänge der Gefechte, die überall an Bord ausgetragen wurden, ließen den Stahl rings um ihn beben, und kurz blickte Howell quer durch die Brücke zu Rachel Shu hinüber, die - klein und unendlich tödlich - hinter einem Zweibein-Stativ-Plasmagewehr kauerte. Die anderen waren bei ihr, warteten, den Blick fest auf die Luke geheftet. Jetzt, jeden Moment ...
Die schwer gepanzerte Luke erzitterte. Augenblicklich glomm ein Kreis von einem Meter Durchmesser weißglühend in ihrer Mitte auf, und eine Plasmazunge leckte in die Brücke hinein - eine alles versengende Lichtsäule, die quer durch die Brücke zuckte. Einer von Howells Leuten stand ihr im Weg und starb, ohne auch nur einen Schrei ausstoßen zu können, als die Hitze des Herzens einer Sonne ihn umhüllte.
Ein weiterer Plasmabolzen sprengte die Überreste der Luke als halbgeschmolzenen Metallklumpen aus ihrem Rahmen, und schon stürmte der erste Soldat der Springereinheiten hindurch.
Howell umklammerte seinen Laser, stützte ihn auf der Konsole ab und drückte den Feuerknopf. Zusammen mit ihm eröffnete ein Dutzend weiterer Personen das Feuer, schickte der gepanzerten Gestalt Wolfram-Schildbrecher und todbringende Lichtstrahlen entgegen, und der Eindringling geriet ins Taumeln. Sein Sturmgewehr spie weißes Feuer aus, als er zu Boden
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