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Weg mit den Pillen

Weg mit den Pillen

Titel: Weg mit den Pillen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Walach
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könnte von Homöopathie, TCM und Co. lernen, dass es hin und wieder sehr sinnvoll sein kann, den Organismus auch anders denn als Maschine zu betrachten. Das tut im Übrigen die moderne Speerspitze der Forschung unter dem Titel Systembiologie bereits. Nur ist dieses Denken noch nicht in die Etagen der normalen Pharmakologie und Klinik vorgedrungen. Sonst wäre offensichtlich, dass gerade bei umfassenden Krankheitsprozessen das kausale Eingreifen in ein komplexes gestörtes System oft noch mehr Schaden anrichtet als es nützt.
    In einer idealen medizinischen Welt würden aus meiner Sicht die Kräfte der konventionellen Medizin und die der komplementären gebündelt werden. Wir würden durch gezielte Forschung weiter im Verständnis der biologischen Prozesse vordringen. Wir würden Verfahren entwickeln, um akute Probleme zu lösen. Und wir würden die bereits vorhandene Potenz der komplementären Verfahren nutzen, auch vor dem Hintergrund ihrer größeren Sparsamkeit, um komplexe Probleme zu behandeln. Wir würden ausreichend forschen können, um abzuklären, wann genau solche komplementären Verfahren wie die Homöopathie nützlich sind und wann eher konventionelle.
    Warum sind wir so weit von einer solchen Idealwelt entfernt? Ganz einfach: weil es nicht im Interesse der Hauptakteure im Gesundheitswesen ist, das momentane System zu verändern. Weil die öffentliche
Hand als einzige Fördermöglichkeit keine Anstrengungen unternimmt, um das Potenzial unkonventioneller medizinischer Verfahren auszuloten. Und weil es sehr mächtige Wirtschaftsinteressen gibt, die genau das verhindern wollen. Wir haben gesehen:
Die Komplementärmedizin verfügt über ein sehr hohes Potenzial. Einige Phytotherapeutika haben sich als mindestens so gut wie konventionelle Pharmazeutika erwiesen und haben weniger Nebenwirkungen, wie etwa das Johanniskraut.
Die Homöopathie hätte so manches zu bieten. Aber es ist schwierig, die Überlegenheit gegenüber Placebo zu belegen. Obwohl auch das nicht unmöglich ist, ist die Berichterstattung über diesen Sachverhalt sehr verzerrt.
Dies dürfte daran liegen, dass sich hier Paradigmen im Widerstreit befinden. Die eher ganzheitliche Sicht der Komplementärmedizin trifft auf die Vorstellung vom Menschen als Maschine.
Idealerweise würden sich beide Richtungen verbünden: die moderne Medizin mit ihrer analytischen Kraft und ihrer Kompetenz, akute Probleme zu beheben und die komplementäre Medizin mit ihrer langen Tradition in der Behandlung komplexer, chronischer Störungen, die eher auf die Anregung der eigenen Selbstheilkräfte baut.
Das ist im Moment kein realistisches Szenario. Grund sind weniger die mangelnden Daten als die Paradigmen, die gegeneinander kämpfen und die wirtschaftlichen Interessen, die damit verknüpft sind.

11.
Der heilende Glaube
    Vor einiger Zeit habe ich einmal eine Fernheilstudie durchgeführt. Ich wollte wissen, ob geistiges Heilen aus der Ferne Effekte zeigt, die unabhängig davon sind, ob jemand weiß, dass er behandelt wird. Technisch gesprochen also, ob die ganze Heilerei auf Placeboeffekten beruht oder ob es auch so etwas wie ein kausal-stabiles Heilersignal gibt, eine »Heilenergie«, die man unabhängig vom therapeutischen Kontext entdecken kann. Um das zu erreichen haben wir 409 Patienten mit chronischem Müdigkeitssyndrom auf vier Gruppen aufgeteilt: Eine Gruppe bekam eine Fernheilbehandlung und wusste davon, eine Gruppe bekam eine Fernheilbehandlung und wusste nichts davon, eine Gruppe bekam keine Fernheilbehandlung und musste auf diese Behandlung warten, wusste das aber. Und die letzte Gruppe schließlich bekam ebenfalls keine Fernheilbehandlung, musste also warten, aber wusste das nicht. Die Patienten, die fernbehandelt wurden, erhielten je drei Heiler zugewiesen, die alle weit vom Ort des Patienten weg wohnten. Die Heiler wiederum erhielten Fotos und Vornamen des Patienten und wussten natürlich um deren Beschwerden. Nach einem halben Jahr wurden auch die Patienten behandelt, die warten mussten, sodass am Ende alle in den Genuss der Behandlung kamen.
    Wir konnten keinen Effekt des Heilens unabhängig vom Wissen der Patienten um die Behandlung zeigen. Aber zwei Dinge waren sehr erstaunlich: Es gab Patienten, die enorm von der Behandlung profitiert haben, und zwar völlig unabhängig davon, ob sie behandelt wurden oder nicht. Denken wir daran: Eine Gruppe wusste ja, dass sie behandelt wurde, zwei Gruppen wussten nicht, ob eine Behandlung stattfindet oder nicht. Nur

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