Wege des Herzens
konnte diese Menschen ohnehin nicht ausstehen, die einen immer gleich auf den Job reduzierten und danach beurteilten. Lindas Ex-Freund Simon hatte ihr mal geraten, jeden in dem Moment, in dem man ihn kennenlernte, nach seinem Beruf zu fragen, dann verschwendete man keine Zeit mit Nobodys und Verlierern. Aber das war typisch Simon. Nicht unbedingt eine Empfehlung, an die man sich halten sollte.
Dieser Nick war nett, und kurz darauf kam er sogar von sich aus auf seinen Beruf zu sprechen. Er gestand ihr nämlich, dass er nicht sehr sportlich sei und kaum Bewegung habe, weil er nämlich Musikunterricht gebe, und das sei nun mal eine sitzende Tätigkeit. Außerdem spielte er in einem Club, und da saß man auch die meiste Zeit in der völlig verräucherten Bude herum und stand nur auf, wenn man seinen Einsatz hatte.
Also erzählte ihm Linda, dass sie in einem Plattenladen arbeitete, und gab ihm die Adresse.
»Das ist ja klasse«, meinte Nick, »die eröffnen dort gerade eine neue Jazzabteilung.«
»Ja, und ich bin dafür verantwortlich«, erwiderte Linda stolz.
»Nein!« Nick war sehr beeindruckt.
»Ja, ich habe bereits ein ganzes Regal voll mit Count Basie, Duke Ellington und Miles Davis, und ich bekomme weitere Mittel, um noch mehr einzukaufen.«
»Wirst du auch Artie Shaw und Benny Goodman dazunehmen?«, fragte Nick.
»Aber sicher doch. Ich wollte erst mal mit den Frauen im Jazz anfangen. Du weißt schon, Billie Holiday, Ella …?«
»Und Lena!«, rief er. »Du musst unbedingt Lena Horn ins Programm aufnehmen.«
»Oh, natürlich. Mein liebster Song von Lena ist ›More Than You Know‹.«
»Meiner ›At Long Last Love‹«, sagte Nick.
Allmählich verabschiedeten sich die Gäste. Die angeblich so betrunkenen Mütter Clara und Hilary warfen einen vorsichtigen Blick durch die Tür zu Johnnys Reich.
Linda und Nick bekamen weder das eine noch das andere mit.
Mit ihrem kleinen Trick hatten die beiden Damen die Anbahnung um einiges beschleunigt. Jetzt hatten sie nichts weiter mehr zu tun, als sich vornehm zurückzuhalten. Niemals, solange sie lebten, durften sie zugeben, dass sie die Sache eingefädelt hatten. Keiner der beiden jungen Jazzfans, die – in ihre eigene Welt versunken – in Johnnys Physiotherapieraum standen, durfte je davon erfahren.
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KAPITEL ZEHN
F iona war zum Essen in den St. Jarlath’s Crescent eingeladen. Die Zwillinge wollten etwas Griechisches kochen und hatten Molly gefragt, ob sie etwas dagegen habe.
»Und, hat sie was dagegen?«, fragte Fiona, die genau wusste, wie stolz Molly Carroll auf ihre Kochkünste, ihre Braten und Eintöpfe, war.
»Nein, offenbar ist sie hocherfreut. Inzwischen tauscht sie Rezepte für Fleischbällchen und Gyros mit ihnen aus, als ob sie auf einer griechischen Insel aufgewachsen wäre.«
»Sie ist schon ein Schatz, deine Mutter«, sagte Fiona liebevoll zu Declan.
»Das ist einzig und allein dein Verdienst. Bevor ich im Krankenhaus angefangen habe, war sie extrem schwierig. Ich habe mich regelrecht vor eurer ersten Begegnung gefürchtet, und jetzt seid ihr die besten Freundinnen.«
»Warum auch nicht? Sind wir nicht beide verrückt nach dir?«
»Also, was meinst du? Wann sollen wir meiner Mutter mal was Besonderes bieten?«
»Sie kriegt von uns doch schon jede Menge geboten«, erwiderte Fiona. »Waren wir nicht erst vergangene Woche zusammen im Zoo? Sie hat mir erzählt, dass es Jahre her ist, seit sie das letzte Mal dort war, und mir hat es auch sehr gefallen.«
»Du weißt ganz genau, was ich meine«, sagte Declan.
»Oh, du meinst, eine
Hochzeit!
«, antwortete Fiona lachend.
»Ja, mein Schatz, eine
Hochzeit
…«
»Wir haben doch noch genügend Zeit, das zu planen, oder?«, erwiderte Fiona. »Würde dir der Mittwoch passen?«
»Um zu heiraten?« Hoffnungsvoll schaute Declan sie an.
»Um mit den Zwillingen bei dir zu Hause zu Abend zu essen, du Dummkopf.«
Bobby Walsh erzählte Declan aufgeregt, dass er und seine Frau bald ihre Rubinhochzeit feiern würden. Vierzig Jahre waren sie nun miteinander verheiratet. Dabei seufzte er freudig, was Declan jedoch nicht ganz nachempfinden konnte. Ausgerechnet diese scharfzüngige, missmutige, ungeduldige Rosemary! Declan konnte und wollte sich nicht vorstellen, vierzig Jahre mit dieser Frau verheiratet zu sein. Aber vielleicht war sie in jungen Jahren anders gewesen.
»Wir haben ungefähr siebzig Gäste eingeladen und würden uns freuen, wenn Sie und Fiona auch kommen könnten.«
Declan
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