Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten
wäre nicht einmal einem Piloten möglich, der eigens für die Zusammenarbeit mit einer AlphaSyntho-Einheit ausgebildet wurde, und schon gar nicht Alicia! Und selbst, wenn sie so etwas könnte, Shu hat uns doch gerade gesagt, dass Treadwell in keinem der Computer namentlich erwähnt wird.«
»Haben Sie es immer noch nicht verstanden?« Ben Belkassem fauchte sie so heftig an, dass Tannis unwillkürlich einen Schritt zurücktrat. »Alicia ist nicht verrückt - zumindest nicht in der Art, wie Sie alle das gedacht haben! Diese ›Tisiphone‹ gibt es wirklich!«
Kurz warfen Tannis und Keita einander vielsagende Blicke zu, dann richteten sie ihre ganze Aufmerksamkeit wieder konzentriert auf den Inspector, als rechneten sie damit, er werde jeden Moment anfangen, nur noch sinnlose Laute auszustoßen. Ben Belkassem musste sich sehr zusammennehmen, um seinen Zorn und seine Frustration niederzuringen.
»Sie haben mir beim letzten Mal nicht richtig zugehört«, sagte er drängend. »Ich habe Ihnen erzählt, was Alicia mit Alexsov gemacht hat. Sie hat den nicht befragt - sie hat seine Gedanken gelesen! Nennen Sie es meinetwegen Telepathie, nennen Sie es ein unentwickeltes Psi-Talent, nennen Sie es doch, wie Sie wollen, aber genau das hat sie getan!«
Keita ließ sich wieder in seinen Sessel sinken; Tannis schob die Hände tief in die Taschen und zog die Schultern hoch. Langsam nickte Ben Belkassem.
»Ganz genau. Sie mögen ja vielleicht denken, Alicia habe sich diese Tisiphone nur eingebildet - ich sehe das anders. Ich habe ihr am Esstisch gegenübergesessen und mit ihr geredet, um Himmels willen! Ich weiß nicht, was sie nun eigentlich ist, aber es gibt sie wirklich, und sie kann wirklich Gedanken lesen ... unter anderem. Denken Sie doch daran, wie Alicia aus dem Krankenhaus ausgebrochen ist und die Megaira gestohlen hat. Denken Sie daran, wie Sie diese ›Piraten‹ aufgespürt hat, verdammt noch mal!«
»Also gut«, sagte Keita schließlich, »gehen wir davon aus, dass Alicia - oder diese ›Tisiphone‹ - Gedanken lesen kann. Wenn sie es nicht von Alexsov erfahren hat, woher könnte sie es dann haben?«
»Von Rendlemann.« Ben Belkassem deutete auf Shu. »Erinnern Sie sich noch, was sie über den erzählt hat? Was mit ihm geschehen ist, als Megaira die KI der Procyon ausgeschaltet hat? Das war Tisiphone. Anders kann es doch gar nicht gewesen sein.«
»Ach, kommen Sie schon!«, protestierte Keita. »Der Mann war mit einer zusammenbrechenden KI verbunden!«
»Ach ja?« Ben Belkassem wandte sich Tannis zu. »Was geschieht normalerweise mit einem CyberSyntho-Nutzer, wenn das passiert, Major?«
»Augenblickliche Katatonie«, antwortete Tannis sofort. »Der bricht zusammen, als hätte man ihm das Licht ausgeknipst.«
»Und warum musste sie Rendlemann dann sedieren, damit er sich wenigstens etwas beruhigt?«
»Verdammt!«, keuchte Tannis auf. »Er hat recht, Onkel Arthur - das ist völlig beispiellos. Wenn Alley jetzt Gedanken lesen kann ...«
Lang legte sich Schweigen über das Krankenzimmer, dann seufzte Keita schließlich.
»Also gut. Angenommen, sie kann das wirklich - und hat es auch getan. Warum dann diese plötzliche Besorgnis?«
»Wenn sie über Treadwell Bescheid weiß, dann wird sie versuchen, ihn sich zu holen«, erklärte Ben Belkassem sofort.
»Moment - jetzt warten Sie aber mal!«, protestierte nun Tannis. »Was meinen Sie damit, ›ihn sich zu holen‹?«
»Ich meine, sie und Megaira - und Tisiphone - werden versuchen, Treadwell umzubringen. Sie weiß nicht, dass wir jemanden aus Howells Stab lebendig in Gewahrsam nehmen konnten! Sie glaubt, sie ist die Einzige, die die ganze Wahrheit kennt, und jeder hält sie für verrückt. Sie denkt, niemand würde ihr glauben - also glaubt sie, dass sie ihn alleine erledigen muss.«
»Aber das kann sie doch gar nicht«, erklärte Tannis sehr bedächtig. »Treadwell befindet sich an Bord der Kommando-Orbitalfestung von Soissons - und das weiß auch Alicia.«
»Und es ist ihr egal. Mein Gott, ich habe sie ja kaum davon abhalten können, sich persönlich um Howell zu kümmern!«
»Aber das wäre glatter Selbstmord! So etwas würde Alley niemals tun! Ich kenne sie doch!«
»Sie haben sie früher mal gekannt«, verbesserte Ben Belkassem sie grimmig. Seine Hände verkrampften sich, und der Inspector blickte sie nachdenklich an, während er seine Worte mit äußerstem Bedacht wählte. »Sie ist nicht in der Art und Weise verrückt, wie Sie das gedacht haben, aber
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