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Weg mit den Pillen

Weg mit den Pillen

Titel: Weg mit den Pillen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Walach
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funktioniert und eher kostengünstiger ist als andere, sollte man vielleicht mehr Forschungsaufwand in diese Therapieform setzen und sie eher stützen und fördern als hemmen. Wer, außer den homöopathischen Arzneimittelherstellern, die vergleichsweise klein sind, hat aber Interesse daran? Eigentlich wiederum die Öffentlichkeit. Eigentlich sollte hier wiederum der Staat seiner Verantwortung gerecht werden und öffentliche Fördergelder zur Verfügung stellen. Die Industrie tut das ihre. Sie fördert zum Beispiel schon einmal meine Stelle, was mir erlaubt, mich auf solche Themen zu konzentrieren. Und angesichts des immensen Übergewichts auf der anderen Seite gebe ich freimütig und mit großer Begeisterung meine Parteilichkeit zu. Ich denke, dass ich außer Parteilichkeit auch noch gute Argumente geliefert habe und noch mehr hätte, wenn sich jemand dafür vertieft interessiert.
    Das konventionelle und das unkonventionelle Lager
    Ich könnte nun noch auf andere Modelle eingehen. Ich könnte die traditionelle chinesische Medizin erwähnen, Ayurveda, verschiedene andere komplementärmedizinische Ansätze wie die klassischen Naturheilverfahren. Wir würden überall etwa den gleichen Befund sehen. Es gibt gute Daten, es gibt interessante Ansätze. Insgesamt haben wir es mit Verfahren zu tun, die völlig andere therapeutische Prinzipien zugrunde legen als die westliche konventionelle Medizin. Sie drängen auf den Markt, werden von Patienten
nachgefragt, von Ärzten angeboten, aber sowohl die konventionelle Hochschulmedizin als auch die staatlichen Stellen halten sich eher bedeckt. Warum ist das so?
    Ich glaube, die Sache lässt sich einfach verstehen, wenn man bedenkt, dass all diese Verfahren – die Phytotherapie vielleicht ausgenommen – nicht nur mit einzelnen Methoden kommen, die man ins herrschende Welt- und Menschenbild einbauen kann, sondern dass sie alle das herrschende Paradigma mehr oder weniger intensiv infrage stellen. Die Homöopathie etwa versucht die Symptomatik des ganzen Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und ist daher schon im Anspruch ein ganzheitliches Verfahren. Ayurveda ist nicht nur eine Therapiemethode, sondern ein Versuch das ganze Leben so auszurichten, dass man gesund bleibt und Therapie nur im Ernstfall einzusetzen ist. Dahinter verbirgt sich wiederum ein ganz anderer Denkrahmen. Das Gleiche gilt für die chinesische Medizin oder die klassischen Naturheilverfahren. Immer tritt uns eine Denkart entgegen, die unserer modernen Vorstellung vom Menschen als Maschine zuwiderläuft. In diesen Modellen ist der Mensch keine Maschine, sondern ein lebendes, handelndes System. Diese Verfahren verstehen sich so, dass sie Selbstheilungskräfte aktivieren und die delikate innere Balance, die wir Gesundheit nennen und die der Körper selbsttätig erzeugt, wieder ins Lot bringen. Die Homöopathie spricht von der Lebenskraft, die chinesische Medizin vom Chi. Es ist aus meiner Sicht nicht hilfreich, dahinter eigene Wirklichkeiten zu sehen, die die Wissenschaft noch nicht entdeckt hat. Ich lese diese Begriffe vielmehr als Chiffren für die Fähigkeit unseres Organismus, sich selbst ins Lot zu bringen und sich selbst immer wieder neu zu heilen und zu regenerieren.
    Hier tritt also nicht nur einfach eine andere therapeutische Intervention auf den Plan, die man genauso handhaben könnte wie Aspirin zur Blutverdünnung oder SSRI zur Depressionsbehandlung. Hier treten andere Weltbilder, andere Denkmodelle an, die dem herrschenden Paradigma Paroli bieten. Deswegen ist ja auch der Streit so heftig, und deswegen gehen die Wellen so hoch. Auch 1000 Studien, die belegen, dass Homöopathie von Placebo verschieden
ist, würden diesen Streit nicht schlichten. Denn es geht um viel mehr als nur um eine einfach zu klärende empirische Frage. Es geht um die Frage, ob unsere Vorstellung vom Menschen als Maschine immer und überall nützlich ist. Die implizite Antwort der komplementären Therapieverfahren ist: Nein. Sie ist nicht immer nützlich. Sie ist vor allem dann nicht nützlich, wenn es sich um komplexe, chronische Störungen handelt. Dann haben komplementäre Therapien bessere Möglichkeiten als konventionelle. Mit ihnen lässt sich nämlich die gestörte Kraft des Organismus, sich selbst zu regenerieren, sanft wieder auf ihren Weg bringen. Wie, das ist zunächst unklar und vielleicht sogar unwichtig, zumindest für die Patienten. Denn die wollen einfach gesund werden – mehr nicht.
    Die konventionelle Medizin

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