Wege des Herzens
ich dachte, du bist deswegen von dort fort, damit du nichts mehr mit diesem Aberglauben zu tun hast?«, sagte Johnny verwundert.
»Stimmt, aber mittlerweile frage ich mich – wie alle anderen auch –, ob nicht doch etwas an der Sache dran ist. Die Leute waren immer wie verwandelt, wenn sie von dieser verrückten Quelle zurückkamen.«
»Hat die Heilige ihnen denn gesagt, was sie tun sollen?«
»Offenbar hat sie ihnen den einen oder anderen Floh ins Ohr gesetzt. Aber ich rege mich schon wieder auf.«
»Was hält Father Tomasz denn von der Sache?«
»Ah, Father Tomasz. Er ist der netteste Kerl, den ich kenne, aber er ist ein fanatischer Verteidiger der Quelle. Das Geschäft mit ihr läuft besser denn je. Sogar heiraten wollen die Leute jetzt dort oben!« Brian verstummte abrupt. »Allmächtiger!«, sagte er plötzlich.
»Was ist?« Johnny dachte, es sei etwas passiert.
»Gott, das ist die Lösung. Wir können im Zentrum Hochzeiten veranstalten. Zuerst traue ich die Paare in der Kapelle, oder Tomasz kommt und übernimmt die Polen, und anschließend veranstalten wir eine Hochzeitsfeier im Saal. Ist das nicht eine fantastische Idee?«
Clara kam aus dem Staunen über Linda nicht mehr heraus. Sie war bisher zwei Mal in Nicks Club gewesen, und er hatte sie fast täglich in ihrem Plattenladen besucht. Seiner Ansicht nach war sie ein Genie auf ihrem Gebiet, und das hatte er auch ihrem Boss erklärt. Der sei verrückt, wenn er sie nicht fest anstelle, hatte er zu ihm gesagt.
Linda hatte ungefähr sechs Minuten darüber nachgedacht und dann eingewilligt. Sie verlange lediglich ein anständiges Gehalt und einen Werbeetat.
»Wofür wollen Sie denn Reklame machen?«, hatte ihr Boss verständlicherweise wissen wollen.
»Für Ihren Laden und die Unterstützung, die Sie irischen oder anderen Jazzmusikern, die auf der Durchreise sind, anbieten. Man könnte am Donnerstagabend sogar so etwas wie eine Happy Hour veranstalten, eine Band engagieren und somit neue Kundschaft in den Laden locken.«
Lindas Boss hörte interessiert zu. Er hatte sie für eine dumme, hirnlose Blondine mit langen Beinen gehalten, die es gerade mal drei Wochen aushalten würde. Jetzt schmiedete sie bereits Pläne für ein Jazzimperium.
Auch Hilary erkannte ihren Nick nicht wieder. Nick hatte sich die Haare schneiden lassen und achtete generell mehr auf sein Äußeres. Er hatte sich bei Hilary erkundigt, ob sie nicht für ihn einen Raum, den er mieten könnte, wüsste, um Musikunterricht zu geben. Zu Hause war es zwar bequem, aber eine große Gruppe von zwanzig Leuten brachte er dort nicht unter. Jemand hatte ihm nämlich erklärt, dass es lukrativer sei, zu einem Festpreis zwanzig Kindern gleichzeitig an sechs aufeinanderfolgenden Samstagen je vier Akkorde auf der Gitarre beizubringen, als Kinder einzeln zu unterrichten. Dieser Jemand hatte ihm auch zu verstehen gegeben, dass er schon fast dreißig Jahre alt sei und es höchste Zeit wäre, den Leuten klarzumachen, wie gut er sei. Da Hilary ihm dies schon seit fast zwanzig Jahren täglich predigte, konnte sie es kaum fassen, dass dieser
Jemand
– der zufälligerweise Claras Tochter war – ihn dazu gebracht hatte, zuzuhören.
Linda hat aufgehört, in lächerlich kurzen Röcken und hohen Stiefeln herumzulaufen, und Nick hatte sich einen Pullover gekauft, der nicht voller Löcher und gezogener Fäden war. Linda erzählte zu Hause nicht viel von Nick, und Nick sprach mit seiner Mutter nie über sie. Doch in der Herzklinik saßen zwei Frauen in den besten Jahren, deren bevorzugter Gesprächsstoff die beiden jungen Leute waren, und es ging das Gerücht um, man habe sie einmal dabei beobachtet, wie sie einen kleinen Freudentanz um Claras Schreibtisch aufführten.
An dem Mittwoch, an dem das griechische Essen stattfinden sollte, standen die Zwillinge bereits früh in Molly Carrolls Küche.
»Das Auge isst mit …«, begann Maud.
»Viel hängt davon ab, wie man die Speisen präsentiert«, fügte Simon hinzu.
»Wir haben diese kleinen Keramikteller mitgebracht …«
»Für die
meze
, die kleinen Vorspeisen …«
»Und einige der Teller sind für Fiona …«
»Und einige für dich und Declan …«
Molly wurde ganz schwindlig, wenn sie den beiden länger zuhörte. Es war wie bei einem Tennismatch – ständig musste man den Kopf nach rechts und links drehen. Aber die Zwillinge waren so reizend und plauderten mit ihr, als wäre sie ihre älteste Freundin.
Sie erzählten ihr
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