Wege im Sand
Kinderspiel‹ gewesen, und wir lachten uns kaputt.«
Sie lächelten beide, als sie daran dachten, wie Emma sämtliche Jungen um den Finger gewickelt hatte.
»Ich habe euch beide aus den Augen verloren«, sagte Stevie. »Damals, im Sommer, waren wir unzertrennlich, und ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass der Kontakt zwischen uns jemals abbrechen könnte. Aber mein Leben wurde ziemlich verrückt …«
»Wir haben deinen Werdegang genau verfolgt. Du warst unsere berühmte Freundin. Ich erinnere mich, als Disney dein Buch über die Wanderdrosseln in der Obstplantage verfilmte.«
»Zuerst wollten sie hier in Connecticut drehen, aber dann entschieden sie sich für Bainbridge Island in Washington State.«
»Wir habe ihn angeschaut in der Hoffnung, dich vielleicht auf der Leinwand zu sehen.«
»Ich hatte eine Statistenrolle. Als Bienenzüchterin, mit einem Drahtkorb vor dem Gesicht. Wenn du geblinzelt hast, hättest du mich verpasst. Habt ihr beide den Film gesehen, Emma und du?«
»Emma nicht«, erwiderte Madeleine in einem Tonfall, der Stevie ein flaues Gefühl vermittelte. »Ich habe ihn mir mit Chris angeschaut, meinem Mann.«
»Ich wünschte, Emma wäre hier.«
Madeleine nickte. »Ich vermisse sie jeden Tag. Während der Fahrt von Providence kam es mir unglaublich vor, dass sie nicht bei mir war. Nur wir beide … das ist irgendwie verkehrt. Wir waren immer zu dritt.«
»Dort unten.« Stevie blickte zum Strand hinab. Er schien eine Welt für sich zu sein, mit all den glücklichen Menschen, den Familien mit Kindern, den Freundinnen, deren Handtücher dicht nebeneinander lagen, den Decken und Sonnenschirmen, die den Sand bedeckten. Stevie betrachtete Madeleines bleiche Haut und ihre eigene, dachte daran, wie weit entfernt der Strand für zwei Mädchen schien, die dort mehr oder weniger gelebt hatten.
»Emma hätte es hier nicht lange ausgehalten, hätte nie in Straßenkleidung hier oben gesessen. Sie hätte bereits den Badeanzug an und wäre dabei, uns die Schultern mit Sonnenlotion einzuschmieren.«
»Vielleicht sollten wir ihrem Beispiel folgen …?«
»Vergiss es. Ich bin rundum glücklich auf deiner Terrasse und schaue zu, wie sich all diese spindeldürren Leute amüsieren.«
»Die Kalorien als Herausforderung betrachten.«
»Du hast gut reden. Was ist, kommen wir endlich zur Sache? Ist die Sonne im Sinken begriffen, und wir können uns einen genehmigen? Egal, irgendwo geht sie immer unter. Ich habe Champagner mitgebracht – und in den Kühlschrank gestellt, als ich gerade daran vorbeikam. Komm, wir lassen die Korken knallen und stoßen auf die guten alten Zeiten an.«
Stevie ging in die Küche und holte eine der Flaschen aus dem Kühlschrank. Sie schenkte ein Glas Ginger Ale für sich selbst ein, nahm einen hohen Sektkelch aus dem hinteren Teil des Regals und kehrte auf die Terrasse zurück.
»Die Gläser waren Hochzeitsgeschenke, die ich erst nach meiner zweiten Ehe eingeweiht habe.« Stevie stellte eine Sektflöte auf den Teakholztisch. »Genau hier, auf der Terrasse. Du sitzt an der Stelle, an der ich getraut wurde.«
»Du hast in deinem Elternhaus geheiratet – wie romantisch!«
»So kann man es auch sehen«, entgegnete Stevie düster. Sie entfernte die Folie und den Draht, dann öffnete sie fachkundig die Flasche, ohne dass der Korken knallte – nur ein leises Zischen war zu hören, wie sie es von Linus gelernt hatte. Sie schenkte ein.
»Was ist los? Du trinkst nicht mit?«
»Ich trinke mit. Nur keinen Champagner, weil ich auf diesem Gebiet eine Quote erreicht habe, die für den Rest meines Lebens reicht. Ginger Ale bekommt mir besser.«
»Alleine trinken macht keinen Spaß.« Madeleine runzelte die Stirn. Aber sie hob trotzdem das Glas. »Auf dich, Emma – wo immer du sein magst!«
»Auf die Beachgirls!«, sagte Stevie. Sie tranken. Madeleine leerte ihr Glas in einem Zug bis zur Hälfte. Stevie erinnerte sich daran, dass sie früher die gleiche Angewohnheit gehabt hatte; sie konnte die sofortige, wenn auch flüchtige Erleichterung nachvollziehen, die Madeleine in diesem Moment vermutlich empfand.
»Beachgirls.« Madeleine schien den Ausdruck faszinierend zu finden. »Weißt du noch? Wir waren eine eingeschworene Gemeinschaft, wie die Studentinnenverbindungen am College. Nur wir drei.«
»›Einmal Beachgirl, immer Beachgirl‹«, sagte Stevie. Sie blickte den Hügel hinab. Der Sand war schneeweiß und der Sund strahlend blau – als wäre das unbewegte Wasser der
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