Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten
stürzte - ein ungezielter Feuerstoß aus großkalibrigen Schildbrechern, der Konsolen und Menschen gleichermaßen in Stücke riss -, und dann feuerte Rachels PlasGewehr, und die verschmorten Überreste, die danach noch auf dem Deck aufschlugen, hatten nicht einmal mehr ansatzweise Ähnlichkeit mit einem Menschen.
Tannis Cateau verbiss sich einen Fluch, als ihre Vorhut zu Boden stürzte.
Das war ganz alleine ihre Schuld. Die anderen Schützengruppen waren bereits schwer unter Beschuss genommen worden; ihre eigene nicht, und so war sie unvorsichtig geworden. Jetzt schlich sie vorwärts, presste sich gegen ein Schott und versuchte, nicht an Adams zu denken, der mit seinem riesenhaften Geschütz unmittelbar hinter ihr stand. Ihre Gedanken wurden immer noch durch den ›Ticker‹ beschleunigt, und mit Hilfe der Sensoren ihrer Panzerung blickte sie sich um. Ein klares Signal erhielt sie nicht, aber mit ein wenig Nachhilfe ...
Auf ein Handzeichen hin glitt der Grenadier ihrer Stabsgruppe an der gegenüberliegenden Wand dieses Korridors entlang, und Tannis löste ein kleines Gerät von ihrem Gürtel. Dann nickte sie.
Der Grenadier eröffnete das Feuer - im Auto-Modus und mit allem, was er hatte. Er hatte einen gemischten Geschossgurt eingelegt, vor allem Rauch- und Pyrotechnik-Kartuschen, vermischt nur mit einer Hand voll leichter Sprengladungen, denn hier ging es nun einmal darum, Gefangene zu machen, doch was der Grenadier mit sich führte, erfüllte ganz seine Aufgabe. Wer auch immer sich jenseits der Luke befand, lag bäuchlings an Deck, als die Blitzlicht-Sprengsätze und Antilaser-Rauchbomben vor ihnen explodierten, während Tannis mit einer geschmeidigen, beiläufigen Bewegung den Fernsensor in den Raum hineinwarf. Das kleine Gerät sprang über das Deck, im Schutze der Granaten unbemerkt, und Tannis lächelte das eisige, geistesabwesende Lächeln einer Springerin, als sie den Fernsensor mit einem Tastendruck aktivierte.
Aha! Sie orientierte die Perspektive des Fernsensors neu, zählte potenzielle Bedrohungen durch und behielt besonders das Plasmagewehr im Hinterkopf, dann nickte sie ihrem Grenadier ein zweites Mal zu. Er feuerte eine weitere Salve ab; dann glitt Tannis Cateau selbst mit den geschmeidigen Bewegungen einer angriffsbereiten Giftschlange lautlos bis zur Luke, und die Dynamik-Lafette ihres Sturmgewehrs war eine Fortsetzung ihrer eigenen Nervenenden. Ihr Ziel war hinter den zuletzt gezündeten Granaten unsichtbar, doch ihre Waffe richtete sich schon eigenständig auf Ziele aus, ohne auch nur eine einzige unnötige Bewegung zu vollführen, und Tannis gab in kurzer Folge drei Schüsse ab. Mit einer Geschwindigkeit von fünfzehnhundert Metern in der Sekunde verließen die Geschosse den Lauf; die Drei-Millimeter-Kleinkaliberprojektile trafen ihr Ziel fast augenblicklich und rissen ihm die Beine weg - im wahrsten Sinne des Wortes.
Trotz der Blendwirkung der Granaten schlugen Tannis Schüsse entgegen, doch sie ignorierte sie einfach. Sie wusste, dass die Gegenseite blindlings feuerte; sie konnten den Eindringling nicht sehen, Tannis' ›Augen‹ hingegen befanden sich mitten unter ihnen.
Ihr Gewehr war wie ein Zauberstab, der mit gnadenloser Präzision Tod und Verderben brachte, und ausnahmsweise verspürte Tannis keinerlei Mitgefühl. Mit Dreier- und Vierer-Feuerstößen ließ sie einen ganzen Patronengurt durchlaufen, und das Feuer der Gegenseite nahm deutlich ab. Eine letzte Salve Schildbrecher prallte an ihrer Panzerung ab, dann sprang Tannis wie ein Panther durch die Luke und rief bereits Sanitäter herbei.
»Großer Gott!«
Ben Belkassems Worte schienen in der Luft der Krankenstation zu hängen, und er fragte sich, ob sie eher ein Fluch oder doch ein Gebet darstellten. Er ließ sich wieder in seinen Sessel sinken, und ihm war ebenso schlecht wie zuvor Tannis Cateau, als die Wirkung des ›Tickers‹ nachgelassen hatte.
Sir Arthur Keita schwieg, er starrte nur die Frau an, die im Krankenbett lag. Als sei ein schartiges Skalpell zum Einsatz gekommen, hatten Tannis' Schüsse ihr die Beine abgetrennt, doch niemand in diesem Krankenzimmer hatte mit der Frau auch nur das geringste Mitleid. Sie lag dort und lächelte ein verwirrtes, fröhliches Lächeln, und Keita hätte sie am liebsten mit bloßen Händen erwürgt.
Rachel Shu war das einzige Mitglied des Einsatz-Stabes, das man lebendig aus der Brücke hatte holen können. Keita wusste, er müsste eigentlich dankbar sein, schließlich könnte niemand
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