Wege des Herzens
mit meinem Mann Krankengymnastik mache?«
In dem Moment wurde in Declans Kopf gewissermaßen ein Schalter umgelegt. Die Anspannung der letzten Tage, der Zwang, sich verstellen und so tun zu müssen, als ob alles in Ordnung sei, obwohl er am liebsten jeden Moment losgeheult hätte – das alles war ihm angesichts dieser schrecklichen Frau auf einmal zu viel.
»Jetzt hören Sie mir mal genau zu, Mrs.Walsh. Wenn ich der Ansicht wäre, ich könnte Fiona das Leben erleichtern, indem ich mit ihr Gymnastik mache, ihr gesunde, salzarme und fettarme Kost koche, wenn ich denken würde, dass ich ihr auch nur einen einzigen Tag mehr auf dieser Welt mit mir schenken könnte, dann würde ich alles tun, was in meiner Macht steht. Ich würde alle möglichen Verrenkungen machen, wenn ich der Meinung wäre, das würde helfen. Und dasselbe würde Nora auch für Aidan Dunne tun, und Lars Frau für ihren Mann, und viele der Familienangehörigen, die hierherkommen. Sie mögen vielleicht nicht so empfinden. Aber jeder Mensch ist anders.«
»Wollen Sie mich kritisieren, Dr.Carroll?«
»Nein, Mrs.Walsh. Aber was wollten Sie jetzt eigentlich genau von mir hören, als Sie zu mir kamen?« Declan drehte sich um, damit sie nicht sah, wie er vor Zorn und Wut bebte.
»Bitte, Dr.Carroll …«, begann sie.
»Sagen Sie mir einfach, was Sie sich erhofft haben.«
Sein Tonfall überraschte sie dermaßen, dass sie ihm die Wahrheit sagte. »Wahrscheinlich habe ich gehofft, dass Sie mir sagen würden, das sei alles nicht so wichtig. Dass sich Bobbys Zustand nicht mehr verbessern wird, egal, wo er wohnt. Dann könnten wir nämlich bleiben, wo wir sind.«
»Das hatten Sie sich zu hören erhofft?« Declan zitterte am ganzen Körper.
»Ja, wenn Sie mich schon danach fragen.«
»Und ich hoffe, dass Sie bekommen, was Sie verdienen, Rosemary Walsh«, sagte er und wandte sich ab. Declan schloss die Augen und versuchte, ruhig durchzuatmen. »Mögen Sie bekommen, was Sie im Leben verdienen«, wiederholte er und ließ sie stehen. Er hatte gerade die Hälfte des Korridors zurückgelegt, als er das Poltern und die Schreie hörte.
Hilary war bereits am Telefon und bestellte einen Krankenwagen, als Declan zurück in den Raum stürmte.
Rosemary war erbost an den Leitern der beiden Maler vorbeigestürmt und hatte eine davon umgestoßen. Auf den Leitern lag jedoch ein langes Brett, auf dem die beiden Maler standen und arbeiteten, die daraufhin in einer Lawine aus Farbeimern und splitterndem Holz zu Boden stürzten und Rosemary Walsh unter sich begruben.
Declan kniete sich neben sie. War das seine Schuld? Und wo, zum Teufel, steckte Ania? Da brauchte man sie und ihre polnischen Sprachkenntnisse ein einziges Mal!
»Ania!«, rief er hilflos. Fiona erschien in der Tür und erfasste die Situation mit einem Blick.
»Sie hat ein neues Handy. Ich rufe sie sofort an«, sagte Fiona. Sekunden später war Ania verständigt und auf dem Weg zurück von der Sandwichbar in der Fußgängerzone.
»Was ist mit Rosemary?«, fragte Fiona.
»Sie ist bewusstlos, aber ihr Puls ist normal. Ich will mir zuerst die beiden Männer anschauen.«
Ania kam angerannt und kniete sich neben sie. Declan stellte seine Fragen, und Ania übersetzte rasch, während sie den beiden Malern abwechselnd die Hand hielt. Als die Männer in ihrer Muttersprache angesprochen wurden, kehrte schlagartig Zuversicht auf ihre Gesichter zurück, wie Declan bemerkte.
»Sag ihnen, dass nichts Ernsthaftes passiert ist«, bat er.
»Das habe ich bereits«, erwiderte Ania.
Fiona schlug vor, dass Ania sich zu den beiden Polen setzen und mit ihnen warten sollte, bis der Krankenwagen eintraf, und nahm dann ihren Platz neben Declan ein.
»Sie atmet noch«, sagte sie.
»Aber sehr flach«, meinte Declan.
Nebeneinander auf dem Boden kniend, untersuchten sie Rosemary Walsh, die von dem abgesplitterten Holz im Gesicht Schnittwunden davongetragen hatte und deren Beine in einem seltsamen Winkel abstanden. Möglicherweise war die Wirbelsäule gebrochen. Declan tastete sie von oben bis unten ab.
»Ein gebrochener Arm, ein gebrochenes Bein. Ihr Hals fühlt sich normal an, aber ich will nicht riskieren, sie zu bewegen.«
»Was würdest du tun, wenn der Krankenwagen nicht bestellt wäre?«, wollte Fiona wissen.
»Das, was ich jetzt gleich tun werde – mit der Wiederbelebung anfangen.«
»Aber …«
»Sie atmet sehr flach. Wir könnten sie verlieren«, sagte Declan. Und vor Hilary, Lavender, Ania, Fiona und den
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