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Wege des Herzens

Wege des Herzens

Titel: Wege des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maeve Binchy
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Respekt einflößenden Mrs.Zak eingeschmeichelt und sie gebeten, ihm bei seiner Suche nach einem jungen Mädchen behilflich zu sein – wenn möglich aus einer guten, ehrbaren Familie –, das noch bei seinen Eltern wohnte, aber in dem neuen Café für ihn arbeiten und damit eine ganz neue Art von gehobener Klientel ansprechen könnte.
    Mrs.Zak erzählte natürlich sofort Anias Mutter davon.
    »Wie schade, dass du noch zur Schule gehst«, sagte ihre Mutter bedauernd. »Das wäre eine gute Stelle, und noch dazu direkt in der Nähe.«
    »Wegen der Schule«, begann Ania zögernd. Das war der wichtigste Augenblick in ihrem Leben, jetzt durfte sie keinen Fehler machen. »Also, da muss ich dir etwas sagen, Mamusia. Erst letzte Woche hat die Lehrerin mir erklärt, dass sie nicht viel Sinn darin sieht, wenn ich noch länger in die Schule gehe …«
    »Das hat sie gesagt!« Mamusia war entsetzt.
    »Ja, und zuerst war ich ganz aufgewühlt, weil ich mir nicht vorstellen konnte, wie ich in Zukunft Geld verdienen und dir gleichzeitig weiterhin bei der Arbeit helfen soll, Mamusia. Aber jetzt, womöglich … wer weiß.«
    »Glaubst du denn, dass der neue Besitzer dich anstellen wird?« Hoffnungsvoll sah ihre Mutter sie an.
    »Wir werden ja sehen«, erwiderte Ania und eilte die Straße hinunter ins Café.
    Die ersten paar Tage trug Ania eine blau-weiß karierte Bluse und einen dunkelblauen Rock und servierte Kaffee und Kuchen. Die ersten Gäste waren angesehene Gemeindemitglieder wie Mrs.Zak, ihre Mutter, die beiden Priester der Pfarrei, der Dorfarzt und ein paar ältere Nachbarinnen. Damit wollte man sich Rückhalt im Ort verschaffen und mögliche Kritik im Keim ersticken. Anias Schwestern beneideten sie um das Glück, so nahe an zu Hause Arbeit gefunden zu haben. Ihr sechzehnter Geburtstag verstrich ungefeiert, vor allem deswegen, weil Ania nicht wollte, dass Marek erfuhr, wie jung sie noch war.
    Über dem Café gab es eine kleine Wohnung, und Marek, sein Bruder Roman und ihr Partner Lev hatten dort jeder ein eigenes Zimmer. Heimlich nähte Ania Vorhänge, Kissenbezüge und eine gesteppte Bettdecke für Mareks Zimmer, ersteigerte bei einer Auktion im Dorf ein Bild für ihn – Blumen in einer Wiese – und richtete eine alte Kommode für ihn her, die sie hinten im Schuppen entdeckt hatte. Bald hatte sie Mareks Zimmer in einen kleinen Palast verwandelt.
    Ania sehnte sich danach, dort einzuziehen und mit ihm zusammenzuleben. Wie glücklich sie den ganzen Tag wäre. Morgens würde sie Brot und Milch besorgen, die Lieferungen entgegennehmen und vielleicht für eine Stunde zu ihrer Mutter gehen, um ihr beim Nähen zu helfen und ein wenig zu plaudern.
    Doch leider war das unmöglich, denn Anias Tagesablauf sah anders aus.
    Vormittags nähte sie, dann ging sie in das Café an der Brücke, half dort, das Chaos des vorherigen Abends zu beseitigen, lüftete gründlich und machte sich generell nützlich, während Marek, Roman und Lev Kaffee tranken und besprachen, wie sie neue Gäste anlocken könnten. Eines Tages beschlossen sie, eine Musikbox anzuschaffen. Die wäre zwar sehr teuer, würde sich aber bestimmt bald bezahlt machen.
    Allerdings nicht, wenn Mrs.Zak, Anias Mutter und ein paar andere Leute in ihrem Alter ihre einzigen Gäste blieben. Irgendwie würden sie auch die jüngere Generation ansprechen müssen.
    Als die Musikbox geliefert wurde, umringten alle sie in ehrfürchtigem Staunen, und als sie zu Leben erwachte und Musik ertönte, tanzten alle um sie herum. Noch nie war Ania so glücklich gewesen und hatte sich als Teil eines wunderbaren Ganzen gefühlt.
    Jetzt hieß es, die jungen Leute ins Café zu locken. Dazu benötigte Ania unbedingt eine andere Aufmachung, denn im Moment sah sie noch aus wie ein braves kleines Schulmädchen. Schließlich wollten die Leute, wenn sie in das Café an der Brücke kamen, Schule und Arbeit vergessen und sich stattdessen Hoffnungen auf einen aufregenden und berauschenden Abend machen können. Deshalb sollte Ania in Zukunft einen schwingenden schwarzen Rock und ein tief ausgeschnittenes rotes Oberteil tragen.
    »Woher soll ich denn das nehmen?«, fragte Ania ratlos.
    »Du bist doch Schneiderin, du kannst dir die Klamotten selbst nähen«, erwiderte Marek mit unüberhörbarer Ungeduld in der Stimme. Also nähte Ania sich ihre neue Garderobe. Daraufhin schlug Marek vor, dass sie auch tanzen sollte, um die anderen Gäste zu animieren.
    »Du meinst, ich bekomme Geld dafür, um mit einem meiner

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