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Wege im Sand

Wege im Sand

Titel: Wege im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Haus war klein und roch moderig. Die Vorhänge waren hässlich. Nell hasste es, hier zu sein. Ihr Bauch tat weh. Sie vermisste ihre Mutter. Die Begegnung mit Stevie war zu wenig und gleichzeitig zu viel gewesen. All diese Gedanken und Gefühle gingen ihr durch den Kopf wie Messerstiche, brachten sie zum Weinen, wieder und wieder.
    »Ist ja gut, Nell«, sagte ihr Vater und nahm sie in die Arme.
    Es wird niemals wieder gut werden, nie wieder, hätte sie am liebsten gesagt, aber sie schluchzte so sehr, dass sie kein Wort über die Lippen brachte.
    »Vielleicht hättest du deinen Hummer nicht aufessen sollen. Er war ziemlich groß«, gab er zu bedenken.
    Nell erinnerte sich an die Szene im Restaurant: ihr Vater und Francesca, die sich über irgendeine Brücke unterhielten, die sie bauten, an den festlich gedeckten Tisch mit Hummer, Muscheln und Maiskolben in Hülle und Fülle, und wie sie ihre Ärmel hochgekrempelt und das rosafarbene Hummerfleisch in die geschmolzene Butter getaucht hatte, bis sie so satt war, dass sie schier platzte, und wie Francesca ein Lachen unterdrückt hatte, als sie sagte: »Da waren die Augen wohl größer als der Magen.«
    »Sie ist weg«, sagte ihr Vater nun.
    »Ich weiß«, schluchzte Nell. Sie schloss die Augen, zog die Knie zur Brust und umschlang sie mit den Armen. Sie hatte gehört, wie sich Francesca vor einer kleinen Weile verabschiedet hatte. Sie musste den weiten Weg nach Boston zurückfahren, obwohl Nell gespürt hatte, dass sie gerne dazu aufgefordert worden wäre, über Nacht zu bleiben.
    »Zerbrich dir ihretwegen nicht den Kopf, Nell.«
    »Mary Donovans Vater hat seine Freundin geheiratet«, schluchzte Nell.
    »Ich bin nicht Mary Donovans Vater.«
    »Mommy hat Hummer geliebt.«
    »Ich weiß.«
    »Sie hat mir erzählt, dass die Beachgirls gemeinsam Hummer gefangen haben.«
    »Mag sein. Ich weiß es nicht.«
    »Können wir Tante Maddie fragen?«
    Schweigen. Die Hand ihres Vater fühlte sich schwer auf ihrem Kopf an. Nell wartete darauf, dass er antwortete, auch wenn sie wusste, dass er es nie tat. Immer wenn sie eine Frage stellte, die Tante Maddie betraf, hüllte er sich in Schweigen, bis ihre Frage verpuffte. Als sie daran dachte, wie ihre Mutter und ihre Tante miteinander gelacht hatten, zog sich ihr Magen so schmerzhaft zusammen, dass sie die Arme um sich schlingen und sich zur Wand drehen musste, damit ihr Vater ihr Gesicht nicht sah.

4. Kapitel
    E s dauerte drei Tage, bis er Nell überredet hatte, beim Freizeitprogramm am Strand mitzumachen: Sie würde Spaß haben und besser schwimmen lernen, außerdem versprach er, sie jeden Tag an der Strandpromenade abzuholen. Vielleicht trug die körperliche Bewegung dazu bei, sie zu ermüden und das Einschlafen zu erleichtern. Jack hatte Dr. Galfords Telefonnummer im Kurzwahlspeicher, aber es widerstrebte ihm anzurufen. Er wollte seiner Tochter ruhige, unbeschwerte, Sommerferien gönnen, ohne den Psychiater.
    Und so stapften sie zum anderen Ende des Strandes, wobei Nell eine bühnenreife Leistung bot – die Imitation einer schmollenden Gefangenen. Sie stand hinter Jack, als dieser sie Laurel Thompson vorstellte, einer begeisterten Sportanimateurin. Die intelligente Siebzehnjährige spähte um Jack herum und lächelte Nell aufmunternd zu. Nell zog sich mit einem gekonnten Ausweichmanöver um Jacks anderes Bein zurück.
    »Hallo Nell.«
    »Sie ist noch unschlüssig, ob sie mitmachen soll«, erklärte Jack.
    »Oh, das ist in Ordnung«, erwiderte die Animateurin. Groß und schlank, bedachte sie Nell mit einem strahlenden Lächeln. »Das geht am Anfang vielen Kindern so. Aber vielleicht könntest du heute meine Assistentin sein, Nell.«
    »Hast du gehört, Nell?«, fragte Jack in der Hoffnung, sie umstimmen zu können. Die Hoffnung verflüchtigte sich indes, als er sah, wie sie ihre nackten Zehen in den nassen Sand grub. »Nell?«
    »Nnnnn«, murmelte sie.
    »Wir werden viel Spaß haben«, sagte Laurel.
    »Ich hole dich um Punkt zwölf ab.« Jack legte die Hand auf den Scheitel seiner Tochter. Ihr braunes Haar fühlte sich warm in der Sonne an. »An der Strandpromenade.«
    »Dad«, entgegnete Nell, als sich die anderen Kinder um sie scharten. »Ich bleibe nicht hier.«
    »Hallo Nell!«, rief ein sommersprossiges Mädchen mit roten Haaren und einem breiten Lächeln. »Erinnerst du dich an mich? Du hast vor ein paar Tagen auf meinem Handtuch gestanden! Ich bin Peggy.«
    Nell nickte. »Ich weiß.«
    Jacks Herz klopfte schneller, während er

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