Wegweiser Nahrungsmittel-Intoleranzen
heute nicht nur immer mehr neue Substanzen über die Nahrung auf, sondern auch immer größere Mengen.
Wie das Beispiel der Fruktose in Äpfeln zeigt, bereiten unter Umständen selbst in bester Absicht erfolgte Neuzüchtungen von Nahrungspflanzen Probleme. Das gilt auch für den Weizenkleber (Gluten), dessen Gehalt im Brot in den letzten Jahrzehnten um ein Mehrfaches zugenommen hat – und mit ihm die Zahl der Menschen, die unter Glutenunverträglichkeit leiden, ohne zu ahnen, warum es ihnen nicht gut geht. Und schließlich haben wir von allen Nahrungsmitteln mehr zu essen, als es jemals in der Geschichte der Menschheit der Fall gewesen ist. Der berühmte Arzt Paracelsus sagte »Die Dosis macht das Gift«, aber wir nehmen heute nicht nur zahlreiche neue Substanzen über die Nahrung auf (deren Wirkung auf unseren Körper wir meistens gar nicht kennen), sondern auch immer größere Mengen.
Die Globalisierung auf dem Teller
Dazu kommt ein weiterer Aspekt: Jedes Volk hat seine eigene Art der Ernährung entwickelt. Angepasst an die körperlichen (genetischen) Voraussetzungen und die jeweiligen Umweltbedingungen entstanden die japanische, die italienische, die griechische, die indische usw. Küche mit ihren unterschiedlichen Zutaten und Kochtraditionen. Mit der zunehmenden Industrialisierung und der Globalisierung werden diese Unterschiede aufgelöst. Massenproduktion kann nicht an individuelle Bedürfnisse von Asiaten, Afrikanern, Mitteleuropäern usw. angepasst werden. Und wenn ein Unternehmen ein »Global Player« sein will, kann es keine Rücksicht auf lokale Gegebenheiten nehmen.
ZUSATZINFO
Die Grenzen der Statistik
Wie kann es sein, dass Ernährungsempfehlungen so an der Praxis vorbeilaufen, wo sie sich doch auf wissenschaftliche Arbeiten stützen, die mithilfe der Statistik entsprechende Zusammenhänge nachweisen? – Hier muss man der modernen Wissenschaft den Vorwurf machen, dass sie die Statistik gern überbewertet und dafür den gesunden Menschenverstand außer Acht lässt.
Patienten mit Migräne wissen oft ganz genau, welches Nahrungsmittel bei ihnen einen Anfall auslösen kann. In groß angelegten medizinischen Studien konnte jedoch nie ein Zusammenhang zwischen Ernährung und Migräne herausgefunden werden. Warum nicht? Wenn ein Patient auf Schokolade und der andere auf Rotwein mit einem Migräneanfall reagiert, so ist hier im Einzelfall ein eindeutiger Zusammenhang festzustellen, bezogen auf die Gesamtbevölkerung wird die statistische Auswertung jedoch keinen signifikanten Zusammenhang ergeben.
Bei vielen Lebensmitteln treten die Beschwerden außerdem erst nach Stunden, Tagen oder sogar Wochen auf, sodass es fast unmöglich ist, einen Zusammenhang herzustellen. Dazu kommt, dass Nahrungsmittel so gut wie nie einzeln gegessen werden, sondern immer zusammen mit anderen, und dass zwischen dem Verzehr eines unverträglichen Lebensmittels und dem Auftreten von Beschwerden mehrere weitere Mahlzeiten liegen können. Auch das erschwert eine wissenschaftliche Aufarbeitung.
Generelle Ernährungsempfehlungen werden den individuellen Verdauungssystemen nicht gerecht.
In der Lebensmittelindustrie versucht man daher, alle Produkte auf einen Durchschnittsverbraucher zuzuschneiden. Diese Entwicklung wird indirekt von vielen Ernährungswissenschaftlern und Fachinstitutionen unterstützt, die ebenfalls ohne Rücksicht auf individuelle Unterschiede »allgemein gültige« Empfehlungen zur Ernährung herausgeben und die Nahrungsmittel in »gesunde« und »ungesunde« einteilen. Dass ein einzelner Mensch nicht der Theorie oder dem Durchschnitt entspricht, merkt dieser spätestens dann, wenn sich nach dem Essen ausgeprägte Müdigkeit, Bauchschmerzen, Blähungen und Stuhlunregelmäßigkeiten oder andere Symptome einstellen.
»Schöne, neue Ernährungswelt«
In der Praxis beobachtet man, dass Autoimmunerkrankungen, Unfruchtbarkeit, Allergien und viele andere Krankheiten, die offensichtlich mit zunehmendem Wohlstand immer häufiger auftreten, unter anderem auch auf den Versuch zurückzuführen sind, die eigene Gesundheit (und insbesondere das Immunsystem) über die Ernährung »positiv« zu beeinflussen. Doch »funktionelle Nahrungsmittel« haben dasselbe grundsätzliche Problem wie Arzneimittel: Mit dem Versuch, immer »gesündere« und wirkungsvollere Nahrungsmittel zu produzieren, nehmen nicht nur die Wirkungen zu, sondern auch die Nebenwirkungen. Die Folge davon ist, dass neue, bislang unbekannte Erkrankungen
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